Stahl ist heute zumeist noch der Werkstoff der Wahl, wenn es um den Pflug geht. Durch vergütete Materialen und austauschbaren Verschleißteilen wurden in der Pflugtechnik über die Jahrzehnte immer bessere Konstruktionen möglich, bis zu unseren heutigen modernen Pflügen.
"Trotzdem ist die Materialpaarung Boden/Stahl aus reibungstechnischer Sicht eine schlechte Wahl. 50 Prozent der zum Pflügen aufgewendeten Energie geht als Reibung verloren", erklärt Martin Hörner vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg gegenüber der traction (Ausgabe 05/2015). In dem Beitrag stellt die Fachredaktion neue Materialien vor, an denen noch geforscht wird sowie spezielle austauschbare Verschleißteile, die bereits heute in der Praxis zum Einsatz kommen.
Zukunftstrends: DLC und Keramik
- Diamantartige Kohlenstoffschichten (diamond like carbon, DLC): Der Stoff wird beispielsweise zum Schutz von Festplatten in Computern eingesetzt. Bei ersten Untersuchungen am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg konnte die Reibung um die Hälfte und der Kraftbedarf der Zugmaschine um mehr als 30 Prozent verringert werden.
- Keramik: Für den Werkstoff Keramik als Verschleißteil am Pflug ist ein weiterer Projektantrag am IWM geplant und auch einige Zulieferer forschen bereits an Keramikverschleißteilen. Keramik-Rohlinge herzustellen ist nicht teuer. Das Problem der Sprödigkeit muss durch eine keramikgerechte Konstruktion in Zusammenspiel mit Stahl gelöst werden.
Beiden Lösungen gemein ist allerdings, dass marktreife Lösungen noch einige Zeit brauchen werden. Schon länger erhältlich dagegen sind spezielle austauschbare Verschleißteile.
Knock-on-Spitze von Kverneland
Kverneland kann als Verschleißschutz für seine Pflugkörper neben anderen Werkzeugen die 80 mm breite Knock-on-Spitze aus dem Grubbersegment verwenden.
- aus induktionsgehärtetem Stahl (55 bis 58 Rockwell)
- deutlich weniger benötigte Zeit zum Wechsel
- Trotz des stärkeren Untergriffs soll die Knock-on-Spitze laut Kverneland weniger Steine an die Oberfläche holen als normale Wechselspitzen.
Pflugkörper "DuraMaxx" von Lemken
Der Pflugkörper "DuraMaxx" von Lemken verspricht bis zu 75 Prozent höhere Standzeiten, 80 Prozent kürzere Rüstzeiten und geringere Verschleißkosten gegenüber dem herkömmlichen Modell.
- Die Streifen und Streichbleche sind mittels hinten angeklebter Haken an einem Stahlträger schnell wechselbar fixiert, so können sie nahezu vollständig abnutzen.
- Die DuraMaxx-Teile sind aus wesentlich härterem Stall als herkömmliche Pflugkörper gefertigt.
- Streichbleche und Streifen werden vollständig vom Körperrumpf getragen und sind nicht mehr tagender Teil des Pflugkörpers.
- Für den Einsatz auf extrem klebenden Böden und in Bodenverhältnissen, in denen wenig Druck auf das Streichblech aufgebaut wird, sind auch Kunststoffstreifen erhältlich.
Extremes Hartmetall
Für nahezu alle Pflughersteller gibt es im Ersatzteilhandel beschichtete, aufgepanzerte Werkzeuge von Zulieferern (Agricarb, HTU, Irotec, Baumgartner, etc.), wobei es sich dabei überwiegend um die Spitzen, das Scharblatt, die Anlagen, die Vorschäler und das Streichblechvorderteil handelt.
So haben beispielsweise die extrem massiven Hartmetallscharblätter und -spitzen von Betek (bislang exklusiv für Kverneland lieferbar) lediglich ein Ausgangsgewicht von 7,4 Kilogramm und können nur als Einheit verbaut werden. Dank aufgelöteter Hartmetall- und Winkelhartmetallplättchen (Vorder-, Oberund Anlageseite) aus einem Wolfram-/Kobalt-Sinterstoff wird nach bisheriger Erfahrung mindestens die 40-fache Standzeit normaler Wechselspitzen erreicht. Wegen des erheblich höheren Preises amortisieren sich die Teile jedoch nicht allein über die Standzeit und sind vielmehr für extrem abrasive Standorte ausgelegt.
Robalon: Robuster Kunststoff
Beim seit rund 50 Jahren hergestellten Robalon handelt es sich um einen vernetzten Sinterkunststoff, der seit einigen Jahren auch in der die Landwirtschaft eingesetzt wird (Streichbleche und Einleger für Pflüge, Ährenheber und Gleitkufen für Mähwerke, etc.)
Im technischen Bericht des Prüfinstituts BLT in Wieselburg, Österreich, werden Kunststoff-Streichbleche aus Robalon nach Einsatz im Herbst 2010 folgendermaßen bewertet:
- Bei leichtem und lockerem Boden konnte keine Zugkraftdifferenz zwischen Kunststoff- und Stahlblechkörper festgestellt werden.
- Unter den vorherrschenden Versuchsbedingungen (Boden, Witterung, Pflugeinstellung usw.) wurden Zugkraftminderungen des Kunststoffkörpers im Vergleich zum Stahlblechkörper bis zu 13 Prozent festgestellt.
- Außerdem konnte beobachtet werden, dass mit zunehmender Klebrigkeit des Bodens (feststellbar an Traktorrädern und Pflug) der Zugkraftbedarf der Kunststoffkörper im Vergleich zu den Stahlblechkörpern deutlich sinkt. Das hat zur Folge, dass aufgrund weniger Schlupf der Räder auch höhere effektive Fahrgeschwindigkeiten erreicht werden.
Fazit der traction-Redaktion
Vorerst bleibt es bei viel Stahl an unseren Pflügen. Das allerdings in verschiedenen Ausführungen, wie der "Normalvariante", speziell gehärteten Verschleißteilen oder solchen Innovationen wie DuraMaxx.
Daneben ist mit einem aus der Nische heraus wachsenden Anteil von Verschleißteilen aus Kunststoff zu rechnen. Die in fünf Jahren mit Robalon gemachten Erfahrungen sind vielversprechend.
Bei diamantartigen Beschichtungen und Keramik ist neben dem Forschungsbedarf für den Einsatz auch entscheidend, was solche Teile zukünftig kosten würden.
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