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Waldumbau: Warum die Länder Hilfen so unterschiedlich nutzen

Von Borkenkäfer und Trockenheit geschwächte Bäume
am Donnerstag, 21.05.2020 - 15:00 (1 Kommentar)

Der Wald steckt in der Krise, Trockenheit und Borkenkäfer haben tiefe Spuren hinterlassen. Die Politik will helfen, es zeigt sich aber, dass die einzelnen Länder die Hilfen des Bundes sehr unterschiedlich nutzen. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium steht in der Pflicht.

Wie viele gute Fichten – so ganz ohne Trocken-, Sturm- oder Käferschäden und mit guter Bodenfeuchte haben Sie noch in Ihrem Bestand, liebe Land- und Forstwirte? Und wie viele davon – Hand aufs Herz – würden Sie derzeit schlagen, um den klimaangepassten Waldumbau voranzutreiben? Bei Preisen die durch Corona-bedingte Beschränkungen im Handel und das üppige Angebot an Käferholz irgendwo zwischen traurig und quasi unverkäuflich liegen? Nicht viele? Dann sind sie in guter Gesellschaft.

Bundeswaldgipfel hat Millionenhilfen versprochen

Der Fokus ist vom Waldumbau auf den Walderhalt geschwenkt. Wie wichtig die Wiederaufforstung mit klimatoleranten, zukunftsfähigen Baumarten ist, weiß auch die Politik. Erinnern Sie sich an den Waldgipfel, den Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner im September letzten Jahres veranstaltet hat? 547 Millionen Euro über vier Jahre stellte sie damals in Aussicht. Mit Konfinanzierungsmitteln der Länder sollten es insgesamt gar 800 Millionen Euro sein. Im Dezember 2019 wurde deswegen die sogenannte „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) angepasst. Was ist davon schon in den Ländern angekommen?

Immer mehr geschädigte Waldflächen

Simon Michel-Berger, Chefredakteur agrarheute

Klar ist, dass der Bedarf an Hilfen groß ist und ständig zunimmt. Im Bundeslandwirtschaftsministerium ging man im April 2019 von bundesweit rund 110 000 Hektar geschädigter Waldfläche aus. Im September 2019 waren es schon mehr als 180 000 Hektar. Anfang Mai 2020 waren es rund 245 000 Hektar.

Auf den ersten Blick wurde auch viel geholfen. Letztes Jahr, als der Förderschwerpunkt auf Borkenkäferbekämpfung, Holzaufarbeitung und -lagerung lag, hatte der Bund zunächst rund 7,5 Millionen Euro an GAK-Fördermitteln eingeplant. Abgerufen wurden letztlich gut 14 Millionen.

Große Unterschiede von Bayern bis Brandenburg

Bei genauem Hinsehen zeigt sich aber, dass einige Bundesländer viel stärker Mittel abgerufen haben als andere. Besonders gut waren Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, denen zwischen 2,5 und fast 4 Millionen Euro an Bundesmitteln zuflossen. Einige Länder, etwa Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen erhielten nur ein paar Hunderttausend Euro. Manche, darunter Brandenburg, gingen ganz leer aus.Interessant ist dabei, dass die Bundeshilfen kaum mit der Menge an Schadholz zusammenhängen (2,5 Millionen Kubikmeter in Rheinland-Pfalz verglichen mit 7 Millionen in Brandenburg).

Das hat teilweise damit zu tun, dass der Verteilerschlüssel der Gelder sich nach der Waldfläche richtet. Es hängt aber auch sehr stark davon ab, ob die Länder die GAK-Förderregeln rechtzeitig in ihr Recht umgesetzt haben (die Stadtstaaten haben es nicht) und wie leistungsfähig die Forstverwaltungen sind. Wer nicht genug Personal hat, um die Förderung effektiv umzusetzen, dessen Waldbesitzer ziehen im Ländervergleich oft den Kürzeren.

Wie kann der Walderhalt besser gelingen?

Wer könnte dafür sorgen, dass es besser wird? Das Bundeslandwirtschaftsministerium verweist darauf, dass für die Umsetzung die Länder zuständig sind. Sie müssen Personal und die entsprechende Behörden-struktur zur Verfügung stellen. Doch es ist zu einfach, die Verantwortung nur bei den Ländern zu suchen. Beim Bundeslandwirtschaftsministerium laufen derzeit mehrere Initiativen, um den Mittelabfluss zu verbessern. Neben neuen Fördermöglichkeiten, insbesondere für Kleinwaldbesitzer, geht es dabei auch um Dinge wie den Austausch von „best practice“ im Fördermanagement.

Bund sieht Verantwortung bei Ländern

Auf Nachfrage beim Ressort betont man dazu allerdings mehrfach, dass die Länder die entsprechenden Verfahren festlegen müssen. Das macht es für den Bund natürlich bequem: Einerseits kann man sich mit Fördermitteln als Helfer in der Not präsentieren, andererseits sind die Länder verantwortlich, falls es mit deren Nutzung nicht klappt.

Auch manche Länder machen es sich einfach. Bei der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern Anfang Mai wurde effektiv gefordert, der Bund möge doch den Ländern die GAK-Mittel ohne lästige Förderauflagen zur Verfügung stellen. Das ist keine gute Lösung, sondern zementiert nur die Kleinstaaterei.

Geld ist beim Walderhalt nicht alles

Wenn der Walderhalt und die klimaangepasste Wiederaufforstung in Deutschland gelingen soll, müssen alle an einem Strang ziehen. Es geht um mehr, als nur Hilfsgelder: Von der richtigen Rolle des Gewehrs beim Waldumbau über die Stärkung der Beratung, die Fortbildung der Waldbesitzer, die Nachhaltigkeitszertifizierung und Förderung von Holznutzung und -vermarktung bis hin zum Dialog mit Gruppen, die frisch gepflanzte Douglasien ausgraben (so geschehen 2012 im Spessart durch Greenpeace).

Wald braucht Regen und gute Holzpreise

Zurück zu Ihnen, liebe Land- und Forstwirte. Wenn Sie Wert auf die große Show zum Waldumbau legen, sind sie in der Bundespolitik gut versorgt. Allerdings pflanzt die große Show keine Setzlinge, hegt und betreut sie nicht. Das gewöhnliche, ausdauernde Tagesgeschäft müssen aber nicht nur Sie leisten. Auch die staatlichen Stellen, welche die Förderung umsetzen, müssen sich hier noch besser aufstellen. Noch mehr geholfen wäre allen aber mit mehr Regen und guten Holzpreisen. Das freilich bleibt vorerst ein frommer Wunsch.

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