Während Deutschland noch an seinem nationalen Strategieplan zur Umsetzung der Agrarreform ab 2023 arbeitet, hat Österreich seinen fertigen Plan bereits an die EU-Kommission gemeldet. Wohin steuert die Alpenrepublik in der Agrarpolitik?
Die österreichische Agrarpolitik für die Jahre 2023 bis 2030 soll sich in vielen Aspekten gegenüber der letzten Förderperiode 2014 bis 2020 kaum verändern. Die großen Ziele bleiben nachhaltige Entwicklung von Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum, Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln, Förderung eines wettbewerbsfähigen Agrarsektors, flächendeckende Bewirtschaftung insbesondere in benachteiligten Gebieten sowie die Stärkung von Umwelt-, Klimaschutz und ländlichen Gebieten. Finanziell sinken die Gelder für die EU-Direktzahlungen um jährlich zwischen 14 und 18 Mio. €, während die Förderung für die ländliche Entwicklung um 23 Mio. € pro Jahr ansteigt. Insgesamt entspricht das einem kleinen Plus von 0,4 Prozent.
Was bedeutet der nationale Strategieplan für Österreich?
Im nationalen Strategieplan steht, welche Agrarpolitik Österreich von 2023 bis 2030 umsetzen will. Diesen Strategieplan hat das Landwirtschaftsministerium Ende Dezember 2021 an die EU-Kommission übermittelt hat – eine Leistung, die der Nachbar Deutschland auch Anfang Februar 2022 noch nicht geschafft hat. Die im Folgenden geschilderten Regeln stehen alle unter dem Vorbehalt, dass die EU-Kommission den nationalen Strategieplan Österreichs akzeptiert.
Was ändert sich 2023 in Österreich bei den Direktzahlungen?
Die Direktzahlungen sinken von derzeit rund 288 €/ha auf 208 €/ha. Allerdings kommt eine Umverteilungsprämie neu hinzu. 46 €/ha gibt es künftig für die ersten 20 Hektare jedes Betriebs. Auch für die nächsten 20 Hektare gibt es noch einen erhöhten Fördersatz von 23 €/ha. Direktzahlungen werden künftig nur noch bis zu einer Obergrenze von 100.000 € ausbezahlt, bislang waren es 150.000 €. Außerdem sollen Lohnkosten nicht mehr auf die Obergrenze angerechnet werden dürfen.
Wie werden Junglandwirte in Österreich ab 2023 gefördert?
Die Förderung von Junglandwirten wird um einen Prozentpunkt auf 3 % der Direktzahlungen erhöht. Damit werden wie bisher die ersten 40 Hektare eines Betriebs mit zusätzlicher Prämie von 66 €/ha für maximal 5 Jahre gefördert.
Was ändert sich bei der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete in Österreich?
Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete - rund 80 % der österreichischen Landesfläche – bleibt weitgehend unverändert. Eine Verschlechterung gibt es allerdings für Flächen zwischen 20 und 30 ha: Hier gibt es künftig bei 100 Erschwernispunkten nur 75 statt bisher 88 €/ ha, bei 200 Punkten 110 statt 126 €/ha und bei 300 Punkten 145 statt 164 €/ha für die Flächen, die über 20 ha hinausgehen. Dafür werden die Flächen von 10 - 20 ha bessergestellt. Hier gibt es künftig 101 €/ha statt 88 €/ha bei 100, 142 €/ha statt 126 €/ha bei 200 und 183 €/ha statt 164 €/ha bei 300 Erschwernispunkten. Eine Übersicht dazu, was ein Betrieb mit 20 ha bzw. 30 ha künftig als durchschnittliche Prämie erhält, zeigt die Tabelle auf der linken Seite.
Welche Förderung gibt es in Österreich für den Almauftrieb von Rindern, Schafen und Ziegen?
Für den Auftrieb von Rindern, Mutterschafen und Ziegen auf Almen gibt es weiterhin produktionsgekoppelte Beihilfen. Für Kühe sollen es 100 €/Tier im Jahr sein (sonstige Rinder: 50 €). Jährlich sind dafür rund 108 Mio. € vorgesehen (sonstige Rinder: gut 6 Mio. €). Für Mutterschafe und Ziegen sind 95 €/Tier geplant (bis 2025, danach 86 €). Knapp 1 Mio. € jährlich sind hierfür eingeplant.
Was ändert sich 2023 in Österreich beim ÖPUL?
