Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Ernte

So rechnen sich Lenkhilfen am Mähdrescher

Case Ih-Mähdrescher und Überladewagen bei Getreideernte
am Dienstag, 11.07.2017 - 13:30 (Jetzt kommentieren)

Lenkhilfen werden zwar unter der Rubrik fahrerentlastende Maßnahmen geführt, aber sie bringen neben der Bequemlichkeit auch finanziellen Mehrwert, wie Mähdrusch-Expertin Dr. Andrea Feiffer von feiffer consult berechnet.

Welche Gründe sprechen für Lenkhilfen am Mähdrescher?

Qualität: Die Arbeit des Mähdrescher-Fahrers wird qualitativ daran gemessen, wie er das Feld hinterlässt. Fährt er auf Leistung, mit möglichst vollem Schneidwerk, riskiert er, dass ab und an ein "Bart" stehen bleibt. Obwohl der Nutzen der höheren Leistung wirtschaftlich als Ziel wertvoller anzusehen ist, wird der "Bart" als Qualitätsmanko bewertet.

Leistung: Deshalb lassen Mähdrescher-Fahrer lieber einen großzügigen Sicherheitsabstand, der umso größer wird je breiter das Schneidwerk ist. Dieser Sicherheitsabstand kostet mindestens 6 Prozent (%), in der Regel etwa 8 % Leistung durch ungenutzte Schneidwerksbreite.

Entlastung: Wenn der Fahrer vom permanenten Blick an die Bestandskante entlastet wird, fährt er instinktiv schneller. Diese Mehrleistung wird mit etwa 6 bis 8 % eingeschätzt. Wenn man statt 5 km/h nun 6 km/h fährt, sind das bereits 20 % mehr Durchsatz. Hohen Fahrgeschwindigkeiten können nur mit Unterstützung von einem Lenksystem dauerhaft über den Tag erzielt werden.

Spritverbrauch: Auf 100 m verbraucht ein ein Großmähdrescher immerhin über 1 Euro an Kraftstoff. Bei großen Schlägen kann man die Schlaglänge nach dem Bunkervolumen einteilen, so dass das Umladen schneller und effektiver erfolgen kann und die Umladevorgänge reduzieren. Nachts, bei Staub oder Lager kann exakt gearbeitet werden.

Dokumentation: Zugleich wird im Zuge von Cross Compliance alles dokumentiert.

Ab welcher Schneidwerksbreite rechnen sich Lenkhilfen?

Automatische Lenksysteme werden besonders bei Mähdreschern mit breiten Schneidwerken von 9,15 m in Betracht gezogen. Hier sind sie geradezu Pflicht. Doch ein Mähdrescher Schneidwerksbreite von 6 m muss bei einem Ertrag von 70 dt/ha mit einem Durchsatz von 35 t/h bereits mit 8,5 km/h gefahren werden. Und bei einer Schneidwerksbreite von 7,60 m immerhin noch mit  6, km/h. Auch hier profitiert man von Lenkhilfen.

Lenkhilfen sind jedoch nicht nur eine Frage der Schneidwerksbreite, sondern auch eine Frage der Mähdrescherkonstellation und des Erntedruckes. Denn mit Lenkhilfe ist die Anzahl der Überfahrten geringer, der Kraftstoffverbrauch sinkt, die Ertragskartierung ist genauer.

Welche Lenkhilfen für Mähdrescher gibt es?

Claas und New Holland bieten sensorgestützte Varianten mit dem Laser Pilot und dem Smart Steer an. Sie sind kostengünstig und funktionieren mit relativ hoher Sicherheit. Bei Lager wird die Bestandskante manchmal nicht sicher erkannt oder wenn eine Fahrgasse zu nahe an der Bestandeskante liegt, wird diese irrtümlich als Führungskante angesehen.

John Deere hat das erste GPS-gesteuerte Lenksystem mit Auto Trac entwickelt. Andere Hersteller haben nachgezogen. Damit ist paralleles Anschlussfahren mit 2 bis 10 cm Genauigkeit möglich. Genauigkeit hat dabei natürlich seinen Preis und muss mit dem entsprechenden Korrektursignal bezahlt werden. Auch Kurvenfahrten sind anschlussgenau möglich, ebenso wie die Neigung der Maschine bei Hängen eingerechnet wird. Die Schläge können im Beetmanagement beerntet werden, so dass nicht ständig Teilbreiten übrig bleiben.

Der Preis eines solchen Systems mit 15.000 bis 18.000 Euro je nach Nutzungsumfang und Genauigkeit erscheint zunächst hoch und muss über Arbeitsleistung und –qualität erwirtschaftet werden. Ein sensorgesteuertes System liegt in der Anschaffung bei etwa 6.000 bis 7.000 Euro.

Wie wird der Mehrwert eines Lenksystems berechnet?

Jeder Betrieb muss aus seinen speziellen Anforderungen heraus für sich überlegen, ob eine sensor- oder GPS gesteuerte Variante sinnvoll ist. Ein Beispiel: Die Anschaffung eines GPS-Lenksystem kostet 18.000 Euro, der Anschaffungswert des Mähdreschers liegt bei 200.000 Euro. Die Lenkautomatik kostet folglich 9 % der Anschaffungskosten, bringt aber mindestens 12 % Mehrleistung allein über die höhere Auslastung der Schneidwerksbreite und die höhere Fahrgeschwindigkeit. Alle Folgevorteile über die sogenannten weichen Faktoren sowie der erweiterte Nutzen beim Einsatz auf den Schleppern kommen hinzu. Würde man sich einen nächst größeren Mähdrescher mit mehr Leistung kaufen, ist dies nicht mit 9 % mehr Anschaffungskosten zu schaffen.

Rechnet man für einen Lohnunternehmer einen Hektarumfang des Mähdreschers von 450 ha so schafft er bei 12 % Leistungssteigerung über die Lenkautomatik ca. 54 ha mehr. Bei 100 Euro/ha Lohnleistung sind das 5.400 Euro mehr. Das heißt, in drei Jahren hat sich die Automatik bezahlt gemacht, wenn man nur die fassbaren Vorteile für den Mähdrusch berechnet.

Je größer, leistungsstärker und teurer Mähdrescher werden, desto mehr ist man auf alles angewiesen, was dazu beiträgt die eingekaufte Mähdrescherleistung auch auf das Feld zu bringen. In dem Maße werden sich derartige Hilfsmittel ganz selbstverständlich durchsetzen, lautet das Urteil von Andrea Feiffer.

Die größten Mähdrescher-Modelle: Rotor, Schüttler oder doch Hybrid?

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...