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Straßenverkehrsrecht und Forsttechnik

Chaos um Langholz-Transporte: Frust bei Speditionen und Sägewerken

Ein Langholztransport windet sich durch den Schwarzwald
am Montag, 06.03.2023 - 11:17 (Jetzt kommentieren)

Das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg beendet den Langholzerlass. Lange Holztransporte haben damit ein Problem, aber auch auf den Autobahnen haben es die Speditionen zukünftig schwerer.

Der Schwarzwald gehört zu den Regionen, in denen der Langholztransport noch eine große Rolle spielt. Viele Sägewerke haben sich auf die Verarbeitung von Langholzholz spezialisiert. Um so unverständlicher ist, dass das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg den bewährten Langholzerlass Ende 2022 ersatzlos hat auslaufen lassen. Die Folge: Holztransporte über 23 m Gesamtlänge werden deutlich erschwert. Hinzu kommt, dass die Speditionen die Fahrten auf Bundesautobahnen jetzt gesondert bei der Autobahn GmbH beantragen müssen.

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Praktiker berichtet: Keine einfache Ausnahmegenehmigung für Langholz-Transporte mehr

Paul Rehder aus Sinzheim staunte nicht schlecht, als er vor wenigen Wochen seinen neuen Holztransport-Lkw in Betrieb nehmen wollte. Er hatte das Gespann aus Lkw und ausziehbarem Sattelauflieger gerade angemeldet und benötigte – weil er mit ihm auch Langholz fährt – nur noch eine Ausnahmegenehmigung für Transporte über 23 m Fahrzeuglänge. Das Landratsamt hat sie ihm in der Vergangenheit bei all seinen Langholzfahrzeugen anstandslos für drei Jahre erteilt.

Mit dieser Ausnahmegenehmigung kann er in Baden-Württemberg flächendeckend und auf beliebigen Straßen Langholz bis 19 m Länge aus dem Wald in die Sägewerke fahren. 25 m lang dürfen seine Fahrzeuge dabei sein, plus 2 m Kranüberstand nach vorne. Die Genehmigung galt außerdem noch für Fahrten in den benachbarten Bundesländern.

Das Spedition Maier-Lierbach hat sich auf Langholztransporte spezialisiert

Langholzerlass Baden-Württemberg ausgelaufen - Genehmigung jetzt nur mit Anhörung

Bei seinem neuen Fahrzeug hat der Landkreis die gewohnte Dauergenehmigung plötzlich nicht mehr erteilt. Die Ursache dafür ist, dass der dafür grundlegende Langholzerlass in Baden-Württemberg Ende 2022 ausgelaufen ist und das Verkehrsministerium keinen neuen mehr verabschiedet hat. In Baden-Württemberg sind Langholztransporte damit seit Anfang Januar dem allgemeinen Großraum- und Schwertransport gleichgestellt. Es sei weiterhin nicht ausgeschlossen, Langholztransporte durchzuführen, schrieb uns das Verkehrsministerium dazu. Allerdings müsse von nun an bei der Genehmigung von Transporten mit einer Gesamtlänge von mehr als 23 m eine Anhörung stattfinden.

Dabei nehmen die entlang der geplanten Transportstrecke gelegenen Straßenbehörden Stellung zu den Transporten. Sie bewerten die Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer, für Straßen oder Brücken und erteilen erforderlichenfalls Auflagen. Man denke etwa an die Negativliste, mit der das Land Baden-Württemberg bestimmte Brücken für den Schwerlastverkehr sperrt.