Für Agrarumweltmaßnahmen im ÖPUL-Programm werden künftig 34 Mio. €/Jahr mehr ausgegeben. Mehr Fokus soll dabei auf Boden-, Wasser- und Luftreinhaltung gelegt werden. Insbesondere will Österreich damit das EU-Ziel erreichen, bis 2030 auf mindestens 10 % der landwirtschaftlichen Flächen Landschaftselemente mit hoher biologischer Vielfalt vorzuweisen.
Wie viele Blühstreifen müssen Landwirte in Österreich anlegen?
Bei der ÖPUL-Maßnahme „biologische Wirtschaftsweise“ müssen Biobetriebe künftig im Basismoduls 7% statt 5 % Biodiversitätsflächen („Blühflächen“) auf Acker oder Grünland vorhalten. Gleiches gilt für konventionelle Betriebe, die an der ÖPUL-Maßnahme „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“ teilnehmen. Flächen im Rahmen von GLÖZ 8 (s.u.) sind auf den Prozentsatz anrechenbar, werden jedoch nicht über das ÖPUL abgegolten. Außerdem soll in beiden Maßnahmen die Förderung für den Erhalt punktförmiger Landschaftselemente wie einzelner Bäume erhöht werden - die Verpflichtung zum Erhalt dieser Elemente soll hingegen fallen.
Für die ÖPUL-Maßnahmen „Naturschutz“ und „Ergebnisorientierte Bewirtschaftung“ sollen die Prämien deutlich erhöht werden. Mit den Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden betriebsindividuelle Bewirtschaftungsauflagen für naturschutzfachlich wertvolle Flächen vergeben.
Wie wird Ökolandbau bzw. biologische Wirtschaftsweise in Österreich gefördert?
Die ÖPUL-Maßnahme „biologische Wirtschaftsweise“ soll insgesamt überarbeitet und auf ein modulares System umgestellt werden, um den Bioflächenanteil auf 30 % der Landesagrarfläche zu erhöhen. Ob das gelingt, zeigt man sich im nationalen Strategieplan jedoch skeptisch. Der Strategieplan warnt, dass wesentliche Absatzmärkte wegbrechen könnten, wenn alle EU-Mitgliedsstaaten durch die Green Deal Ziele ihre Anbauflächen gleichzeitig erhöhen sollen. Insgesamt soll die Förderung für biologische Wirtschaftsweise um 22,6 Mio. € (+ 17,6 % gegenüber der Förderung bis 2022) aufgestockt werden. Die Basismodulprämie für Ackerflächen soll bei 205 €/ha liegen, 70 €/ha für Grünlandflächen (Nicht-Tierhalter), 215 €/ha für Grünlandflächen von Tierhaltern unter 1,4 raufutterverzehrende Großvieheinheiten sowie 205 €/ha für Grünlandflächen von Tierhaltern ab 1,4 raufutterverzehrende Großvieheinheiten.
Wie will Österreich den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung senken?
Um das Ziel des Green Deals zu erreichen, den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung zu senken verweist der Strategieplan auf einen entsprechenden nationalen Aktionsplan sowie den Aufbau eines zentralen österreichischen Tiergesundheitsdienstes.
Welche Eco-Schemes bzw. Öko-Regelungen gelten ab 2023 in Österreich?
Vier bisherige ÖPUL-Maßnahmen werden künftig als freiwillige Eco-Schemes (Öko-Regelungen) fortgeführt: „Begrünung von Ackerflächen - Zwischenfruchtanbau“, „Begrünung von Ackerflächen - System Immergrün“, „Erosionsschutz Wein, Obst und Hopfen“ sowie „Tierwohl - Weide“.
Was gilt für die Öko-Regel Begrünung von Ackerflächen - Zwischenfruchtanbau?
Für Begrünung von Ackerflächen - Zwischenfruchtanbau gibt es sieben Varianten, für die - je nach Umfang des Zwischenfruchtanbaus - zwischen 81 und 220 €/ha bezahlt werden. Bei der einfachsten Variante (Nr. 7) müssen Begleitsaaten zwischen bzw. in den Reihen bei Winterraps mit mindestens drei Mischungspartnern aus mindestens zwei Pflanzenfamilien angesät werden. Herbizideinsatz ist nach dem Vierblattstadium des Raps bis zum Ende des Begrünungszeitraumes (15.9. bis 31.1.) verboten. In der maximalen Variante (Nr. 1) müssen mindestens fünf insektenblütigen Mischungspartnern aus mindestens zwei Pflanzenfamilien angesät werden. Flächen dürfen bis 30.9. nicht befahren werden (ausgenommen zum Überqueren). Nach dem Ende des Begrünungszeitraums (Anlage bis 31.7., frühester Umbruch zum 10.10.) gilt ein Befahrungsverbot bis 30.09. (ausgenommen Überqueren der Fläche) muss auf den Flächen eine Hauptkultur angebaut werden.
