Denn in einem Beschluss erklärt die Borchert-Kommission, die Arbeit so lange ruhen lassen zu wollen, bis die Bundesregierung eine Lösung dafür gefunden hat, wie sie den Umbau der Nutztierhaltung finanzieren will. Die Kommission appelliere „mit Nachdruck an die Ampelkoalition, zügig eine entsprechende Einigung herbeizuführen“.
Aufgabe der Borchert-Kommission soll es nach Angaben des BMEL künftig sein, Empfehlungen zum gesamten System der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland zu erarbeiten. Dazu gehörten beispielsweise praktikable Förderrichtlinien oder Schätzungen zu Fördermittelhöhen und -bedarfen.
Borchert-Kommission will nur auf solider Grundlage weiterarbeiten
In ihrem Beschluss zeigen sich die Mitglieder der Borchert-Kommission enttäuscht darüber, dass die Regierung nach nahezu neun Monaten noch keine Einigung für die Einführung einer Tierwohlprämie gefunden hat. Das sei nach dem Beschluss des Bundestags im Juli 2020, nach dem Beschluss der Agrarministerkonferenz im August 2020, nach der Zustimmung des Bundesrats im März 2021 und nach der Zustimmung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) im Juni 2021 erstaunlich.
Zur bisherigen ablehnenden Haltung der FDP heißt es im Beschluss: „Offenbar ist es aber tabu, diese obligatorischen Finanzbeiträge in Form einer Steuer zu erheben, weshalb von Politikerinnen und Politikern der Ampelkoalition immer wieder eine meist nicht weiterspezifizierte „Tierwohlabgabe“ ins Gespräch gebracht wird.“ Vor den bereits bekannten Nachteilen einer Sonderabgabe beziehungsweise einer privatwirtschaftlichen Abgabe warnen die Verfasser.
Solange es keine Einigung der Koalition auf eine der empfohlenen Tierwohlprämien gebe, bliebe das der Umbau der Nutztierhaltung unerreichbar und Landwirte hätten noch immer keine Perspektive und Planungssicherheit. „In dieser Situation würde eine Weiterarbeit des Kompetenznetzwerks den gegenwärtig fehlenden Gestaltungswillen der Ampelkoalition nur kaschieren und wäre gegenüber den Nutztierhalterinnen und Nutztierhaltern unverantwortlich“, heißt es vom Kompetenznetzwerk.
BMEL will Tierschützer in die Borchert-Kommission holen
Das Mandat des BMEL zur Fortsetzung der Borchert-Kommission sieht die Aufnahme von Tierschutzorganisationen als weitere Mitglieder des Netzwerks vor. Ziel sei es, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen umfassend abzubilden.
Außerdem solle die Borchert-Kommission weiterhin den fachlichen Austausch mit Organisationen, Experten und Unternehmen suchen.
Otte-Kinast ruft die FDP auf, ihren Widerstand aufzugeben
Völlig nachvollziehen könne die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Babara Otte-Kinast die Entscheidung der Kommission, ihre Arbeit vorerst ruhen zu lassen. Von der FDP erwarte die CDU-Politikerin, dass sie endlich ihren Widerstand gegen eine verlässliche Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung aufgibt.
„Statt die Transformation der Landwirtschaft zu gestalten, schaut man tatenlos zu und lässt die Landwirtinnen und Landwirte völlig alleine. Wenn es so weitergeht, müssen wir von einem Totalausfall der Ampel sprechen“, so Otte-Kinast.
Mitte August hatte die FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie sich zu einer Abgabe von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch bekannte. Das Positionspapier sei mit den Bundesliberalen abgestimmt worden. Trotzdem lehnte Gero Hocker, Agrarsprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, die Abgabe weiterhin ab, bevor er wenig später schließlich doch einlenkte. Für die Einführung eines Finanzierungssystems ist aber die Zustimmung des Finanzressorts notwendig.
BÖLW und ZDG warnen vor ausbleibender Lösung für Landwirte

Auf die Verantwortung des Finanzministers Christian Lindner (FDP) weist der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hin. Laut BÖLW-Landwirtschaftsvorstand Hubert Heigl müsse die Finanzierungsfrage geklärt werden, um die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung einzuführen. „Andernfalls verlieren wir weiterhin Tag für Tag tierhaltende Betriebe in Deutschland. Immer mehr Höfe würden schließen, mehr Fleisch würde importiert werden müssen und die Industrialisierung der Tierhaltung würde weiter voranschreiten“, so Heigl. Ein wichtiger Teil des Umbauplans sei außerdem die flächengebundene Tierhaltung.
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) klagt über die bereits verloren gegangene Zeit, die sowohl die Vorgängerregierung als auch die Ampelkoalition zu verantworten habe. Ein klares Signal gebe der Beschluss der Borchert-Kommission jetzt an alle Parteien. Neben einem Finanzierungssystem sei auch die Öffnung des Bau- und Immissionsschutzrechts Voraussetzung für den Umbau. „Es steht nicht weniger als der Nutztierstandort Deutschland und damit ein wichtiger Teil unserer Ernährungssicherung auf dem Spiel“, warnt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke.
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