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Erfindung aus dem Allgäu

Rohrverteiler: Neue Gülletechnik für Schleppschuh-Verweigerer?

Der Rohrverteiler: Gülletechnik zur bodennahen Breitverteilung made im Allgäu, präsentiert beim Gülletag in Triesdorf.
am Freitag, 26.05.2023 - 05:00 (2 Kommentare)

Landwirte im Allgäu fordern Ausnahmen für die bodennahe Gülleausbringung im Grünland. Falls das nichts wird, gibt es jetzt eine neue Erfindung – aus den eigenen Reihen. Den Rohrverteiler aus Altusried.

Der Rohrverteiler aus dem Allgäu bei der Vorführung in Triesdorf, Gülletag 2023.

Die bodennahe Gülleausbringung wird ab 2025 auch auf Grünland Pflicht. Ausnahmen wird es wohl keine geben. Auch nicht im Allgäutrotz andauernder Forderungen seitens der Landwirte vor Ort. Ihre Argumente: Die Vorgaben zur Grundfutterqualität seien nicht mehr einzuhalten. Dies gelte besonders für Bio- und Heumilchbetriebe, die Eingrasen.

In hügeligen Landschaften seien Schleppschlauch, Schleppschuh oder Schlitztechnik nicht praktikabel; eine entsprechende Aufrüstung für kleinere Betriebe oft nicht leistbar. Ein regionaler Landtechnikhersteller aus Altusried (Oberallgäu) will nun Abhilfe schaffen.

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Allgäuer Gülletechnik reizt kommende Gesetzgebung aus

Die Transportbreite des Rohrverteilers beträgt 2,99 m. Die 15 cm breiten Schlitze, aus der die Gülle fließt, sind nach dem Einsatz gut zu sehen.

Der Rohrverteiler der Firma BHE Agrotec soll eine günstigere, einfachere und ebenso funktionierende wie rechtssichere Option für Grünlandbetriebe im Alpenraum sein. Er soll vor allem denjenigen imponieren, die sich für die Zukunft weder mit Schleppschuh, noch Schleppschlauch oder Schlitztechnik anfreunden können. Es handelt sich um eine Erfindung, die die kommende Gesetzgebung ziemlich ausreizt – wenn nicht überreizt. Beim Gülletag in Triesdorf präsentierten die Allgäuer ihr erstes und bisher einziges Produkt.

Bestehende Fässer sollen weiterhin genutzt werden können

Die Firmengründer der BHE Agrotec GmbH und Erfinder des Rohrverteilers: Stefan Burger (l.) und Stefan Hörmann.

Den Rohrverteiler aus Altusried gibt es mit 9 und 12 Metern Arbeitsbreite. Laut Hersteller ist der Anbau sowohl an vorbereitete Güllefässer als auch an Fässer ohne Vorbereitung möglich. Nachrüsten statt Neukaufen, lautet die Devise. Die Erfinder Stefan Burger und Stefan Hörmann wollen eine niederschwellige Lösung anbieten.

Gülleausbringung über 15 Zentimeter breite Schlitze im Rohr

Die Gülle wird über acht Schläuche ins Rohr gepumpt und über hydraulisch angetriebene Förderschnecken auf den gesamten Lauf verteilt. Das Rohr sitzt auf insgesamt vier Tasträdern (innen doppelte, außen einfache Bereifung) und wird knapp über dem Boden geführt; während die Gülle aus 15 Zentimeter breiten Schlitzen in ebenso breiten Abständen fließt.

