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Wildrettung

Rechtsfragen zur Kitzrettung: Das müssen Landwirte beachten

Vor dem Mähen müssen Maßnahmen zur Rettung von Rehkitzen getroffen werden.
am Mittwoch, 19.04.2023 - 09:28 (2 Kommentare)

Jedes Jahr werden Rehkitze im Frühjahr bei Mäharbeiten verletzt oder getötet. Es drohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen. Wir fassen zusammen, was Sie als Landwirt tun müssen, um die Jungtiere zu schützen.

Wegen klimatischer Veränderungen und entsprechendem Futterangebot gebähren Rehe ihre Jungtiere immer früher. Und manche Landwirte haben schon vor Ostern gemäht. Wie jedes Jahr gilt es sich also frühzeitig mit dem Thema Kitzrettung zu beschäftigen.

Rehkitze im Frühjahr bei Mäharbeiten verletzt oder getötet, da sie von den Ricken in Wiesen und Futteranbauflächen abgelegt werden und sich bei Gefahr des anrückenden Mähwerks instinktiv ducken. Damit fallen die Rehkitze den Mäharbeiten zum Opfer, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt werden.

Rettung von Rehkitzen: Das ist die Rechtslage

Wer ist verantwortlich, dass die Wiese auf Kitze abgesucht wird: Der Landwirt, der Jäger oder der Fahrer, der die Wiese mäht (z.B. bei Beauftragung von Lohnunternehmen)?

  • Der Staat hat den Tierschutz im Art. 20 a GG aufgenommen. Dieser ist damit als Staatsziel und bedingt, dass Schutzmaßnahmen soweit möglich bei der Mahd zu ergreifen sind.
  • Überdies bestimmt § 1 des Tierschutzgesetzes, dass niemand ohne vernünftigen Grund Tieren Leiden und Schmerzen zufügen darf.
  • Wer das Jagdrecht hat ist zur Hege verpflichtet. Das ist nach § 3 BJagdG der Eigentümer, also meist der Landwirt: "Das Jagdrecht steht dem Eigentümer auf seinem Grund und Boden zu. (...) Das Jagdrecht darf nur in Jagdbezirken nach Maßgabe der §§ 4ff. ausgeübt werden."
  • Nach § 39 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu verletzen oder zu töten. Die Mahd ist ohne Schutzmaßnahme für sich allein kein vernünftiger Grund ein Tier zu verletzen oder zu töten. Entsprechend des sogenannten Verursacherprinzips ist somit primär der Landwirt und der Fahrer/Maschinenführer für das Absuchen seines Landes verantwortlich. Für den Jagdausübungsberechtigten ergibt sich zwar eine Mitwirkungspflicht (vgl. § 1. Abs. 1 S. 1 BJagdG – Hegepflicht), allerdings ist es der Landwirt, der durch die Mähmaßnahmen eine Gefahr setzt.
  • Überdies hat auch der Landwirt eine Hegeverpflichtung. Die Hege eines gesunden, artenreichen Wildbestandes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch dem jeweiligen Grundeigentümer (oder auch Pächter) obliegt. Nach der Rechtsprechung hat der Landwirt alle möglichen und zumutbaren Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um das Ausmähen von Kitzen zu vermeiden. Die Beauftragung eines Lohnunternehmers entbindet den Landwirt nicht per se von seiner dementsprechenden Pflicht, vielmehr müssen jenem diese Aufgaben ausdrücklich übertragen und zuverlässig durchgeführt werden.

Rehkitzrettung: Ist die Suche verpflichtend?

Wenn man Vergrämungsmaßnahmen aufstellt (optisch oder akustisch), entfällt dann die Pflicht zur Kitzsuche?

Diese Frage ist so allgemein nicht zu beantworten und hängt von der Wirksamkeit der Maßnahmen ab. Insbesondere bei jüngeren, erst kürzlich gesetzten Rehkitzen ist eine solche Maßnahme wirkungslos. Insofern ist davon auszugehen, dass die Pflicht zur Kitzsuche hierdurch nicht aufgehoben wird. Der Jagdausübungsberechtigte sollte jedenfalls rechtzeitig (bestenfalls zwei Tage vor der Mahd, spätestens 24 Stunden davor) informiert werden, im Zweifel abgesucht werden. Vergrämungsmaßnahmen sollten spätestens am Vorabend der Mahd durchgeführt werden. Ziel ist es, die Geiß zu veranlassen, die Kitze über Nacht aus dem Feld zu führen.

