Heute (02.12.) gab die Europäische Kommission ihren Beschluss einer Klage gegen Deutschland bekannt. Im Oktober 2020 wandte sich die Kommission in einem Mahnschreiben mit dem Vorwurf der Nichteinhaltung der Flora-Fauna-Habitat-Richtline (FFH-Richtlinie) an Deutschland: Der Bestand an extensiven Mähwiesen sei rückläufig. Um die biologische Vielfalt in der EU zu schützen, schreibt die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten vor, für einen günstigen Erhaltungszustand der Wiesen zu sorgen.
Das Bundesumweltministerium (BMU) wies den Vorwurf Ende 2020 zurück und stellte fest, dass sich der Gesamtbestand an Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nicht substanziell verändere. Aus Sicht des BMU habe sich die Kommission auf falsche beziehungsweise veraltete Daten bezogen.
Schuld am Wiesenrückgang sollen „nicht nachhaltige Agrarpraktiken“ sein
Den Grund für den Rückgang sowie das teilweise gänzliche Verschwinden der Wiesen in verschiedenen geschützten Gebieten sieht die EU-Kommission in der Ausübung „nicht nachhaltiger Agrarpraktiken“. Nach Informationen des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) bemängelt die Kommission, dass neben dem Verlust an Wiesen keine verbindlichen Schutzmaßnahmen wie Mahd- oder Düngebeschränkungen festgelegt worden seien.
In ihrer Mitteilung beruft sich die Kommission auf den europäischen Green Deal und die EU-Biodiversitätsstrategie. Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen seien ein wichtiger Lebensraum für Bestäubungsinsekten und durch das Natura-2000-Gesetz geschützt. Deutschland habe es jedoch versäumt, für einen ausreichenden rechtlichen Schutz der Wiesen zu sorgen.
NABU: Landwirte müssen bei Bewirtschaftung und Pflege der Schutzgebiete unterstützt werden
Der NABU sieht Deutschland in der Verantwortung und übt Kritik an der intensiven Nutzung, der Umwandlung von Grünland in Ackerland, der Überdüngung und am Pestizideinsatz. Etwa 18.000 Hektar Mähwiese seien hierzulande laut NABU verschwunden. Die künftige Regierung und die Bundesländer seien nun aufgefordert, den Naturschutz endlich ernst zu nehmen und dafür genügend finanzielle Mittel bereitzustellen. Landwirte müssten bei der angepassten Bewirtschaftung und bei der Pflege der Wiesen unterstützt werden. Für die konsequente Umsetzung müsse ein Aktionsplan Schutzgebiete erarbeitet werden.
NABU-Agrar-Expertin Christine Tölle-Nolting betont außerdem, dass die EU-Agrarförderung am gesellschaftlichen Nutzen ausgerichtet werden müsse und in den Bundesländern angepasste Agrarumweltmaßnahmen nötig seien. „Die Anpassung der „Grünen Architektur“ der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erst zur Mitte der nächsten Legislatur kommt jedoch zu spät, denn der Verlust an biologischer Vielfalt geht ungebremst weiter“, sagt Tölle-Nolting.
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