Maschinen ohne Lenkrad und nur mit Joysticks - das war für lange Zeit nicht denkbar. Spätestens mit der Einführung des Mähdreschers Ideal von AGCO, war das Thema auch in der Landwirtschaft präsent. Wir fassen zusammen, welche Maschinen bereits heute mit dem Joystick gelenkt werden und warum das gar nicht so einfach umzusetzen ist, vor allem auf der Straße.
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Steer-by-Wire: keine mechanische Verbindung
Wenn statt einer Lenksäule einfach nur Kabel verbaut sind, nennt man das Steer-by-Wire. Die Automobilindustrie steigt gerade auf die Technik auf, doch weit verbreitet ist die noch nicht. Das Problem: Mit dem Joystick oder einem Lenkrad nur mit einer elektronischen Verbindung zu lenken, ist technisch nicht besonders schwer umzusetzen. Schwieriger wird es aber, wenn man damit im Straßenverkehr unterwegs sein möchte. Das Lenksystem muss doppelt abgesichert sein und im Notfall muss das Reservesystem einspringen.
John Deere Innovationsführer bei Traktoren
Die Steer-by-wire-Technik wurde bereits sehr früh für Traktoren vorgestellt. 2017 zeigte John Deere auf der Agritechnica den 7R mit Steer-by-Wire-Lenksystem und bietet seit 2019 ActiveCommand Steering 2 an.
Das Lenkrad ist nicht verschwunden, aber statt Gestänge und Hydraulik verbinden Kabel und Sensoren die Lenkzylinder. Bei Autos ist der Umrüster Paravan nach eigenen Angaben führend. Paravan setzt bereits heute Autos auf die Straße, die mit einem Joystick lenkbar sind. Das Unternehmen rüstet Autos, Wohnmobile, Radlader, Gabelstapler oder auch Traktoren für Menschen um, die wegen einer körperlichen Beeinträchtigung nicht mit einem Standard-Fahrzeug fahren könne.
Lenken mit Joystick: kein dummer Hydraulikhebel
Ein Lenkjoystick ist kein Hydrauliksteuerhebel, der einfach den Lenkzylinder bewegt. In den Joysticks und in der Steuerung steckt mehr drin. Beispielsweise braucht man mehr Kraft, um den Joysticks zu bewegen, je schneller das Fahrzeug fährt. Experten sprechen dann von einer haptische Rückmeldung, die der Fahrer bekommt. Außerdem ist es für die menschliche Hand einfacher, einen Joystick zum Körper, statt vom Körper zu bewegen, um flüssige Lenkbewegungen zu bekommen wird das berücksichtigt. Wer einen Joystick für Fahrzeuge anbietet, sollte diese Eigenschaften beachten.
Radlader mit Joysticklenkung: Auf Baumaschinen weiter verbreitet
Der Baumaschinenhersteller Liebherr bietet seit 2019 für seine Radlader 526 bis L 586 XPower eine Joysticklenkung an. Dann gibt es in der Kabine weder ein Lenkrad noch eine Lenksäule. Gelenkt wird mit einer Hand am Joystick. Das soll bei Arbeiten mit vielen Lenkmanövern einfacher und mit weniger Kraft als mit dem Lenkrad möglich sein. Der linke Arm liegt dabei auf der Lehne und lenkt, während die rechte Hand die Schaufel steuert. Was Besonders ist: Die Position des Joysticks entspricht dem aktuellen Knickwinkel des Radladers.
Außerdem gibt es eine Kraftrückmeldung am Joystick. Je schneller der Radlader fährt, desto mehr Kraft braucht der Fahrer um den Joystick zu bewegen. In Radladern ist die Joysticklenkung weiter verbreitet als in der Landtechnik. Der Grund ist einfach: Radlader kommen in Kieswerken, Steinbrüchen oder anderen Betriebsgeländen zum Einsatz und sind ab einer bestimmten Größe nicht mehr auf der Straße unterwegs.
Neben Liebherr bieten auch andere Hersteller wie beispielsweise Cat, Hyundai oder auch Volvo Radlader mit Joysticklenkung an.

Krone Big X: Feldhäcksler mit Lenkrad und Joystick
2019 zeigte der Landtechnikhersteller Krone auf der Agritechnica erstmals eine Joysticklenkung für die Feldhäcksler-Baureihe Big X. Auch in der Kabine des Big X sitzt der Joystick für die Lenkung auf der linken Armlehne. Eine Lenksäule und ein Lenkrad gibt es aber weiterhin. Für den Ein- und Ausstieg klappt die linke Armlehne nach hinten.
Im Vergleich zum Arbeiten mit einem herkömmlichen Lenkrad sei das Arbeiten deutlich kraftsparender und ermüdungsfreierer. Der Fahrer sitzt nach Angaben von Krone entspannter als hinter einem Lenkrad und wird an langen Arbeitstagen entlastet. Die Arbeit mit dem Joystick gibt Krone aber nur für den Einsatz im Feld frei. Im öffentlichen Straßenverkehr muss der Fahrer im Big-X-Häcksler weiterhin das Lenkrad nutzen.