Im Grundsatz gilt hinsichtlich der gesamten Thematik: Es ist sowohl im Interesse des Landwirts als auch des Jagdausübungsberechtigten, Vermähen von Kitzen zu vermeiden. Je enger die Absprache und konstruktiver die Zusammenarbeit, desto wirksamer der Schutz. „Kompetenz- bzw. Pflichtenstreitigkeiten“ sind für alle Beteiligten denkbar kontraproduktiv.

Rehkitzsuche: Das ist der richtige Zeitpunkt für die Suche

Welcher Zeitraum sollte zwischen Suche und Mahd maximal verstreichen?

Je geringer der Zeitabstand zwischen Suche und Mahd, desto besser, am besten direkt davor. Vergrämungsmaßnahmen sollten mindestens einen bis maximal zwei Tage vor der Mahd durchgeführt werden, da bei früherer Durchführung ein Gewöhnungseffekt auftreten kann.

Sollten bei den Maßnahmen (Bspw. Einsatz von Drohnen) Kitze aus der Wiese geborgen werden, ist es natürlich essenziell wichtig, dass diese möglichst kurz nur „fixiert“ werden. Das „Fixieren“ (z.B. mittels Obstkiste oder Wäschekorb) außerhalb des zu mähenden Gebiets sollte natürlich nur möglichst kurz andauern, ist aber nötig, da die Kitze ansonsten zurück in die Wiese gehen.

Achtung Strafe: Das droht bei Mähtod

Was kann passieren, wenn keine ausreichenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden und ein Rehkitz zu Schaden kommt?

Bei Verstoß gegen eines der angeführten Gesetze ist laut § 17 TierSchG eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe zu verhängen. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet wird oder einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen, Leiden, länger anhaltende bzw. sich wiederholende erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt werden. Ein Verstoß liegt allerdings nur vor, wenn dies mit Absicht geschieht, oder als mögliche Folge einer Handlung billigend in Kauf genommen wird.

Natürlich hat keine Landwirtin und kein Landwirt die Absicht Tiere bei der Mahd zu töten. Für eine billigend in Kaufnahme reicht allerdings nach einschlägiger Rechtsprechung, dass keine Vorsorge getroffen wurde, obwohl im Vorjahr Rehkitze auf der Fläche vorgefunden wurden. Auch wenn bereits ein Kitz auf der Fläche getötet oder verletzt wurde, muss die Mahd unterbrochen werden und Vorsorge getroffen werden um Rechtssicherheit zu erhalten.

Es gibt bereits diverse Urteile zum Thema Mähtod. Hierbei bewegten sich die Urteile von Freispruch über Geldstrafen im Bereich von rund 1.000 bis 4.200 Euro bis hin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung.

Fördermittel zur Rehkitzrettung beantragen

Es gibt Förderungen zur Wildtierrettung: Wer kann was wo und wann beantragen?

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert auch in diesem Jahr die Anschaffung von Drohnen zur Wildtierrettung für einen festgelegten Kreis von Anwendern mit einem Volumen von zwei Millionen Euro. Förderungsberechtigt sind Kreisjagdvereine e.V. und andere eingetragene Vereine auf regionaler oder lokaler Ebene, die laut ihrer Vereinssatzung hauptsächlich in der Wildtierrettung, insbesondere in der Rehkitzrettung, tätig sind. Jagdgenossenschaften und Vereine in Gründung bzw. Vereine ohne Eintragung im amtlichen Vereinsregister sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Es werden durch die Fördermaßnahme 2021 bis 2023 in der Regel maximal 4 Drohnen gefördert. Es besteht jedoch die Möglichkeit, eine fünfte oder sechste Drohne zur Förderung zu beantragen, wenn dies hinreichend begründet wird. Dazu ist dem Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeginn eine Erläuterung beizufügen.

Das zweistufige Antragsverfahren, bei dem jeder Teilnehmer bis zu zwei Anträgen auf Förderung stellen kann, ist online oder postalisch möglich.
Der Auszahlungsantrag ist ab Anfang Mai auf der Internetseite des BLE abrufbar: www.ble.de/rehkitzrettung

Mit Material von Bayerischer Jagdverband e.V. (BJV), BLE, fliegender-wildretter.de

Wildtierrettung: So mäht man richtig

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