Rundholz-Lkw nicht mit Transport von Windkraftflügeln vergleichbar

Statt einer unkomplizierten und kostengünstigen Dauergenehmigung muss Paul Rehder nun auf eine streckenbezogene und teure Einzelstreckengenehmigung warten. Und so wie ihm geht es gerade auch vielen Kollegen. Für sie ergibt das keinen Sinn, denn anders als beispielsweise beim Transport von Windkraftflügeln geht es ja nicht um einen einzelnen Transport von A nach B, sondern es handelt sich um die laufende und ganzjährige Rundholzversorgung der Holzwerke aus dem gesamten Bundesland. Die neue Regelung passt für Branchenkenner auch deshalb nicht, weil das Anhörungsverfahren beim Schwerlasttransport sich auf Fahrzeuge bezieht, die bis 60 t und mehr auf die Straße bringen. Holztransport-Lkw wiegen in normalen Jahren jedoch regulär maximal 40 t und auch nach Sturmkatastrophen sind per Ausnahmegenehmigung nur 44 t möglich.

Online-Antrage für Langholztransporte auf Autobahnen

Erschwerend kommt für die Holztransportunternehmen hinzu, dass die Landratsämter ihre Genehmigungen nicht mehr für die Autobahnen erteilen. Dafür ist seit 2021 die neu gegründete Autobahn GmbH zuständig. Sie erteilt zwar seit einer Initiative der Arbeitsgemeinschaft Rohholz (AGR) mittlerweile Dauergenehmigungen bis 27 m Gesamtlänge, man muss den Antrag aber über das online-Portal Vemags (www.vemags.de) gesondert bei ihr einreichen. Das gilt natürlich nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in ganz Deutschland. Wegen Personalmangels kommt die neue Behörde der Antragsflut jedoch nicht hinterher.

Ausnahmegenehmigungen für Langholztransporte - manche sind noch gültig

In der Praxis ist die neue Rechtslage noch nicht flächendeckend angekommen. Das liegt vor allem daran, dass die Ausnahmegenehmigungen in der Regel drei Jahre gültig sind. Wenn ein Fahrzeug Ende 2022 eine erhalten hat, kann man mit ihm also auch in Baden-Württemberg noch drei Jahre lang Langholz bis 19 m Länge fahren, auch auf der Autobahn. Dementsprechend haben einige Transportunternehmen, die wir angerufen haben, noch keine Probleme gehabt. Andere jedoch warten schon ungewöhnlich lange auf eine Antwort des Landratsamtes, und manche haben schon Ablehnungsschreiben erhalten.

Fehlender Genehmigung - Rundholzversorgung in Gefahr

Den Holztransporteuren und Waldbesitzern könnte die Rechtslage einerseits egal sein. Wenn die Forstleute den Transportschnitt in Zukunft schon bei 17 m ansetzen müssten, könnten sie mit ihren Fahrzeugen schließlich auch das kürzere Holz abfahren. Andererseits baden die Fuhrunternehmen gerade den Ärger aus, weil sie mit der Bürokratie allein gelassen werden. Betroffen sind jedoch in erster Linie die Sägewerke im Schwarzwald. Sie können die Auffassung des Verkehrsministeriums gar nicht fassen.

Langholz-Transport eingeschränkt: So ist ein Sägewerk aus dem Schwarzwald betroffen

Ein Beispiel ist das Sägewerk Kübler in Haiterbach, das jährlich rund 40 000 Festmeter Nadelrundholz einschneidet. Es kann seinen Bedarf an 19- und 21-m-Holz aktuell zwar noch decken, aber seine Stammspedition wartet bereits bei drei Langholzzügen auf die nötige Ausnahmegenehmigung – offenbar, weil die Behörden nicht wissen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. „Sollte es nicht sehr zeitnah eine Verlängerung der Genehmigung auf 25 m geben, so würde dies zu massiven Versorgungsproblemen führen, befürchtet Geschäftsführer Jörg Kübler. Mit Langholz unter 19 m Länge kann sein Unternehmen nicht viel anfangen, weil sich die Holzausbeute massiv verschlechtern würde. Er sieht die Wettbewerbsfähigkeit aller kleinen und mittleren Sägewerksbetriebe im Schwarzwald in Gefahr, die auf Langholz spezialisiert sind.

