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Milchkrise

Sonder-AMK in Brüssel: Was hats gebracht?

am Montag, 18.07.2016 - 10:45 (Jetzt kommentieren)

Gescheitert ist die Absicht der Agrarminister von Bund und Ländern, sich in Brüssel im Vorfeld zum Agrarrat mit einer gemeinsamen Position zur Milchkrise zu präsentieren.

Bei der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) am vergangenen Freitag in der belgischen Hauptstadt konnten sich die Länderminister nicht auf eine einheitliche Linie bei der Bekämpfung der Krise im Milchsektor einigen. Das bedaure er außerordentlich, sagte der derzeitige AMK-Vorsitzende und Mecklenburg- Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus. "Wir haben das Einstimmigkeitsprinzip, und der Beschluss ist am Veto des Landes Rheinland-Pfalz gescheitert, das im Falle von schweren Marktstörungen einer zeitlich befristeten und entschädigungslosen Mengenregelung nicht zustimmen wollte". Alle anderen Länder hätten die Schaffung der rechtlichen Grundlagen dafür durch die EU-Kommission zumindest für angezeigt gehalten, berichtete Backhaus.

Dennoch stünde die AMK nicht mit leeren Händen da. "Die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts von Bund und Länder haben sich klar für ein weiteres EU-Hilfspaket ausgesprochen, das deutlich über dem ersten liegen muss", betonte der SPD-Politiker. Frisches Geld - auch darüber habe Einigkeit geherrscht - sollten künftig aber nur diejenigen erhalten, die weniger Milch produzierten.

Mit Blick auf die langfristige Stabilisierung des Marktes bekräftigte die AMK gegenüber EU-Agrarkommissar Phil Hogan die Forderung nach "fairen" Lieferverträgen durch eine Änderung der Gemeinsamen Europäischen Marktordnung (GMO). Ziel müsse es sein, das "Monopol der Molkereien aufzubrechen" und die Verhandlungsposition der Landwirte EU-weit zu stärken, sagte Backhaus.

Milchkrise noch nicht überwunden

Die Milchkrise sei noch längst nicht überwunden, der Weltmarkt übersättigt und der Preis am Boden, so die deutschen Länderagrarminister. Bis Ende des Jahres würden die Verluste in der Landwirtschaft auf etwa 5 Milliarden Euro anwachsen. Es müsse gelingen, die Milchmenge zu reduzieren. Dafür seien verbindliche Regelungen in ganz Europa erforderlich.

"Mit Freude nehme ich zur Kenntnis, dass EU-Kommissar Hogan diese Ansicht weitgehend teilt. Unser Gespräch verlief offen und konstruktiv, auch wenn er einige Fragen offenließ, um dem Agrarrat am Montag in Brüssel nicht vorzugreifen", stellte Backhaus fest, der eine Agrarministerkonferenz erstmalig in ihrer Geschichte im Ausland stattfinden ließ.

Hogan räumte ein, dass Europa es mit einem schweren Marktungleichgewicht zu tun habe. Von ihrem alleinigen Initiativrecht für eine zeitlich befristete, obligatorische Mengenreduzierung werde die EU-Kommission aber derzeit keinen Gebrauch machen, stellte der Ire nach Angaben von Konferenzteilnehmern klar. Dafür seien in der EU keine Mehrheit und auch keine Rechtsgrundlage gegeben.

Minister finden in Brüssel keine einvernehmliche Position

  • Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen), Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister bedauerte, dass Kommissar Hogan eine verpflichtende Reduzierung der Milchproduktion ablehnt, "mit der das Sterben der kleineren Betriebe mittelfristig verhindert werden könnte". Nordrhein-Westfalen werde jedoch gemeinsam mit anderen Milchländern wie Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein weiterhin für eine befristete Mengenbegrenzung kämpfen, betonte Remmel.
  • Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) bedauerte die Unfähigkeit der Länder, sich ausgerechnet in der EU-Hauptstadt Brüssel nicht auf eine einvernehmliche Position verständigen zu können. "In dieser existenziellen Lage für die Bauern ist das ein fatales Signal. Deutschland schafft es nicht, in dieser Krise auf der föderalen Ebene mit einer Stimme zu sprechen", monierte der Grünen-Politiker.
  • Mehr Flexibilität für Landwirte forderte Sachsens Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU), etwa wenn diese teilweise oder vollständig aus der Milchproduktion aussteigen wollten. Hierzu müsse bei der EU eine Klärung zu den Zweckbindungsfristen für geförderte Stallanlagen herbeigeführt werden.

Wissing gegen 'schleichende Rückkehr zur Milchquote'

  • Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing (FDP) verteidigte seine ablehnende Haltung gegenüber einer Mengenreduzierung. Der in dem Beschlussentwurf der Sonder-Agrarministerkonferenz vorgesehene Passus der "zeitlich befristeten entschädigungslosen obligatorischen Mengenbegrenzung" bedeute nichts Geringeres als die schleichende Rückkehr zur Milchquote.
  • Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) bekräftigte die Ansicht, dass kein Weg an einer zeitlich befristeten, entschädigungslosen und obligatorischen Mengenreduzierung vorbeiführe.

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