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Düngerpreise

Unfair? Polnische Bauern bekommen Sonderhilfe wegen hoher Düngerpreise

Margrethe-Vestager-Europäische-Kommission-staatliche-Beihilfen
am Samstag, 23.04.2022 - 05:00 (16 Kommentare)

Polen hat bei der EU-Kommission beantragt, den eigenen Landwirten 836 Millionen € an Sonderhilfen wegen hoher Düngerpreise zu gewähren. Die EU-Kommission hat zugestimmt. In Deutschland gibt es keine vergleichbaren Pläne.

Polens Bauern dürfen angesichts hoher Düngerpreise etwas aufatmen. Bis spätestens zum Jahresende sollen sie ein Sofortgeld in Höhe von 500 Zloty (ca. 107 €) pro Hektar Ackerfläche und 250 Zloty (ca. 53,50 €) pro Hektar Grünland erhalten. Die Zahlung ist auf 50 Hektar pro Betrieb begrenzt. Wie die EU-Kommission am 20. April mitteilte, hat sie eine entsprechende staatliche Beihilfe seitens der polnischen Regierung genehmigt. Trotz leichter Rückgänge in den vergangenen Tagen bleiben die Düngerpreise exorbitant hoch.

Wie sieht die EU-Kommission die Beihilfe für polnische Landwirte?

Die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte zur Genehmigung der Sonderhilfe für polnische Landwirte: „Die Unterstützung in Höhe von 836 Millionen Euro wird es Polen ermöglichen, Landwirte zu unterstützen, die in Folge der russischen Invasion der Ukraine und den hier verhängten Sanktionen von steigenden Betriebsmittelkosten betroffen sind. Wir stehen weiterhin an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung. Gleichzeitig arbeiten wir sehr eng mit den EU-Staaten, um sicherzustellen, dass nationale Unterstützungsmechanismen auf rechtzeitige, koordinierte und effektive Weise eingeführt werden können.“ Vestager wies darauf hin, dass der Schutz des fairen Wettbewerbs im gemeinsamen europäischen Markt weiterhin von hoher Bedeutung sei.

Könnten deutsche Landwirte ähnliche Beihilfen wie polnische Bauern bekommen?

Grundsätzlich könnte auch die Bundesrepublik Deutschland – oder alle anderen EU-Länder – ähnliche Sonderhilfen wie Polen gewähren, sofern sie diese zuvor bei der EU-Kommission beantragt. Die EU-Kommission sieht in Folge der russischen Invasion der Ukraine im Rahmen staatlicher Sonderhilfen dazu drei Möglichkeiten vor. Die erste Möglichkeit sind einzelbetriebliche Beihilfen von bis zu 35.000 € in den Sektoren Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur. Die zweite Möglichkeit sind Liquiditätshilfen in Form staatlicher Darlehen und verbilligter Darlehen. Die dritte Möglichkeit sind Beihilfen, um einen Ausgleich für gestiegene Energiepreise zu schaffen. Dabei können energieintensive Betriebe einen Kostenzuschuss von bis zu 30 % der zulässigen Kosten (maximal 2 Mio. €) erhalten. Bei besonders energieintensiven Betrieben kann dieser Zuschuss unter bestimmten Bedingungen auf bis zu 50 Mio. € ansteigen.

Welche Hilfen sollen deutsche Bauern aus der EU-Krisenreserve erhalten?

Staatliche Sonderhilfen für Landwirte wie in Polen hat Deutschland derzeit nicht beantragt. Allerdings hat die EU-Kommission im März die sogenannte „Krisenreserve“ in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geöffnet. Aus diesen Mitteln sollen auch deutsche Landwirte Liquiditätshilfen erhalten. Wie genau diese Hilfen umgesetzt werden, ist allerdings noch unklar. Klar ist, dass diese Hilfen wesentlich geringer ausfallen werden, als die jetzt für Polen genehmigten 836 Mio. €. Der deutsche Anteil der Krisenreserve liegt bei lediglich rund 60 Mio. €. Er kann zwar aus nationalen Mitteln um bis zu 120 Mio. € aufgestockt werden. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat bereits seinem Wunsch Ausdruck verliehen, dass dies geschehen solle. Özdemir betont allerdings auch, dass die Entscheidung über eine mögliche Aufstockung beim Bundestag und nicht bei ihm liegt. Polen wird aus der EU-Krisenreserve weitere 44,8 Mio. € erhalten.

Frist zur weitergehenden Nutzung ökologischer Vorrangflächen ist abgelaufen

Wie bereits in vergangenen Jahren erlaubt Deutschland auch 2022 wieder die Futternutzung des Aufwuchses auf ökologischen Vorrangflächen. Die offizielle Begründung ist diesmal nicht Trockenheit – wie in den Jahren zuvor. Stattdessen sollen damit steigende Futtermittelpreise abgepuffert werden. Die EU-Kommission hätte eine weitergehende Nutzung der ökologischen Vorrangflächen erlaubt. Allerdings nutzt Deutschland die entsprechende Möglichkeit nicht, anders als beispielsweise das Nachbarland Österreich, das die Brachflächen voll nutzbar macht. Die entsprechende Frist zur Beantragung einer weitergehenden Nutzung bei der EU-Kommission ist seit Mitte April abgelaufen.

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