Was gilt für die Öko-Regel Begrünung von Ackerflächen - System Immergrün?
Für Begrünung von Ackerflächen - System Immergrün gibt es zwischen 70 und 90 €/ha. Die Förderung hängt laut Landwirtschaftsministerium „vom Durchschnittsbetrag im Rahmen des vorgegebenen Prämienbandes in Abhängigkeit der beantragten Flächen“ – also von der Ausschöpfung der Mittel - ab. Dafür müssen die Landwirte eine flächendeckende Begrünung von mindestens 85 % der Ackerflächen an jedem Zeitpunkt des gesamten Jahres nachweisen. Eine Fläche gilt als begrünt, wenn der Zeitraum zwischen der Ernte der Hauptfrucht und der Anlage der Zwischenfrucht maximal 30 Tage, zwischen Umbruch der Zwischenfrucht und Anbau der Hauptfrucht maximal 30 Tage oder zwischen Ernte der Hauptfrucht und Anbau der Hauptfrucht maximal 50 Tage beträgt. Zwischenfrüchte müssen für mindestens 35 Tage angelegt werden und mindestens aus drei Mischungspartnern aus zwei Pflanzenfamilien bestehen (Ausnahme: Bei Anlage nach dem 20.9. dürfen Zwischenfrüchte auch in Reinsaat angelegt werden, wenn sie winterhart sind). Außerdem muss bei den Zwischenfrüchten auf mineralische Düngung, Pflanzenschutz und Bodenbearbeitung (außer Strip-Till bzw. Tiefenlockerung) verzichtet werden. Nutzung und Pflege sind unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
Was gilt für die Öko-Regel Erosionsschutz Wein, Obst und Hopfen?
Für Erosionsschutz Wein, Obst und Hopfen gibt es je nach Kultur und Hangneigung zwischen 180 €/ha und 880 €/ha (Wein), 385 €/ha (Obst) bzw. 220 €/ha (Hopfen, Hangneigung spielt hier keine Rolle). Zusätzlich gibt es 135-165 €/ha Zuschlag für den Einsatz von Organismen oder Pheromonen, die einen Pflanzenschutzeinsatz ersetzen. Der Zuschlag wird um 50 % reduziert, wenn der Betrieb an ÖPUL-Maßnahmen zum Insektizidverzicht oder für biologische Wirtschaftsweise teilnimmt. Um die Grundförderung zu erhalten, müssen Betriebe ganzjährige, flächendeckende Begrünung in allen Fahrgassen ansäen (mindestens drei winterharte Mischungspartner) oder bestehende Kulturen zwischen den Reihen belassen oder Terrassen bewirtschaften. Offengehalten werden darf nur der unmittelbare Bereich um die Stämme.
Was gilt für die Öko-Regel Tierwohl - Weide?
Für Tierwohl - Weide gibt es 46 bis 69 €/Großvieheinheit für die Weidehaltung zwischen dem 01.04. und 31.10. an mindestens 120 Tagen im Jahr. Gefördert werden Rinder, Schafe, Ziegen, Equiden (Pferde, Ponys, Esel und Kreuzungen) sowie Neuweltkamele. Die Prämie wird um 50 % reduziert, wenn der Betrieb gleichzeitig produktionsgekoppelte Prämien für den Almauftrieb bezieht (s. o.). Für die Weidehaltung an mindestens 150 Tagen im Jahr gibt es einen Zuschlag von 16 bis 24 €/Großvieheinheit je teilnehmender Tierkategorie.
Welche neuen GLÖZ-Auflagen gelten ab 2023 in Österreich?
Ab 2023 werden im Rahmen der sogenannten „Konditionalität“ für alle Landwirte zehn Standards der „Guten Ökologischen und Landwirtschaftlichen Zustand der Flächen“ (GLÖZ) und 16 „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ (GAB) verpflichtend. Grundlage dieser Standards ist die Cross-Compliance, die um die Vorgaben des Greenings erweitert wird.
