Ohne Reifen läuft nichts: der Traktor, der Mähdrescher, der Gummiwagen, die Palette an Anbaugeräten. Landwirte sind auf Reifen angewiesen. Doch das Embargo gegen Russland wirkt auch hier: Die Gaspreise sind hoch und Ruß, der unter anderem aus "Rußland" kommt, fehlt in der Produktion. „Landwirte sollten rechtzeitig mit ihrem Händler sprechen“, sagt Henrik Schmudde vom Reifengroßhändler Bohnenkamp in Osnabrück. „Fahren Sie nicht auf die letzte Rille. Gerade wenn die Ernte ansteht, könnte es eventuell zu einem Problem kommen, wenn unmittelbar ein bestimmter Reifen benötigt wird.“ Der Dienstleister rät zudem eine gewisse Flexibilität bei der Markenwahl mitzubringen. Aber klar ist auch: Auf blankem Metall muss niemand übers Feld fahren.
Reifenkrise hat mehrere Ursachen
Keine Frage, der Markt ist angespannt. Dabei ist das Thema nicht neu. Schon während der Corona-Pandemie ist der globale Warenstrom ins Stottern geraten. „Die Reifenknappheit hat mehrere Ursachen“, sagt Schmudde, „die Lieferketten sind gestört. Das trifft die weiten Wege genauso wie die letzte Meile zum Händler.“
Die Ukraine-Krise kommt noch on Top: Die chemische Industrie und damit auch die Reifenhersteller sind auf Gaslieferungen angewiesen. Zudem gehört in einen Reifen Ruß. Bis zu mehrere Kilo stecken in einem Reifen. Die schwarze Farbe kommt nicht von ungefähr. Und Russland produziert Industrie-Ruß oder Carbon Black in großen Mengen; 60 Prozent kommen von dort.
Reifenhersteller sind besorgt
Die Produzenten von Reifen trifft es genau wie die Kunden. „Aufgrund der Krise hat sich Michelin schon im März mit großen Logistik- und Transportproblemen bei der Versorgung seiner Werke und der Belieferung seiner Kunden konfrontiert gesehen“, sagt Maira Zöller von Michelin. Das Unternehmen hat reagiert: Um die Abläufe zu optimieren und die Lieferketten anzupassen wurde die Produktion in einigen der europäischen Michelin-Werke im März für einige Tage unterbrochen. „Aktuell hat sich die Situation in der Produktion jedoch wieder weitgehend stabilisiert“, so Maira Zöller.
Auch der Reifenhersteller Conti hat reagiert und seine Prognose für das laufende Jahr eingedampft. Was der Landwirt tagtäglich auf dem Hof und an der Zapfsäule spürt, geht eben auch an den Großen nicht spurlos vorbei.
Langfristig könnten Altreifen zum begehrten Rohstoff werden. Noch werden gut 40 Prozent verbrannt. Etliche als Beschwerung auf die Silage gepackt. Aber im Grunde ist auch hier der Rohstoff viel zu schade; Altreifen werden bereits zum Teil zu Gummimehl vermahlen und rollen dann wieder über Straßen und Ackerfurchen.
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