Die Europäische Kommission schlägt vor, die Pflicht zur Stilllegung von Ackerflächen (außer für den Anbau von Mais und Soja oder für Kurzumtriebsplantagen) beziehungsweise die Fruchtfolgeregeln (GLÖZ 7 und 8) im Antragsjahr 2023 der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auszusetzen. Das gab die Brüsseler Behörde am 22. Juli bekannt.
Warum will die Kommission die Pflicht zur Stilllegung und die Fruchtfolgeregeln aussetzen?
Die EU-Kommission erklärt, dass durch das vorübergehende Aussetzen der Pflicht zur Stilllegung von Ackerflächen und der Regeln für Fruchtfolgen insgesamt rund 1,5 Mio. ha zusätzlich für den Anbau von Getreide freigemacht werden. Das würde helfen, die Unsicherheiten im globalen Ernährungssystem in Folge des Krieges in der Ukraine abzumildern. Wörtlich heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde: „Jede in der EU produzierte Tonne Getreide hilft, die Nahrungsversorgung weltweit zu sichern.“
Wie wirkt sich der Vorschlag zu Stilllegung und Fruchtfolge auf den Umweltschutz aus?
Die Kommission verweist darauf, dass der Vorschlag zu Stilllegung und Fruchtfolgen das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung zwischen Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Lebensmitteln auf der einen Seite sowie vom Schutz der Artenvielfalt und Bodenqualität auf der anderen Seite sei. Weiterhin sieht sich die Behörde den Zielen des Green Deals verpflichtet. Zu diesen gehört unter anderem ein Pflanzenschutzverbot in Natura-2000-Gebieten.
Wird der Vorschlag zur Aussetzung von Stilllegung und Fruchtfolge umgesetzt?
Vor der Umsetzung des Vorschlags notifiziert die EU-Kommission noch offiziell die EU-Staaten. Eine breite Unterstützung bei diesen gilt als äußerst wahrscheinlich – bereits Anfang der Woche beim EU-Agrarrat war klar geworden, dass eine Mehrheit der EU-Staaten die Aussetzung von Fruchtfolgen und Flächenstilllegung begrüßt. In einer Pressemitteilung vom 22. Juli signalisierten auch die CDU-Europapolitiker Norbert Lins und Peter Jahr ihre Unterstützung. Ähnlich reagierte die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler. Allerdings erfolgt die Umsetzung des Vorschlags nicht automatisch in allen EU-Staaten: Die einzelnen Länder müssen sich aktiv dafür entscheiden, die Möglichkeit zu nutzen.
Ist die Aussetzung von Fruchtfolgen und Stilllegung an Bedingungen geknüpft?
Wie die EU-Kommission betont, müssen EU-Staaten, die die Möglichkeit der Aussetzung der Regeln für Fruchtfolge und Stilllegung nutzen, in ihren GAP-Strategieplänen besonderes Gewicht auf Agrarumweltmaßnahmen und Eco-Schemes legen. Die langfristige Nachhaltigkeit des Ernährungssystems sei fundamental für die Versorgungssicherheit. Die Gesetzgebungspläne Farm-to-Fork, Biodiversitätsstrategie und das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur würden weiterverfolgt werden.
Was wird Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir tun?
In einer Pressemitteilung sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: „Mein Ministerium wird die heutige Entscheidung der Kommission und die Rahmenbedingungen für die nationale Umsetzung nun prüfen und mit den Ressorts, Ländern sowie den Stakeholdern diskutieren. Wir werden pragmatische Entscheidungen treffen und sie vorher genau auf Nutzen und Kosten abklopfen. Wie die Kommission unterstreicht, sind Nachhaltigkeit und Ernährungssicherheit zwei Seiten einer Medaille, ein Gegeneinander-Ausspielen wird es mit mir nicht geben.“ Die einmalige Aussetzung der Fruchtfolgeregeln bewertet das Ministerium als „verkraftbar“. Eine Pause in der Pflicht zur Stilllegung habe hingegen „weitreichende Folgen für die Biodiversität, die es genau abzuwägen gilt“.
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