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EU-Agrarministerrat

Rukwied: EU-Agrarpolitik soll Gemeinsamkeit in sich tragen

Udo Hemmerling, Joachim Rukwied und Dr. Anni Neu
am Donnerstag, 27.08.2020 - 11:56 (Jetzt kommentieren)

Am 1. September findet in Koblenz ein informelles Treffen der EU-Agrarminister statt. Der Deutsche Bauernverband (DBV) bekräftigte gestern in Berlin seine Haltung, dass in der europäischen Agrarpolitik der Schwerpunkt auf der Gemeinsamkeit liegen sollte.

Beim Treffen der EU-Agrarminister will Verbandspräsident Joachim Rukwied einen DBV repräsentieren, dessen Mitglieder sich als „überzeugte Europäer“ für die Friedens- und Zukunftssicherung in Europa einsetzen. Rukwied machte deutlich, dass der DBV die Tagung nutzen will, um Anregungen einzubringen – Kritik soll dabei hintenanstehen.

Die Corona-Krise habe gezeigt, dass die deutsche Landwirtschaft in der Lage sei, Versorgungssicherheit herzustellen. Entscheidend sei dabei die Wettbewerbsfähigkeit gewesen, die jedoch im Green Deal und in der Farm-to-Fork-Strategie nicht ausreichend berücksichtigt werde. Für mehr Nachhaltigkeit und Klimaneutralität in der EU bis 2050 müsse eine Abwanderung der Lebensmittelerzeugung verhindert werden.

Keine Renationalisierung und unterschiedliche Standards

Um faire Wettbewerbsbedingungen im EU-Binnenmarkt zu stärken, setzt sich der DBV für eine stärkere Vereinheitlichung der Standards und rechtlichen Anforderungen ein.

Insbesondere bei den Eco-Schemes müsse berücksichtigt werden, dass diese einheitlich und praktikabel angewandt werden könnten. Eine grünere Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dürfe die Einkommenssicherheit der Landwirte nicht gefährden. Darüber hinaus betonte Rukwied, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen nicht hergestellt werden könnten, wenn die Mittel aus der GAP zu einem erheblichen Anteil von der ersten in die zweite Säule umgeschichtet würden.

Die Haushaltsberatungen sollten nun zu Ende gebracht werden, damit über Regelungen im Finanzzeitraum nach der Übergangszeit ab 2023 Klarheit herrsche.

Kritischer betrachtete Rukwied den Handel außerhalb der EU: Das geplante Mercosur-Abkommen könne der DBV in seiner jetzigen Form nicht unterstützen. Insgesamt dürften bei Importen aus Drittländern die europäischen Standards nicht unterlaufen werden.

Verringerung von Pflanzenschutzmitteln realistisch einschätzen

DBV-Präsident Joachim Rukwied

Die politisch motivierten Vorgaben beim Pflanzenschutz müssen laut Rukwied wissensbasiert betrachtet werden. Europäische Ziele aus der Farm-to-Fork-Strategie und aus der Biodiversitätsstrategie – beispielsweise die Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 50 Prozent – müssten wissenschaftlich genau bewertet werden.

Auf Pflanzenschutzmittel und eine bedarfsgerechte Düngung könne nicht verzichtet werden. Anstatt Verbote auszusprechen, müsse die Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln immer weiter verbessert werden. Lösungsansätze sollten in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft erarbeitet werden, um gemeinsame Ziele wie den Artenschutz auf den Weg zu bringen.

Herkunfts- und Haltungskennzeichnung unabdingbar

Seine klare Unterstützung sprach der DBV-Präsident im Hinblick auf Julia Klöckners Vorhaben einer europäischen und verpflichtenden Herkunfts- und Haltungskennzeichnung aus, diese sei „unabdingbar“. Verarbeitete tierische Produkte und Fleischwaren sollten sowohl im Handel als auch in der Gastronomie gekennzeichnet sein.

Zusätzlich sollte der Verbraucher europäische und nationale Produkte unterscheiden und aus Drittländern importierte Erzeugnisse erkennen können.

Rukwied unterstrich die Bedeutung einer angemessenen Honorierung für die Landwirte. Die steigenden gesellschaftlichen Anforderungen beim Tierwohl und Ressourcenschutz dürften nicht ohne einen finanziellen Ausgleich auf die Landwirte übertragen werden.

Unterstützung der Vorschläge aus Borchert-Kommission

Zu aktuellen Sorgen der Landwirte auf nationaler Ebene positionierte sich Rukwied ebenfalls. So spricht sich der DBV eindeutig für die Vorschläge der Borchert-Kommission aus. Für deren Umsetzung sei es wichtig, schnell die Fragen der Finanzierung zu klären, damit die Landwirte nicht nach und nach aus der Tierhaltung ausstiegen. Außerdem müssten Abgeordnete und die Bevölkerung stärker in den Dialog zur Nutztierhaltung eingebunden werden.

Das von Bundesministerin Klöckner geplante Werbeverbot für günstige Fleischprodukte begrüßte Rukwied grundsätzlich. Ein generelles Werbe- und Aktionsverbot sei jedoch differenziert zu betrachten, da an die Saison angepasste Preisanreize sich in bestimmten Situationen als notwendig herausstellten. Reine Lockangebote seien jedoch abzulehnen.

Dass die Verhandlungen zwischen Deutschland und der EU zur deutschen Anwendung der landwirtschaftlichen Pauschalierung unter den Agrarministern diskutiert werden, hielt Rukwied für unwahrscheinlich. Der DBV setze sich dafür ein, dass der Pauschalierungssatz von 10,7 Prozent für die kleinen Betriebe erhalten bleibt.

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