Was sind die zehn GLÖZ-Standards in Österreich?
GLÖZ 1: Grünlanderhalt (das Dauergrünlandverhältnis darf gegenüber 2018 um höchstens 5 % sinken),
GLÖZ 2: Schutz kohlenstoffreicher Feucht- und Torfflächen (Neuausweisung von Flächen in Natura 2000-Gebieten),
GLÖZ 3: Abbrennverbot von Stoppelfeldern,
GLÖZ 4: Anlage von mindestens 3 Metern Gewässerrandstreifen (mindestens 5 Meter bei fließenden und 10 Meter bei stehenden Gewässern, welche die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht einhalten),
GLÖZ 5: Vorgaben zum Boden- und Erosionsschutz u. a. durch ein Anbauverbot erosionsgefährdeter Kulturen (künftig bereits ab einer Hangneigung von 15 %, auch für Dauerkultur-Flächen und ohne Ausnahme für Flächen mit einem unteren Rand kleiner als 100 Meter),
GLÖZ 6: Mindestbodenbedeckung von nicht zur landwirtschaftlichen Produktion verwendeten Flächen über die Vegetationsperiode (neu sind Anforderungen für die Mindestbodenbedeckung im Winter. Die sensibelsten Acker- und Dauerkulturflächen mit einer durchschnittlichen Hangneigung ab 15 % müssen eine Bodenbedeckung aufweisen).
GLÖZ 7: Fruchtfolge und Anbaudiversifizierung (Anbaudiversifizierung wird künftig abhängig von der Größe der Ackerfläche nicht mehr in Form eines 2-stufigen, sondern eines 3-stufigen System umgesetzt. Landwirte müssen bis zu 4 unterschiedliche Kulturen anbauen, Sommer- und Winterungen gelten nicht mehr als unterschiedliche Kulturen. Außerdem gibt es erstmals Fruchtfolgebeschränkungen für Kulturen, die auf derselben Fläche innerhalb von zwei Jahren wiederholt angebaut werden).
GLÖZ 8: Mindestanteil von 4 % der Ackerflächen für Brache (nur nicht-produktive Flächen werden gezählt, Zwischenfrüchte und stickstoffbindende Kulturen, die ohne Pflanzenschutz angebaut werden zählen nicht mehr. Außerdem sinkt der Flächenschwellenwert von 15 auf 10 ha. Pflegemaßnahmen dürfen nur noch auf 50 % der für den Mindestprozentsatz genutzten Flächen vor dem 1.8. durchgeführt werden. Das Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverbot wird auf das ganze Jahr ausgedehnt. Flächige Landschaftselemente werden zusätzlich in die GLÖZ aufgenommen),
GLÖZ 9: Verbot der Umwandlung von ökologisch gefährdetem Dauergrünland in Natura-2000-Gebieten (197.000 ha Almflächen werden gegenüber der letzten GAP-Förderperiode zusätzlich aufgenommen),
GLÖZ 10: Kontrolle diffuser Quellen auf Phosphate (neuer GLÖZ-Standard mit Empfehlungen für die sachgerechte Phosphor-Düngung zum Gewässerschutz; wenn Landwirte zusätzlich zu Wirtschaftsdüngern Phosphor-Mineraldünger über 100 kg P2O5/ha ausbringen, müssen sie den Phosphor-Bedarf durch Bodenuntersuchung (maximal 5 Jahre alt) nachweisen).
Was sind die 16 Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) in Österreich?
Die 16 GABs verpflichten zur Einhaltung diverser EU-Richtlinien und Verordnungen. Diese sind die Wasserrahmenrichtlinie, Nitratrichtlinie, Vogelschutzrichtlinie, Fauna/ Flora/ Habitatrichtlinie, der Lebensmittelsicherheit-Verordnung, dem Hormonanwendungsverbot, der Verordnung zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, der Richtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden, der Tierschutz-Kälber-Richtlinie, der Tierschutz-Schweine-Richtlinie und der Tierschutz-Nutztiere-Richtlinie.
Wann tritt der nationale Strategieplan für Österreich in Kraft?
Das Inkrafttreten des nationalen Strategieplans hängt von der Zustimmung der EU-Kommission ab. Nach Einreichung des Dokuments Ende Dezember 2021 hat die Kommission sechs Monate Zeit, diese Zustimmung zu geben oder Änderungen einzufordern.
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