Der von den Landwirten in Deutschland und anderen EU-Ländern im Rahmen des Greening der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stark favorisierte Anbau von Stickstofffixierern sowie von Zwischenfrüchten bringt für die Artenvielfalt nicht viel. Dagegen sind Pufferstreifen und Brachland besonders wichtig für die Biodiversität, auch spezielle Landschaftsstrukturen wie etwa Hecken oder traditionelle Steinmauern.
Dieses Resümee haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit Kollegen der Universitäten in Göttingen, Wien, Bern, Klagenfurt und Toulouse sowie des Instituts für Agrarökologie und Biodiversität (ifab) in Mannheim gezogen. Wie das UFZ vergangenen Woche mitteilte, wurden dazu die Erfahrungen von 88 Ökologen aus 17 europäischen Ländern ausgewertet, die sich speziell mit Agrarökosystemen beschäftigen.
'Ausweitung der ÖVF würde nur wenig verbessern'
Der Göttinger Agrarökonom Dr. Sebastian Lakner bilanzierte, dass der Steuerzahler für sein Geld "nur eine geringe Gegenleistung in Form von Artenvielfalt" erhalte. Eine Ausweitung der ökologischen Vorrangflächen von fünf auf sieben Prozent, wie sie die EU-Kommission derzeit diskutiere, würde die Lage nach Ansicht der Wissenschaftler nur wenig verbessern, so Lakner weiter.
Wichtiger sei es, jene Vorrangflächen abzuwerten oder abzuschaffen, die kaum oder gar keinen Nutzen für die Biodiversität brächten. Der Agrarökonom plädiert für eine Aufwertung der ökologisch wertvollen Varianten über einen größeren Faktor. Einige Maßnahmen wie etwa die Aufforstung könnten nach Auffassung der Forscher ganz aus dem Katalog gestrichen werden. Die ökologisch wertvollen Pufferstreifen sollten hingegen in allen EU-Staaten auf der Liste der Greening-Optionen stehen, was bisher nicht der Fall sei.
Nach Auffassung von Dr. Guy Pe’er, der die Studie am UFZ leitete, wäre es auch ganz wichtig, auf den Vorrangflächen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verbieten.
Agrarumweltprogramme zielspezifisch ausbauen
Laut Lakner bezweifeln die Wissenschaftler, ob Greening langfristig überhaupt das richtige Rezept gegen den Schwund der biologischen Vielfalt ist. Es gebe auf EU-Ebene die Agrarumweltprogramme, mit denen umwelt- und naturverträgliche Bewirtschaftungsformen gefördert würden - und zwar maßgeschneidert für verschiedene Lebensraumtypen. "Das ist ein etabliertes Politikinstrument, das die Ziele oft viel besser erreicht und dabei Steuergelder effizienter einsetzt", erklärte der Göttinger Agrarökonom.
Diese Einschätzung teilten auch viele der Experten, die er und seine Kollegen für ihre Studie befragt hätten. Für den dringend erforderlichen Ausbau der ökologisch wertvollen Flächen sowohl auf Grünland- als auch auf Ackerstandorten sei es wichtig, die Agrarumweltprogramme zielspezifisch auszubauen und für die Landwirte und Mitgliedstaaten finanziell und kontrolltechnisch attraktiver zu machen.
Lakner betonte aber auch, dass die Studie nicht als pauschale Kritik an den Landwirten missverstanden werden dürfe. Diese würden lediglich rationale ökonomische Entscheidungen im Rahmen der politischen Vorgaben treffen und versuchten dabei, ihre Risiken zu minimieren.
Zwischenfrüchte und Leguminosen am häufigsten
Den Wissenschaftlern zufolge zeigen die Daten der Landwirtschaftsministerien aus den Mitgliedstaaten, dass bei den EU-Landwirten der Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen als Greening-Varianten besonders beliebt sind. So setzten die Landwirte vor allem drei Maßnahmen um:
- Auf rund 45 % der ökologischen Vorrangflächen in der Gemeinschaft wüchsen stickstofffixierende Hülsenfrüchte;
- weitere 27 % entfielen auf Zwischenfrüchte, wobei diese Variante in Deutschland auf 68 % komme.
- Die erste Option, mit der sich dann auch die Ökologen anfreunden könnten, folgt laut Pe’er erst auf dem dritten Platz: Rund 21 % der EU-weit ausgewiesenen Vorrangflächen seien Brachland.
Nur sehr selten entschieden sich die Landwirte für Pufferstreifen oder für Landschaftselemente, die für die Artenvielfalt besonders wichtig wären. "Was Ökologen für sinnvoll halten, ist also nicht unbedingt das, was auch die Landwirte gut finden", so Pe’er.
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