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Elektrifizierung

Maschinen unter Strom: So praxisreif sind Elektroantriebe

Vollelektrifizierter Traktor SESAM von John Deere
am Dienstag, 11.04.2017 - 06:15 (Jetzt kommentieren)

Nahezu alle Hersteller von Anbaugeräten untersuchen, welchen Nutzen die Elektrifizierung bieten kann. Auch die Traktorenhersteller nehmen den Faden auf.

Die Möglichkeit der Elektrifizierung von Landtechnik war vor Jahren ein großes Thema bei den Agrar-Ausstellungen. Auf den vergangenen Messen beherrschte allerdings Precision Farming und Digitalisierung das Feld. So ist es zwischenzeitlich um die Elektrifizierung ruhiger geworden. Doch nicht zuletzt zur Sima gab es wieder nennenswerte Neuheiten und Weiterentwicklungen.

Stellt sich die Frage: Wann hält die Elektrifizierung Einzug in die Praxis bzw. wann fahren Fahrzeuge mit Elektroantrieb in der Außenwirtschaft?

So funktioniert der Diesel-Elektro-Antrieb

Durch die verschiedenen Betriebsarten kann ein Diesel-Elektro-Fahrzeug auch emissionsfrei arbeiten. Die Batterie speist dann das komplette Antriebssystem. Doch wenn die Batterie leer ist oder mehr Leistung benötigt wird, schaltet sich der Dieselmotor mit Generator zu. Der Dieselmotor wird im optimalen Wirkungsgradkennfeld mit möglichst niedriger Drehzahl betrieben. Er dient nur dazu, die notwendige Energie für das Fahrzeug bereitzustellen. Dabei ist er mechanisch völlig entkoppelt, und es besteht keine direkte Abhängigkeit von der Dieselmotordrehzahl, der Fahrgeschwindigkeit und der Zapfwellendrehzahl.

Der elek­trische Antrieb soll laut Experten mit einem deutlich besseren Wirkungsgrad als der konventionelle Antriebsstrang z. B. eines Traktors besitzen. Damit könnten die Energiekosten gesenkt und die Emissionen reduziert werden, was ein direkter Beitrag zum Umweltschutz wäre. Man muss nur berücksichtigen, woher der Strom kommt. Kohlekraftwerke sind hier kontraproduktiv, nur Wind-, Wasser- oder Solar-Strom kann völlig emissionsfrei erzeugt werden. Ein Landwirt kann/wird mit der Nutzung von Biomasse und Sonnenenergie mehr und mehr zum Energieerzeuger auch für seinen eigenen Fuhrpark.

Power-Steckdose: AC/DC am Acker

Zur Energieübertragung vom Schlepper zum Gerät braucht man eine Steckdose. Von einer standardisierten Hochvolt-Steckdose am Schlepper erhoffen sich die Entwickler Impulse für die Elektrifizierung von Landtechnik mit vielen innovativen Möglichkeiten. Hier gibt es zwei Varianten:

  • Beim AC-Modus befindet sich die Hochvolt-Schnittstelle im Abschnitt der frequenzgeregelten 480-V-Leitung von der Leistungselektronik des Schleppers zum elektrischen Antrieb auf dem Anbaugerät, etwa einem Düngerstreuer.
  • Beim DC-Modus sitzt die Steckdose bereits in der 700-V-Gleichstromleitung zwischen dem Gleichrichter und der Leistungselektronik, die in diesem Fall im Anbaugerät integriert ist.

Die Spezialisten in der Projektgruppe "High Voltage" der Agricultural Industry Electronics Foundation (AEF) arbeiten an der Entwicklung einer genormten Traktorschnittstelle für die Kraftstromversorgung von Anbaugeräten. Wie es derzeit aussieht, werden beide Systeme nebeneinander bestehen.

Entwicklungsbeispiele: Elektro-Traktoren

In den vergangenen Jahren gab es schon einige Prototypen im Bereich E-Fahrzeuge:

  • John Deere stellte schon 2011 den teilelektrifizierten Traktor John Deere 6210 RE vor.
  • Das Schweizer Unternehmen Rigi versuchte einen dieselelektrischen Antrieb für den RigiTrac EWD 120 umzusetzen.
  • In den Niederlanden haben Gemüsebauer den sogenannten Multi Tool Trac in Auftrag gegeben.
  • Auf der letzten Sima-Ausstellung erhielt John Deere eine Auszeichnung für den völlig batteriebetriebenen Prototyp-Traktor Sesam.
  • Fendt hatte zur vorletzten Agritechnica das X-Concept an einem 700er-Vario Traktor mit E-Generator vorgestellt.
  • Aus dem Prototypstadium heraus bietet u. a. Weidemann seit zwei Jahren schon den E-Hoftrac an bzw. ebenfalls praxisreif ist der E-Radlader von Kramer.

Lösungen zur Elektrifizierung von Anbaugeräte

Der John Deere RE Traktor hat eine E-Steckdose. Damit kann der E-Antrieb des Rauch-Düngerstreuers angetrieben werden bzw. der Fliegl Abschiebewagen mit elektrisch angetriebener Anhängerachse. Als Anbaugerät für den Fendt X Concept Traktor wurde der E-Antrieb des Fendt Schwaders auf der Agritechnica 2015 präsentiert. Auch der Pöttinger E-Schwader mit vier Elektromotoren kann durch einen entsprechenden elektrifizierten Traktor für eine schonende Futterernte verwendet werden oder das teilelektrifizierte Einzelkornsägerät von John Deere ExactEmerge. Einen elektrisch angetriebenen Saatgut-Seperator hat zum Beispiel Amazone bei der EDX Sämaschine.

Weitere Beispiele in der Projektphase sind der elektrische Antrieb von Aggregaten am Ropa-Roder oder  der gezogene Grimme-Roder SV 260 ermöglicht ein elektrisches Fahren mit zwei E-Motoren in den Rädern. Bei einer Krone Ballenpresse wurde schon versucht die elektrische Folienverpackung umzusetzen. Ganz neu vorgestellt auf der letzten Sima-Ausstellung hat Roussau seinen Auslegmulcher, zum einen mit hydraulischen und zum anderen mit elektrischen Antriebseinheiten.

Ausblick: Preisniveau von Elektro-Maschinen muss stimmen

Zu klären sind noch Fragen zu Sicherheitsanforderungen und Service. Und erst wenn das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt bzw. das Preisniveau für Hersteller und Praktiker passt, wird die Elektrifizierung in der Landtechnik auch Einzug in die Praxis halten und zur E-volution. Ähnlich wie es bereits eine Vielzahl an batteriegetriebenen Kleingeräten (z. B. Akku-Heckenscheren) im Gartenbau bzw. Forsttechnik (Akku-Motorsäge) gibt und dort einen regelrechten Boom ausgelöst haben.

Den vollständigen Beitrag über die Elektrifizierung der Landtechnik lesen Sie in der Ausgabe 14/2017 des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts.

Von Sesam bis Stromkabel: Elektromobilität von John Deere

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