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Ferkelkastration

Staatliches Tierwohlkennzeichen bevorzugt Importferkel

Ein Mann hält ein Ferkel hoch.
am Dienstag, 25.08.2020 - 08:48 (1 Kommentar)

Mit dem staatlichen Tierwohllabel würde die Benachteiligung deutscher Sauenhalter bei der Ferkelkastration quasi Gesetz.

Das legt zumindest die bisherige Planung des Bundeslandwirtschaftsministeriums zum staatlichen Tierwohlkennzeichen nah.

Ministerin Julia Klöckner hatte die Kriterien für ihr freiwilliges staatliches Label für die Schweinehaltung zwar bereits im Februar 2019 vorgestellt. Eigentlich wollte sie das notwendige Rechtsetzungsverfahren noch im selben Jahr abschließen.

Doch erst jetzt wurde der Referentenentwurf für eine entsprechende Verordnung an die Verbände zur Stellungnahme geschickt. Und dieser Entwurf, der agrarheute vorliegt, zeigt: Bei der Ferkelkastration werden die deutschen Sauenhalter gegenüber ausländischen Mitbewerbern benachteiligt.

Kostenvorteil für ausländische Schweinehalter

Zur Ferkelkastration ist nämlich lediglich vorgesehen, dass männliche Schweine nur unter wirksamer Schmerzausschaltung kastriert werden dürfen. Somit kommen für deutsche Schweinehalter als Alternativen zur betäubungslosen Kastration die Jungebermast, die Immunokastration und die chirurgische Kastration unter Einsatz von Isofluran in Frage.

Weil das staatliche Tierwohlkennzeichen die Schweinehalter in anderen EU-Mitgliedstaaten aber nicht ausschließen darf, werden diese ihre Erzeugnisse auch mit dem deutschen Tierwohllabel vermarkten dürfen, obwohl sie kostengünstigere, alternative Verfahren zur betäubungslosen Ferkelkastration anwenden, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Beispiele sind die Kastration unter CO2-Betäubung in den Niederlanden oder unter örtlicher Betäubung in Dänemark.

Diese kostengünstigeren Verfahren stehen den deutschen Landwirten jedoch nicht zur Verfügung. Diese Form der Benachteiligung hatte der Deutsche Bauernverband (DBV) erst kürzlich beim QS-System deutlich kritisiert und eine Gleichbehandlung eingefordert. Jetzt soll sich die Misere beim staatlichen Tierwohlkennzeichen offenbar wiederholen.

Ursprungsland soll angegeben werden dürfen

Es wird den deutschen Schweinehaltern bei dieser Wettbewerbsverzerrung vermutlich nicht viel helfen, dass nach den Plänen des Agrarressorts neben dem staatlichen Tierwohlkennzeichen auch Angaben zum Ursprungsland oder Herkunftsort des Fleisches gemacht werden dürfen. Scharfe Kritik des Entwurfs im Zuge der weiteren Beratungen ist von Seiten der Schweinehalter zu erwarten.

Von diesem Konfliktstoff abgesehen, birgt der Referentenentwurf wenig Überraschungen. Es ist eher verwunderlich, warum seit der Vorstellung der Kriterien vor eineinhalb Jahren so viel Zeit vergehen musste, ehe der Vorschlag nun auf dem Tisch liegt.

Das sind die Anforderungen in den drei Haltungsstufen

Wie damals angekündigt, handelt es sich um ein freiwilliges Kennzeichen. Es wird in drei Haltungsstufen angeboten.

Zu den wesentlichen Kriterien für die Schweinehaltung zählen:

  • Den Schweinen muss Beschäftigungsmaterial angeboten werden, das „organisch, bewühlbar, kaubar und essbar sein“ muss.
  • Jungsauen und Sauen müssen ständig Zugang zu Nestbaumaterial aus Stroh oder anderen langfaserigen, organischen Materialien haben.
  • Für bis zu zwölf Schweinen muss mindestens eine offene Tränke zur Verfügung stehen.
  • 20 Prozent mehr Platz pro Schwein in Stufe 1, knapp 50 Prozent mehr in Stufe 2 und über 90 Prozent mehr Platz in Stufe 3 inklusive Auslauf.
  • Die Buchten müssen gemäß definierten Anforderungen strukturiert werden.
  • Je nach Haltungsstufe dürfen Ferkel frühestens nach 25, 28 oder 35 Tagen abgesetzt werden.
  • Das Kupieren der Schwänze ist in Stufe 2 und 3 verboten. In Stufe 1 gelten strenge zusätzliche Auflagen und eine Übergangsfrist von höchstens drei Jahren.

Die Verbände sind aufgefordert, bis Anfang September ihre Stellungnahmen zu dem Vorentwurf einzureichen. Anschließend wird das Bundeskabinett eine eventuell angepasste Fassung beschließen, ehe das parlamentarische Verfahren eingeleitet wird.

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