Weitere Hilfen zur Stützung der Agrarmärkte in der Corona-Pandemie haben mehrere EU-Agrarminister in ihrer gestern per Video durchgeführten Ratssitzung von der EU-Kommission gefordert. Mit einem zweiten Hilfspaket solle die Kommission vor allem die private Lagerhaltung von Schweine-, Kalb- und Geflügelfleisch bezuschussen, forderten einige Delegationen, darunter Frankreich, Italien und die Niederlande.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski lehnte das ab. Der Pole sagte, die Kommission bereite derzeit keine weiteren Stützmaßnahmen vor. Zunächst solle beobachtet werden, wie die bereits beschlossenen Hilfen wirkten. Das gilt besonders für den Rind- und Kalbfleischmarkt. Die Preise für männliche Nutzkälber sind im März deutlich eingebrochen.
Klöckner will den Krisenfonds nicht antasten
Keine Einigkeit herrschte unter den EU-Agrarministern darüber, ob die EU-Krisenreserve für die Landwirtschaft in Höhe von 478 Mio. Euro mobilisiert werden soll. Unter anderem Deutschland und Österreich sind dagegen, Polen sprach sich dafür aus.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner argumentierte, zunächst sollten bereits geplante, aber noch nicht ausgeschöpfte Mittel für Marktmaßnahmen oder Spielräume im Europäischen Garantiefonds für Landwirtschaft genutzt werden. Ein Griff in die Krisenreserve lehnte sie ab, weil das eine Kürzung der Direktzahlungen bedeuten würde.
Reserve soll von den Direktzahlungen gelöst werden
EU-Agrarkommissar Wojciechowski schlug darum vor, den Krisenfonds neu zu gestalten. Künftig soll die Reserve von den Direktzahlungen entkoppelt werden, plant der Pole. Praktisch sei der Fonds in seiner jetzigen Form nämlich nicht nutzbar, weil die Mitgliedstaaten keine Kürzung der Direktzahlungen akzeptieren wollten.
Die EU-Krisenreserve für die Landwirtschaft wurde mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2013 geschaffen. Sie speist sich aus Geldern, die von den Landwirten selbst durch eine Kürzung der Direktzahlungen von rund 1,5 Prozent aufgebracht werden. Bisher wurde die Krisenreserve noch nie genutzt. Das nicht verwendete Geld wird im folgenden Haushaltsjahr an die Landwirte zurückgezahlt. Gleichzeitig werden die Direktzahlungen wieder gekürzt, um die neue Reserve zu bilden.
Polens Premier fordert 10 Prozent mehr Geld für den EU-Agrarhaushalt
Falls der Krisenfonds künftig nicht länger durch Kürzungen der Direktzahlungen gefüllt werden soll, müsste der EU-Agrarhaushalt aufgestockt werden. Darauf zielt Wojciechowski ohnehin ab. Er begrüßte ausdrücklich den Vorschlag des polnischen Premierministers Mateusz Morawiecki, den Agraretat mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) um 10 Prozent aufzustocken.
Morawiecki hatte diese Forderung zu Beginn der Woche in Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den EU-Agrarkommissar und die EU-Staats- und Regierungschefs erhoben. Das zusätzliche Geld soll gleichmäßig auf die nationalen Budgets verteilt und ausschließlich für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden, schlägt der polnische Regierungschef vor. Bisher haben sich die Staats- und Regierungschefs noch nicht auf einen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 einigen können.
Wojciechowski nannte den Vorschlag aus Warschau hilfreich. Er sollte sehr ernsthaft geprüft werden, meinte der Pole, der wie Morawiecki der regierenden PiS-Partei angehört.
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