Gestern verkündete Bundeswirtschaftsminister Gabriel auf einer überraschend einberufenen Pressekonferenz in Berlin, dass er im Fall Edeka/Kaiser's Tengelmann die schärfste Waffe einsetzen will, die er beim Wettbewerbsrecht in seinem Arsenal hat: per Ministererlaubnis will Gabriel Edeka erlauben, die etwa 450 Läden der chronisch defizitäre Kaiser's-Tengelmann-Kette zu übernehmen. Allerdings nur unter harten Auflagen. Eine davon ist: Die 16.000 Jobs des KT-Konzerns müssen für sieben Jahre sicher sein.
Weitere Auflagen:
- rechtssichere Tarifverträge (Kontrolle des Arbeitsplatzerhalts durch Gewerkschaften)
- Tarifvertragliche Regelung zwischen EDEKA und ver.di: Keine Übergabe von KT-Filialen an Lebensmitteleinzelhändler für 5 Jahre
- Keine Schließungen der Fleischwerke: Sie müssen mindestens drei Jahre weitergeführt werden und dann können sie an Dritte übergeben werden.
Bundeskartellamt lehnte Fusionspläne ab
Das Bundeskartellamt hatte die Übernahme von Tengelmann durch Edeka abgelehnt. Grund hierfür war, dass sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Zulieferer erhebliche Wettbewerbsnachteile drohen. Auch die Monopolkommission als Sachverständigenrat hat in ihrem Sondergutachten die Übernahme abgelehnt. Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi beherrschen zusammen bereits 85 Prozent des Marktes.
"Für die beabsichtigte Ministererlaubnis zur Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch EDEKA haben die deutschen Bauern kein Verständnis.“ So bewertet Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), die sich abzeichnende Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers. „Auch die möglichen zusätzlichen Auflagen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bedenkliche Konzentration von Nachfragemacht bei den großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels weiter befördert wird“, so Rukwied. Dadurch drohe eine weitere Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen in der Lebensmittellieferkette, die nicht zuletzt zu Lasten landwirtschaftlichen Erzeuger als erste Stufe dieser Kette gehe.
Unternehmen hoffen auf Ministererlaubnis
Die beteiligten Unternehmen haben sich daraufhin an Bundeswirtschaftsminister Gabriel gewandt, da dieser durch seine Entscheidung die Übernahme noch ermöglichen kann. Bundesminister Gabriel hatte vor seiner noch zu treffenden Entscheidung die Stellungnahmen der betroffenen Länder eingeholt. Während sich Berlin und Nordrhein-Westfalen neutral geäußert haben, hat sich Bayern für eine Übernahme von Kaiser´s Tengelmann durch EDEKA ausgesprochen. Als Grund hierfür werden insbesondere der Erhalt von Arbeitsplätzen und Einkaufsmöglichkeiten sowie der verstärkte Absatz bayerischer Produkte durch EDEKA genannt.
Sondergutachten des Ministeriums sagt auch "Nein"
Das Wirtschaftsministerium kann das Nein des Kartellams mit der sogenannten Ministererlaubnis entkräften wenn "die gesamtwirtschaftlichen Vorteile" die Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen. Allerdings muss der Minister seine Entscheidung gut begründen. Denn auch die Monopolkommission kam in einem Sondergutachten, das das Wirtschaftsministerium selbst in Auftrag gegeben hat, zu dem Schluss, dass die Vorteile die Wettbewerbsbeschränkungen nicht aufwiegen.
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