„Wir wollten eigentlich einen durchgehenden Schlitz machen. Aber das geht nicht gemäß Düngeverordnung“, erklärt Burger. Er verweist auf eine Erläuterung zur Verordnung seitens der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Die besagt, dass unter „streifenförmig“ eine Aufbringung zu verstehen ist, bei der mindestens 50 Prozent der Fläche nicht mit Gülle benetzt sein darf und der benetzte Streifen höchstens 25 Zentimeter messen darf. (www.lfl.bayern.de)

Gülle-Bild erinnert stark an das einer Breitverteilung

Das Ergebnis des Allgäuer Rohrverteilers: 15 Zentimeter breite Güllestreifen, die die Pflanzen oberflächlich benetzen. Das Bild hinter der Maschine erinnert stark an das Resultat einer Breitverteilung. „Wir wollen es wie bisher haben. Eine Breitverteilung, nur eben in Bodennähe. Keine dicken Güllewürste, die antrocknen und am Ende ins Silo gelangen“, sagt Burger. „Wir bringen die gleiche Menge Gülle lieber auf mehr Fläche aus. Für weniger Futterverschmutzung.“

Von Gülleseparation ist Burger kein Fan. Er meint, „der Boden braucht auch Feststoffe.“ Außerdem wäre das alles zu aufwendig. Die Ausbringung soll auch in der Zukunft einfach erledigt werden können, ohne zusätzliche Arbeitsschritte oder notwendige Lagerkapazitäten. Bedeutet: Die Gülle kommt direkt aus der Grube aufs Feld; im Rohverteiler ist ein Alrena Exaktverteiler (Cutter) mit Steinfang integriert.

Rohr auf Rädern passt sich an Unebenheiten auf der Fläche an

Wichtig für die Allgäuer: der Anbau muss geländetauglich sein. Die Zylinder gehen beim Fahren in Schwimmstellung, zwei Gelenke mit Beweglichkeitswinkel von 1,10 m ins Positive und 75 cm ins Negative sorgen dafür, dass sich die Gerätschaft laut Burger an das hügelige Grünland im Alpenraum ideal anpasse. Das Rohr auf Rädern lässt sich außerdem leicht ziehen. „Man braucht also auch keinen größeren Schlepper“, erklärt Burger.

Der 26-Jährige ist selbst Landwirt mit 70 Stück Milchvieh und bringt auf seinen Flächen Rindergülle aus. Als ihm die Idee für einen bodennahen Breitverteiler als mögliche Alternative kommt, holt der Kumpel Stefan Hörmann (29) ins Boot. Der Landmaschinenmechaniker-Meister ist angefixt und gemeinsam entwickeln die Allgäuer ihre eigene Gülletechnik. Schließlich wenden sich die beiden an den örtlichen Landtechniker Richard Engelmayer, der nun ebenfalls Teil der GmbH ist.

Rohrverteiler günstiger als Schleppschlauch oder Schleppschuh

Am Markt ist der Rohrverteiler seit diesem Jahr und es wurden laut Burger auch schon „ein paar“ Geräte verkauft. Bisher ausschließlich im Allgäu. Mehr sollen folgen. Preislich ist man bei der 9-Meter-Variante mit ca. 33.000 Euro und bei der 12-Meter-Variante mit 37.000 Euro.

Die Konkurrenz beim Gülletag beäugte den Rohrverteiler aus dem Allgäu kritisch. Ob das so wirklich gesetzeskonform sein wird? Und ob die Ablage am Hang gleichmäßig möglich ist? In jedem Fall sorgte der Neuling aus dem Allgäu für reichlich Gesprächsstoff unter Herstellern und Fachleuten. agrarheute bleibt in dran.

Technische Details des Rohrverteilers aus dem Allgäu

Angaben des Hersteller:

  • Verteiler mit hydraulisch angetriebenen Förderschnecken (dreigeteilt)
  • Intervallschaltung für Förderschnecken (vorwärts und rückwärts)
  • Alrena Exaktverteiler (Cutter) mit Steinfang
  • Elektro-hydraulische Komfort-Steuerung mit automatischer Folgeschaltung
  • Hydraulik-Block mit LS-Ansteuerung (Umschaltbar auf DW)
  • Stützräder außen und mittig drehbar
  • Vorgewende-Schaltung integriert
  • Rahmen und Ausleger komplett verzinkt
  • Warntafeln mit Beleuchtung
  • Transportbreite: 2,99 m
  • Gewicht: ca. 950 kg (Typ 900) und ca. 1150 kg (Typ 1200)

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