Die Zahlen, die Landwirt und Wolfsbeauftragter des Landesbauenverbands Brandenburg, Jens Schreinicke, beim Wolfsgipfel für präsentierte, wogen schwer: Rund 894.000 Euro hat das Bundesland im Jahr 2022 für Rissgutachten, Schadensausgleich, genetische Analysen etc. ausgegeben. Noch viel heftiger zu Buche schlagen die 2,9 Mio. Euro für die Förderung von Präventivmaßnahmen wie Zaunbau und Herdenschutzhunde.
Um die 10.000 Euro kostet ein Wolf den Steuerzahler im Jahr
Unterm Strich kostet der brandenburgische Wolfsbestand den Steuerzahler also rund 3,8 Mio. Euro. Pro Wolf – die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) geht für Brandenburg von 300 bis 400 Tieren aus – kommen so zwischen 9.500 und 12.500 Euro pro Jahr zusammen, Verwaltungskosten beim Landesamt für Umwelt (LfU) und im Landesministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) nicht eingerechnet.
In anderen wolfsreichen Bundesländern dürfte die Situation ähnlich sein. Dass der Wolf nur ein Problem der Landwirtschaft sei, kann man also getrost verneinen. Weidetierhalter bekommen die Folgen des zunehmenden Beutegreiferbestands nur direkter zu spüren.
So kann es mit dem Wolf nicht weitergehen
Der Wolfsgipfel gab einen guten Überblick über die aktuelle Lage und die Konsequenzen einer unveränderten Wolfspolitik. Nicht nur Schreinicke warnte eindringlich vor einer Eskalation, wenn die Bestände weiter steigen und keine wirksame Kontrolle etabliert wird.
Der Zoologe Prof. Dr. Hans Dieter Pfannenstiel machte unmissverständlich klar, dass ein Ende der Weidewirtschaft in vielen Regionen das Ende der Artenvielfalt in den Offenlandschaften bedeuten würde.
Längst sind nicht nur Bauern emotional betroffen
Alexandra Duesmann, Präsidentin des Pferdesportverbandes Hannover, beschrieb die emotionale Belastung von Pferdehaltern und ihren Familien, wenn – wie es inzwischen immer häufiger geschieht – Ponys und Pferde Wolfsrissen zum Opfer fallen.
Und der Ülzener Landrat Heiko Blume beklagte, dass die immer wieder angesprochenen Abschussgenehmigungen für auffällig gewordene Wölfe in der Realität quasi nicht mehr durchsetzbar seien. Zu hoch seien die bürokratischen Auflagen (Blume präsentierte das 22-seitige Antragsformular). Und kommt doch einmal eine Entnahmegenehmigung zustande, klagen Umweltverbände gegen den Beschluss.
Null Interesse seitens der Bundespolitik?

Leider blieb die Veranstaltung ohne die gewünschte Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger auf Bundesebene, denn weder das Bundesumwelt-, noch das Bundesagrarministerium sahen sich in der Lage, einen Vertreter zum Wolfsgipfel zu entsenden.
Das erzürnte unter anderem die einzige Politikerin vor Ort, die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), die ihrer Ministerkollegin Steffi Lemke (Bündnis90/die Grünen) offen mangelndes Interesse an den Problemen der Bäuerinnen und Bauern vorwarf. „Dabei ist es nicht 5 vor, sondern längst 5 nach 12, was den Wolf in Deutschland angeht.“
Keine Bewegung beim Nabu

Allein auf weiter Flur als Gegner einer quotierten Bestandskontrolle stellte sich der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Jörg-Andreas Krüger, in der abschließenden Podiumsdiskussion den Fragen und Standpunkten von Landwirtschaftsvertretern und Weidetierhaltern.
Leider ohne eine erkennbare Bewegung hinsichtlich der Bewertung des Bedrohungsstatus der Tierart Wolf: Der Nabu bleibt weiter bei seinem Standpunkt, ein guter Erhaltungszustand sei in Deutschland nicht erreicht, solange es Bundesländer ohne oder nur mit wenigen Wölfen gebe. Eine Abschussquote komme deshalb nicht infrage.
Handeln, bevor die Situation aus dem Ruder läuft
Der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbands (DBV), Eberhard Hartelt, erinnerte daraufhin daran, dass man vor Jahrzehnten die Entwicklung der Wildschweinpopulation ähnlich unterschätzt und die Probleme abgewiegelt habe. Solle man in Regionen wie Baden-Württemberg oder dem Saarland warten, bis die Lage dort ähnlich prekär sei wie in Brandenburg?
Koexistenz nur, wenn sie nicht einseitig geschultert wird
In Bayern zumindest scheint man dazu nicht bereit zu sein. Dort wurde dieser Tage eine neue Verordnung zum Wolfsmanagement vorgestellt, auf die die bayerische Staatsministerin Michaela Kaniber in ihrem Redebeitrag zur Veranstaltung verwies. Man dürfe den Wolfsschutz nicht allein auf den Rücken der Bauern austragen, betonte Kaniber. „Es gibt tatsächlich Konstellationen, in denen die oft beschworene Koexistenz von Wolf und Mensch funktioniert. […] Aber Koexistenz darf nicht einseitig und unausgewogen sein. Andernfalls erweisen wir auch dem Artenschutz keinen guten Dienst.“
Weidetierhaltung: Spielball der Politik
Unterm Strich, das betonten alle Diskussionsteilnehmer, wolle niemand den Wolf hierzulande wieder ausrotten. Doch die Notwendigkeit einer Bestandskontrolle wird auch außerhalb der Landwirtschaft immer weniger angezweifelt.
Umweltpolitiker (meist Grüne) und Naturschutzverbände beklagten zwar, der Wolf werde zum Opfer der Politik, konstatierte Ministerin Kaniber. Doch stattdessen gerate die Weidetierhaltung unter die politischen Räder – mit allen beschriebenen Folgen.
Ob die eindringlichen Appelle der Wolfsgipfelteilnehmer bei den politsichen Entscheidungsträgern auf Bundesebene Widerhall finden, bleibt angesichts des mangelnden Interesses der betreffenden Ministerien allerdings sehr fraglich.
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