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Spezielles

Kampf um die Besten

am Freitag, 10.02.2012 - 08:00 (Jetzt kommentieren)

Der Beruf des Landmaschinen-Mechanikers gehört inzwischen zu den technisch anspruchsvollsten Gewerken der Fahrzeugbranchen. In den klasssischen Lohnstrukturen und -dimensionen spiegelt sich das aber nicht immer entsprechend wider.

Wer mit Bananen zahlt, muss sich nicht wundern, wenn er von Affen bedient wird – dieses Zitat bringt drastisch-anschaulich auf den Punkt, was in vielen Branchen seit längerem zu beobachten ist: Dumpinglöhne und das Freisetzen fester Mitarbeiter zugunsten von Zeitarbeit oder Scheinselbstständigen. Die Billigmasche gilt nicht nur bei Discountern oder Speditionen, sondern ebenso in Tageszeitungs-Redaktionen oder im Handwerk. Stundenlöhne von fünf Euro für Friseusen oder acht Euro (brutto) für junge Dachdecker-Gesellen sind jedenfalls nicht dazu angetan, Menschen eine Perspektive zu geben, geschweige denn, sie zu motivierten Mitarbeitern zu machen. „Was geht mich das an, in der Landtechnik ist die Situation doch ganz anders“, mag der Eine oder Andere angesichts dessen jetzt denken. Richtig, ganz so krass geht es in unserer Branche nicht zu. Aber aus der Lohnperspektive sind wir in der Landtechnik in Deutschland von einer Bananenrepublik auch nicht mehr weit entfernt. „Au weia, was reißen denn die von der AGRARTECHNIK jetzt für ein Fass auf?“ mag für Sie jetzt der nächste Gedanke sein. Doch gemach, liebe Chefs: Bei allem Kostenbewusstsein geht es hier nicht um eine Sozialneiddebatte, sondern um ein ernsthaftes Problem aller Fachbetriebe in den Branchen Landtechnik, Baumaschinen und Motorgeräte: Um den Fachkräftemangel.

Finger in die Wunde legen

Auch wenn so mancher Inhaber oder Geschäftsführer sich immer noch einredet, genügend Zulauf an Lehrlingen zu haben und ein tolles Team höchst loyaler Mitarbeiter, die garantiert nicht den Arbeitgeber wechseln werden... Dies wird auch in Zukunft hoffentlich so sein – aber sicher ist das nicht. Das Problem drückt schon jetzt wie ein zu enger Schuh auf die Hühneraugen, wie ich aus vielen Gesprächen mit Händlern weiß. Grund genug für uns als Fachjournalisten, im Interesse der Branche hier mal den Finger in die sprichwörtliche Wunde zu legen.

Arbeitsaufwand vs. Lohn

Die angehenden Meister berichten immer wieder vom Missverhältnis zwischen Arbeitsaufwand und Lohn, besonders bei Landmaschinenmechniker-Gesellen. Klare Ansage ist: Neun oder zehn Euro Stundenlohn sind ein Hohn angesichts dessen, was die Mechaniker heute leisten und können sollen. Was den „mitarbeitenden Meistern“, die kein Werkstattleiter sind, heute zum Teil eingewickelt wird, ist auch nicht gerade der Hit. Und ein zertifizierter Servicetechniker kommt sich zu Recht veralbert vor, wenn er zum gleichen Lohn wie als Geselle weiterarbeiten soll. Ganz klar wird auch die Sorge artikuliert: Wie sollen wir bei dem Gehalt auf Dauer junge Leute motivieren, in Spitzenzeiten 60 und mehr Stunden pro Woche bei jedem Wetter auf dem Acker an Maschinen zu schrauben? Aus Landwirtschaft und Lohnunternehmen wird die Branche sich auf Dauer den Nachwuchs nicht allein rekrutieren können, weil es so viele Betriebe gar nicht mehr gibt. Klar, der Beruf des Landmaschinenmechanikers hat viele spannende Seiten im Umgang mit modernster Technik. Deshalb ist Imagearbeit das Gebot der Stunde und die Kampagne des LandBauTechnik-Bundesverbandes so wichtig wie richtig.

Blick in die Berufsschulpraxis

Aber was nützt eine tolle Kampagne, wenn in der Praxis die Kasse nicht stimmt? Nichts. Deshalb dazu noch ein Stimmungsbild von der Basis, genauer gesagt, des Schulleiters einer ostdeutschen Berufsschule. Anlass war die Diskussion, die Agrartechnischen Lehrbriefe der AGRARTECHNIK für die Auszubildenden über die Schule zu beziehen, da ein großer Teil der Fachbetriebe dies aufgrund der „immensen“ Kosten von 60 Euro pro Azubi und Lehrjahr nicht übernimmt. Der Schulleiter befürwortet den Sammelbezug sehr, weil er die Unterlagen für den Einsatz im Unterricht sehr schätzt, aber seine Aussage dazu lautet: "Die Auszubildenden erhalten durchschnittlich monatlich etwa 175 Euro Lehrgeld. Aufgrund dessen wird häufiges Fehlen am Blockunterricht damit begründet, die Fahrkosten nicht aufbringen zu können. Die Motivation der Schüler für den Beruf und die Teilnahme am Unterricht ist unterschiedlich. Viele sehen eine sehr geringe Perspektive im Beruf. Sie wissen, dass ihnen ihre Ausbildungsbetriebe nach der bestandenen Lehre einen Verdienst von sieben bis neun Euro pro Stunde zahlen werden. Eine Reihe von Auszubildenden, die gerade den Führerschein machen, sind bei ihren Lehrbetrieben mit bis zu 4 000 Euro verschuldet, weil sie die Kosten nicht selbst aufbringen können. Die Betriebe haben ihnen zur Bezahlung der Fahrschule einen Kredit eingeräumt, den sie zurückzahlen müssen. Unter diesen Bedingungen ist eine Direktgewinnung der jungen Leute für den AT-Lehrbrief absolut nicht erfolgversprechend."

Bestenfalls Mittelmaß

Auch wenn dies nicht in allen Teilen der Republik so drastisch zutrifft, sollte dieses Stimmungsbild zu denken geben. Sieht so der Kampf um die besten Köpfe aus? Ob Auszubildende die Lehrmaterial-, Fahrtund sonstige Kosten nun zu Recht selbst zu tragen haben oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Sie können oder wollen es nicht. Wenn ein Lehrbetrieb künftig noch junge Menschen gewinnen will, muss hier etwas passieren. Auch Personalwirtschaft ist Marktwirtschaft. Und Knappheit treibt bekanntlich die Preise nach oben. Gleiches gilt für Mechaniker und Meister. Wer glaubt, die angesprochenen sieben bis neun Euro seien ein ostdeutsches Problem, der irrt sich. Das zeigen auch Auswertungen des europäischen Händlerverbandes Climmar, die anlässlich einer Pressekonferenz während der Agritechnica 2011 präsentiert wurden. Verglichen wurden Fachbetriebe aus acht europäischen Ländern, unter anderem bezüglich der gezahlten Brutto- und Nettolöhne für Landmaschinenmechaniker, Meister und Auszubildende. Die Datenbasis lieferten rund 1 200 Betriebe, davon 313 aus Deutschland.
 
Den ganzen Beitrag mit weiteren Praxisbeispielen lesen in der aktuellen Ausgabe der AGRARTECHNIK.
 
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