Holz-Lkws bleiben stehen - Ausnahmegenehmigung fehlt

Genauso sieht man es beim Sägewerk Finkbeiner in Triberg, das zu 80 Prozent Langholz verarbeitet. Es setzt anders als viele Mitbewerber acht eigene Holz-Lkw mit Nachläufer ein, aber fünf von ihnen stehen aktuell auf dem Hof, weil die erforderliche Ausnahmegenehmigung aussteht. „Es ist beklagenswert, wie das Verkehrsministerium mit uns umspringt,“ ärgert sich Georg Hilser, der für den Rundholzeinkauf zuständig ist.

Langholzerlass nicht verlängert: Ist parteipolitisches Gezänk der Grund?

Die Sägewerker, aber auch Marco Burkhardt und Lukas Freise von Bundesvereinigung für das Holztransportgewerbe (BdHG) bzw. der Arbeitsgemeinschaft Rohholz (AGR), haben noch keinen sachlichen Grund für die Haltung des Ministeriums vernommen. Für sie ist die Verweigerung eines neuen Langholzerlasses reiner Formalismus. Manche vermuten dahinter schlicht parteipolitisches Gezänk zwischen dem grün geführten Verkehrsministerium und dem von der CDU geleiteten Forstministerium (MLR).

Speditionen sind auf Langholz spezialisiert

Die Folgen des fehlenden Erlasses und der neuen Zuständigkeit bei den Autobahnen sind ungewiss. Um den Mehraufwand für die Genehmigung der Autobahn GmbH zu umgehen, dürften die Transportunternehmen in Zukunft bundesweit vermehrt auf die Landstraßen ausweichen. Oder sie fahren das Langholz einfach ohne Ausnahmegenehmigung ab. Manche denken offenbar schon darüber nach, den Langholztransport aufzugeben. Nur wer einen verschiebbaren Sattelauflieger oder eine Langholzbrücke für den Nachläuferzug besitzt, kann mit den Spezialfahrzeugen auch Stammabschnitte oder Industrieholz transportieren.

Langholz wichtig für Sägewerke - Kurzholz keine schnelle Alternative

Immerhin scheinen die beteiligten Ministerien die Dringlichkeit der Langholzfrage erkannt zu haben, denn sie prüfen die Handhabung des Langholztransportes gerade. Das MLR befürwortet die Ausnahmegenehmigungen für Langholztransporten bis 25 m dabei ausdrücklich. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Auffassung, dass viele Sägewerke auf Langholz angewiesen sind. „Die dort eingesetzte Sägetechnik ermöglicht es nicht, Kurzholz zu verarbeiten bzw. schnell auf Kurzholztechnik umzustellen. Die Betriebe sind oftmals vor allem durch Langholzprodukte konkurrenzfähig. Langholztransporte sind daher eine Voraussetzung für die wirtschaftliche Existenz vor allem kleiner Sägewerksbetriebe. Wenn wir die kleinen Säger im Land halten wollen, dann braucht es auch flexible Lösungen.“

Bayern und weitere Bundesländer haben Langholzerlasse verlängert

Ein Vorbild dafür gibt es bereits. In den meisten Bundesländern haben die Verkehrsminister die Langholzerlasse ohne viel Aufhebens längst verlängert. Das Bayerische Verkehrsministerium weist in einer Klarstellung für die Genehmigungsbehörden zusätzlich darauf hin, wie die streckenbezogenen Ausnahmegenehmigungen für Autobahnen beantragt werden können. Weil das immer noch kompliziert genug ist, arbeiten AGR und BdHG allerdings daran, dass die Behörden bundesweit ein Beteiligungsverfahren entwickeln, mit dem die Landratsämter auch die Autobahn GmbH einbeziehen können. Bis dahin ist hoffentlich auch in Baden-Württemberg wieder ein Langholzerlass in Kraft getreten.

Mit Material von Forstpraxis

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