Ein langfristig geplanter Übergang an der Spitze der Claas-Gruppe ist es nicht. In einer Pressemitteilung am 30. März kündigte das Unternehmen an, dass der bisherige CEO, Thomas Böck, zurückgetreten und Jan-Hendrik Mohr zu dessen Nachfolger berufen worden sei. Der Wechsel stehe bereits zum 1. April an.
Warum ist Claas in schwieriger Lage?
Die Lage für die familiengeführte Claas-Gruppe war in jüngster Zeit alles andere als ruhig. Zwar konnte das Unternehmen aus Harsewinkel im Geschäftsjahr 2022 einen Rekordumsatz von fast 5 Mrd. € erzielen. Das Ergebnis vor Steuern war mit knapp 170 Mio. € aber weniger als halb so gut wie im Vorjahr. Der Jahresüberschuss des Konzerns brach sogar um rund zwei Drittel auf 88 Mio. € regelrecht ein. Ein Jahr, dass den meisten anderen Landtechnik-Herstellern Traum-Ergebnisse bescherte (Lesen Sie dazu: Für diese Landtechnik-Hersteller war 2022 ein Rekordjahr), war für Claas relativ bescheiden. Die Gründe waren laut dem scheidenden Konzernchef Böck Lieferkettenschwierigkeiten und das Russland-Geschäft.
Warum kriselt das Russland-Geschäft von Claas?
Claas betreibt seit Jahren ein Werk im russischen Krasnodar. Wegen den Russland-Sanktionen der EU infolge des Krieges in der Ukraine ruht dort seit März 2022 jedoch die Produktion. Im Geschäftsjahr 2022 verbuchte der Konzern deshalb dort eine Wertminderung von rund 40 Mio. €. Hinzu kamen Vorwürfe, dass Claas die Russland-Sanktionen unterlaufe. Das Unternehmen verschob nach Bekanntwerden der Vorwürfe sogar kurzfristig seine Bilanzpressekonferenz. Eine von Claas angestoßenen Untersuchung durch die Wirtschaftskanzlei Noerr ergab jedoch, dass die Vorwürfe falsch gewesen seien. Darauf verwies der Konzern auch gegenüber agrarheute (Lesen Sie dazu: Claas sieht sich von Vorwurf des Sanktionsbruchs entlastet). Doch das Russland-Geschäft war nicht die einzige Herausforderung für Claas.
Wo hatte Claas 2022 Schwierigkeiten?
Weitere Schwierigkeiten machte Claas 2022 ein Wertminderungstest für das Werk im französischen Le Mans. Dieser zwang das Unternehmen zu einer Wertminderung von gut 20 Mio. €. Wegen einer Modernisierung musste zudem das Stammwerk in Harsewinkel seine Produktion für 22 Wochen ruhen lassen (Lesen Sie mehr unter: Claas: Russland-Misere belastet das Ergebnis erheblich). Schließlich warf das Manager Magazin im Oktober in einem Beitrag dem Unternehmen vor, Schwierigkeiten bei der Modernisierung seiner Führungskultur zu haben.
Was kommt mit Jan-Hendrik Mohr auf Claas zu?
Mit Jan-Hendrik Mohr setzen die Unternehmenseigner auf ein Eigengewächs - Mohr ist seit 1984 im Konzern und seit 2008 in dessen Leitung. Derzeit leitet er das Geschäftsfeld Getreideernte, das er auch weiterhin führen soll. Mohr sagte anlässlich seiner Berufung an die Unternehmensspitze: „Claas steht für eine hohe Technologiekompetenz, Produkte, die begeistern und eine Unternehmenskultur, die uns verbindet. Wir denken langfristig und haben eine klare Vision: unsere Kunden zu den Besten in ihrem Feld zu machen.“ Offen ist, ob ihm das gelingt. Bei der Bilanzpressekonferenz 2022 rechnete der Konzern mit kräftigem Wachstum für 2023. Umsatz und Ergebnis sollen wieder zweistellig wachsen, das internationale Orderbuch sei überdurchschnittlich gut gefüllt.
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