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Bodenpreise und Agrarmarkt

Ukraine: Heftiger Streit über den Kauf von Agrarland

Ukraine Ackerland
am Montag, 10.02.2020 - 12:16 (Jetzt kommentieren)

Ab dem 1. Oktober 2020 ist die Freigabe des Bodenhandels in der Ukraine geplant. Aber nicht für Ausländer.

Im ukrainischen Parlament hat eine Diskussion über die geplante Freigabe des Handels mit Agrarland zu sehr heftigen Auseinandersetzungen zwischen Abgeordneten geführt. In der der Vergangenheit wurden alle bisherigen Vorhaben zur Freigabe des Bodenmarktes immer wieder aufgeschoben. Dies soll sich nun aber ändern.

Der neue Präsident Selenskyj hat die Einrichtung eines Bodenmarktes zur Priorität erklärt. Dies soll bis zum 1. Oktober 2020 geschehen. In Umfragen ist eine Mehrheit der Ukrainer jedoch weiterhin dagegen. Die Regierung erhofft sich jedoch Investitionen und einen kräftigen finzanziellen Schub für die Landwirtschaft

Seit dem Jahr 2000 gilt in der Ukraine ein Moratorium über "das Verbot der Ent­frem­dung und Ver­än­de­rung der Zweck­be­stim­mung der Boden­par­zel­len mit land­wirt­schaft­li­cher Nutzung". Dieses Moratorium soll erst mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes „Über den Verkehr an landwirtschaftlichen Flächen“ aufgehoben werden. Im Jahr 2017 wurde das Moratorium zuletzt verlängert.

Die ukrainischen Bürger dürfen Bodenparzellen auf der Grundlage der ihnen ausgestellten Zertifikate zwar besitzen. Sie dürfen diese Flächen insbesondere zur landwirtschaftlichen Produktion nutzen. Die Verfügung über diese Parzellen beschränkt sich jedoch lediglich auf das Verpachten oder Vererben.

Ausländer können weiter kein Land kaufen

Ukraine Pflügen

Eigentümer eines nicht beanspruchten Grundstücks oder ihre unmittelbaren Erben müssen ihr Eigentumsrecht jetzt offiziell registrieren lassen. Für Ausländer bleibt der Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen in der Ukraine jedoch weiterhin untersagt. Diese können zwar Wohneigentum erwerben und auch Baugrundstücke. Diese dürfen aber nicht als landwirtschaftliche Flächen eingestuft sein.

„Das von uns und von der Regierung vorgeschlagene Modell sieht vor – Grund und Boden gehören den Ukrainern, den Boden kaufen oder verkaufen, dürfen nur ukrainische Bürger und ukrainische Unternehmen“, so Präsident Volodymyr Selenskyj Für die ausländischen Investoren wird die Landpacht also weiterhin die einzige Möglichkeit für Investitionen sein. Selbst wenn Aus­län­der Land erhal­ten, zum Bei­spiel durch Ver­er­bung, sind sie ver­pflich­tet, es im Laufe eines Jahres wieder zu ver­äu­ßern. Außer­dem sieht der Gesetz­ent­wurf vor, Bürgern und juris­ti­schen Per­so­nen bestimm­ter Länder den Erwerb von Boden zu ver­bie­ten.

Landwirtschaftliche Grundstücke dürfen aber auch von Ukrainern bisher weder veräußert noch als Sacheinlage in eine Gesellschaft eingebracht werden. Wegen der Unmög­lich­keit der Veräu­ße­rung und der Bildung aner­kann­ter Markt­werte wird der Boden deshalb bisher auch von den Finanz­ein­rich­tun­gen nicht als Pfand akzep­tiert. Die Mög­lich­keit, den Boden künftig als Kre­dit­si­che­rung zu nutzen, wird in der Dis­kus­sion als Argu­ment zu Gunsten der Frei­gabe des Boden­mark­tes ange­führt.

Agrarholdings werden reguliert

Getreideernte Ukraine

In dem von der Regierung vorgeschlagenen Gesetzesentwurf über den Bodenmarkt, werden weitere Beschränkungen eingeführt. Demnach darf die maximale Fläche der landwirtschaftlich genutzten Böden im Eigentum einer Person 15 % der gesamten Menge der landwirtschaftlichen Böden in einem bestimmten Gebiet und 0,5 % der gesamten Bodenfläche der Ukraine nicht übersteigen.

Dabei geht es offenbar darum, den Kauf großer Bodenflächen durch Agrarholdings zu beschränken. Agrarholdings entstehen bislang durch die Pacht von großen Bodenflächen. Nach Informationen des Ukrainischen Klubs der Agrarwirtschaft gibt es 93 landwirtschaftliche Betriebe, die mehr als 10.000 Hektar bewirtschaften. Die größte ukrainische Agrarholding bewirtschaftet etwa 600.000 Hektar. Zurzeit verfügen in der Ukraine lediglich fünf Unternehmen über nutzbaren Boden, die über 0,5 % der gesamten Bodenmenge liegt. Die meisten dieser Böden sind verpachtet.

Ingesamt werden zurzeit etwa 22 Mio. Hektar, von denen 97 % (20,3 Mio. Hektar) land­wirt­schaft­li­ches Acker­land sind, zu Pacht­be­din­gun­gen genutzt. Ein bedeu­ten­der Teil der Pacht­ver­träge wird aber nur für kurze Zeit abge­schlos­sen, etwa für 8 bis 10 Jahre. Diese Situa­tion macht eine lang­fris­tige Planung schwer und behin­dert Inves­ti­tio­nen in die Land­wirt­schaft, ins­be­son­dere in den Berei­chen, in denen der Rück­fluss der Kosten über eine längere Zeit erfolgt, heißt es in einer Untersuchung des Deutsch-Ukrainischen Agarpolitischen Dialogs.

Bodenpreise zunächst bei 2000 USD je Hektar

Der Hektarpreis für den ab 1. Oktober 2020 nach Öffnung des Bodenmarktes gehandelten Boden könnte zunächst bei rund 2.000 US-Dollar (1.792 Euro) liegen. Davon geht Alexej Muschik aus, der den ukrainischen Ministerpräsidenten Oleksij Hontscharuk berät.

Individuelle Preise werden jedoch, je nach Bodenqualität und Nachfrage, von diesem Erwartungswert abweichen. Muschik rechnet für die Regionen Cherson und Wolhynien mit niedrigeren Preisen, während die Flächen etwa in Poltawa, Tscherkassy und Winniza teurer sein dürfte. Die weitere Entwicklung der Bodenpreise werde sich an den Kreditzinsen in der Ukraine orientieren, so Muschak. So würde sich beispielsweise bei einer Jahrespacht von 200 US-Dollar (179 Euro) und einem Zinssatz von 5 Prozent ein Hektarpreis von 4.000 USD (3.585 Euro) ergeben, erklärt Muschak.

Sta­tis­ti­sche Daten über den Werte land­wirt­schaft­li­cher Flächen, die bereits 2018 einmal in der Ukraine ermit­telt wurden, zeigen etwas geringere Werte als Muschik sie nennt: 1 Hektar Acker­land und Alt­bra­che wurden durch­schnitt­lich mit etwa 30,9 Tausend Hryvnja (1,12 Tausend Euro) bewertet. Der Preis für mehr­jäh­rige Pflan­zun­gen beträgt 53,8 Tausend Hryvnja (1,95 Tausend Euro) und für natür­li­che Weiden – 5,6 Tausend Hryvnja  0,2 Tausend Euro).

Mit Material von Deutsch-Ukrainischer Agarpolitischer Dialog, Agra-Europe

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