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Europäischer Rechnungshof

Tiertransporte: Darum bleibt das Tierwohl auf der Strecke

Schwein im Tiertransporter
am Dienstag, 18.04.2023 - 10:00 (1 Kommentar)

Der Europäische Rechnungshof prangert die teilweise von EU-Ländern nicht eingehaltenen Rechtsvorschriften bei den Tiertransporten an.

So wichen die Strafzahlungen bei Verstößen von Land zu Land teilweise extrem ab. In vielen Ländern würde es sich lohnen, gegen die Regeln zu verstoßen, sagte Eva Lindström während einer Pressekonferenz am 17.04.23. Sie ist das für den Bericht verantwortliche Mitglied des Rechnungshofs.

Es bestehe das Risiko, dass Transportunternehmen die in den verschiedenen nationalen Sanktionssystemen bestehenden Schlupflöcher ausnutzen. „Das System ist immer nur so stark, wie das schwächste Glied in der Kette“, sagte Lindström.

Lindström wies außerdem darauf hin, dass die bisherige Gemeinsame Agrarpolitik die Tierhaltung gefördert hat, um eine stabile Versorgung mit erschwinglichen Lebensmitteln sicherzustellen. Außerdem wurden Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes in den Betrieben vorangetrieben. Das Tierwohl bei Tiertransporten spielte in der bisherigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) keine Rolle, aber auch im Plan der künftigen GAP sei es nicht verankert.

Über ein Drittel der Tiertransporte länger als 8 Stunden

Anhand der verfügbaren Daten waren die meisten Tiertransporte innerhalb der EU im Zeitraum 2017 bis 2021 kurze Transporte von bis zu acht Stunden (63 %), gefolgt von langen Transporten (33 %) und sehr langen Transporten von über 24 Stunden (4 %).

Über ein Drittel der Transporte dauere damit länger als acht Stunden, und die Tierschutzstandards würden dabei nicht immer eingehalten, weshalb sich die Frage stellt, ob die Standards angemessen seien, so Lindström. Als die größten Herausforderungen sieht Lindström den Export in Drittstaaten und den Transport von nicht transportfähigen Tieren. Was das nationale Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten angeht, widersprach Lindström der Aussage von Landwirtschaftsminister Özdemir, dass dies auf einzelstaatlicher Ebene nicht möglich sei. Lindström sagte, es gebe jetzt schon Staaten in der EU, die das verboten hätten und nannte Luxemburg als Beispiel.

Nähere Schlachtung und bessere Kennzeichnung

Der Rechnungshof gab verschiedene Empfehlungen, wie das Tierwohl verbessert werden könnte. So könne in einigen Fällen die Lösung darin bestehen, die Tiere näher an der Produktionsstätte zu schlachten. Die Nutzung lokaler Schlachthöfe und mobiler Schlachtanlagen würde manche Tiertransporte überflüssig machen und sei zudem umweltfreundlicher. Allerdings musste Lindström einräumen, dass Kostengründe und von der EU geforderte Hygienestandards ein lokales Schlachten häufig erschwerten.

Auch die Verbraucher könnten eine wichtige Rolle spielen. Einer Umfrage zufolge sei ein Teil der Verbraucher bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn sie wüssten, dass das Fleisch unter guten Tierschutzbedingungen erzeugt wurde. Dafür müssten die Verbraucher jedoch besser informiert werden. Das könne durch ein EU-weites System für die Tierwohlkennzeichnung erreicht werden, das für mehr Transparenz und Harmonisierung bei der Kennzeichnung von Fleisch innerhalb der EU sorgen würde.

Auch IT und technologische Verbesserungen könnten das Tierwohl auf Tiertransporten verbessern. So könnte ein IT-System auf EU-Ebene zur Nachverfolgung sämtlicher Lebendtiertransporte bei der Zentralisierung der Daten helfen, und mit Kameras und Sensoren könnten Tiertransporte überwacht und das Tierwohl gemessen werden.

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