AGCO Ideal 10T: Mähdrescher darf mit Joystick auf die Straße
Im Sommer 2020 war erstmals der Ideal 10T bei der Getreideernte auf Deutschlands Ackerböden zu finden. Was bei dem neu gezeigten Mähdrescher fehlte, war ein Lenkrad und die Lenksäule. Die Sicht auf das Schneidwerk und den Einzug ist damit unschlagbar. AGCO mit seinen Marken Fendt und Massey Ferguson nennt die Joysticklenkung IdealDrive. Sie ist nur in Verbindung mit einem Raupenlaufwerk verfügbar.
Typische Lenkrad-Funktion wie Blinker, Licht, Hupe oder auch die Aktivierung der Spurführung legte AGCO mit auf den Joystick an der linken Armlehne. Für den Fahrer bedeutet das links lenken und rechts die Geschwindigkeit regeln. Um so auf die Straße zu dürfen, muss eine zusätzliche Batterie als sicherheitsrelevantes Bauteil angeklemmt sein. Sie sorgt dafür, dass der Mähdrescher jederzeit steuerbar bleibt.
Der Ideal von AGCO ist aktuell der einzige Mähdrescher, der mit Joysticklenkung auf dem Acker und auf der Straße unterwegs sein darf. Andere große Hersteller wie Claas, New Holland oder John Deere bieten bisher für ihre Mähdrescher keine Joystick-Lenkung an.
Rodetechnik mit Lenkjoystick: mehr Achsen
Bei Rüben- oder Kartoffelrodern gibt es bereits seit einiger Zeit Lenkjoysticks. Holmer lenkt die Hinterachse an seinen Rübenrodern Terra Dos T4 und Terra Dos 5 mit einem Joystick. Auch am Trägerfahrzeug Terra Variant sowie am Rübenreinigungslader Terra Felis gibt es diese Funktion. Die Lenkung der Hinterachse über den Joystick macht die großen Maschinen sehr wendig. Die Joystick-Lenkfunktion ist bei allen Holmer-Fahrzeugen nur im Feld aktiv. Bei Straßenfahrt ist die Hinterachslenkung mit einem Sperrventil verriegelt.

Ropa-Rübenroder: Mit lenkbarer Hinterachse um den Kreisverkehr
Roder-Hersteller Ropa bieten für den Rübenroder Tiger und die Rüben-Verlademaus eine Joystick-Lenkung an. Das soll vor allem im Kreisverkehr und bei Engstellen hilfreich sein. Unter 12 km/h kann der Fahrer mit einem Joystick die Hinterachse lenken. Dazu muss er die Hinterachslenkung am Lenkungshauptschalter entsperren. Erst wenn der Fahrer den Lenkungshauptschalter wieder sperrt, zentriert das Fahrzeug die Hinterachse und gibt wieder die maximale Geschwindigkeit frei.

Teleskoplader lenkt mit Joystick - nein, noch nicht
Während sehr viele große Radlader die Joystick-Lenkung anbieten, tun sich die Hersteller von Teleskoplader noch schwer mit dieser Technik. Auf der EuroTier 2022 zeigte Manitou eine Joystick-Lenkung für den Teleskoplader MLT 850. Die gibt es bisher nur als Konzeptstudie und wird nicht in Serienmaschinen verbaut.

Was kostet eine Joystick-Lenkung?
Bisher bieten nur wenige Landtechnikhersteller eine Joystick-Lenkung an und es gibt keine herstellerübergreifende Nachrüstsätze. Die optionale Joystick-Lenkung für den Feldhäcksler Krone Big X 630 kostet beispielsweise 4.225 Euro (ohne Mehrwertsteuer). Ein Lenkrad hat der Häcksler aber weiterhin verbaut. Fendt nennt seinen Lenkjoystick im Mähdrescher IDEALdrive. Ist er mit an Bord, kann man auf das Lenkrad verzichten und hat freie Sicht nach vorne. Den Joystick gibt es nur zusammen mit dem Deluxe-Fahrersitz (rund 3.000 Euro) und kostet 11.099 Euro.
Landmaschinen mit Joystick-Lenkung: Was bringt die Zukunft?
Derzeit ist das Angebot an Landmaschinen mit Joystick-Lenkung überschaubar. Die im Markt vorhandenen Maschinen mit dieser Lenkart sind überschaubar. Das kann sich aber bald ändern. Die guten Erfahrungen aus den Baumaschinen lassen sich auf viele Tätigkeiten in der Landwirtschaft übertragen.
Ein Nachteil von Landmaschinen, wenn es um die Verbreitung von Joystick-Lenkung geht: Durch automatische Lenksysteme ist der Fahrer bei bestimmten Aufgaben nur noch am Vorgewende gefragt und auch dort gibt es bereits automatische Wendemanöver. Trotzdem werden in den nächsten Jahren mehr Hersteller die Joystick-Lenkung für ihre Fahrzeuge vorstellen.
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