Was ist HVO-Kraftstoff?
HVO (Hydrated Vegetable Oil, übersetzt hydriertes Pflanzenöl) ist ein synthetisch hergestellter Dieselkraftstoff. Synthetische Dieselkraftstoffe wie HVO ähneln dem fossilen Diesel in seinen Eigenschaften so stark, dass moderne Motoren und Fahrzeuge technisch nicht angepasst werden müssen. HVO kann pur, also zu 100 Prozent als HVO100, oder mit einer Beimischung – bei einem beliebigen Mischungsverhältnis – von herkömmlichem Dieselkraftstoff getankt werden. Wegen der Austausch- und Mischmöglichkeit spricht man auch von Drop-In-Kraftstoff.
Welche Traktoren mit MAN-Motoren sind für HVO freigegeben?
Die Freigabe von MAN bezieht sich auf alle Off-Road-Motoren für die aktuellen Emissionsnormen EU Stufe V und EPA Tier 4 und darunter. Zur Verwendung mit regenerativem Diesel konkret freigegeben sind die aktuellen und früheren Baureihen der Off-Road-Motoren MAN D2862, D2842, D2868, D4276, D3876, D2676, D2876, D2866, D1556 LE, D0836 und D0834. Es handelt sich dabei um das komplette Leistungsspektrum der MAN Off-Road-Motoren von 160 bis 1.110 PS (118 bis 816 kW).
Diese Motoren laufen in den Maschinen:
- Traktoren Fendt 1000 Vario und Fendt 900 Vario (außer Vario MT)
- Mähdrescher Fendt Ideal 8, 9 und 10
- Mähdrescher Claas Lexion 6900, 7600, 7700, 8800, 8800 TT, 8900, 8900 TT
- Feldhäcksler Claas Jaguar 970, 980 und 990
- Feldhäcksler Krone BiG M 420 und 500, BiG X 1100
- Holzhacker Albach Diamant 2000
- Agro-Trucks MAN TGM, TGS und TGX
Zusätzlich zu der Verwendung von regenerativem Kraftstoff/HVO sind genannte MAN Offroad-Motoren ebenfalls freigegeben für den Kraftstoff R33, der einen Anteil von 33 Prozent an regenerativen Komponenten enthält. Davon sind 26 Prozent hydriertes Pflanzenöl (HVO) und sieben Prozent Rapsmethylester (RME). Die restlichen 67 Prozent bildet ein hochwertiger Dieselkraftstoff gemäß DIN EN590.
Pflanzenöl und Gas: Wie wird HVO-Kraftstoff hergestellt?
HVO-Kraftstoff beziehungsweise Biomass-to-Liquid (BtL, übersetzt Biomasse zu Flüssigkeit) wird auf der Basis von Abfällen und Reststoffen tierischen und pflanzlichen Ursprungs und zellulosehaltiger Biomassematerialien gewonnen, zum Beispiel altes Speisefett wie Pommes-Fett, Altöle, Kompost, Stroh bis hin zu Plastik.
Bei der Herstellung von HVO wird ein Gas (meist Wasserstoff, auch Methan oder Kohlenmonoxid) in einer so genannten Fischer-Tropsch-Synthese mit Kohlendioxid verbunden und so zu einem flüssigen Kraftstoff synthetisiert. Je nach dem Ursprung des Kohlendioxids gibt es verschiedene Bezeichungen für den Kraftstoffe. Bei Ölen, Fetten oder Flüssigkeiten spricht man von eher HVO, bei Feststoffen eher von BtL.
Ähnlich funktioniert übrigens die Herstellung von eFuels. Hier spricht man vom Power-to-Liquid-Verfahren (PtL, übersetzt Strom zu Flüssigkeit), und das Kohlendioxid kommt durch Absaugung aus der Luft.
Der Mineralölkonzern Neste schätzt, dass man bis 2040 genügend synthetische Dieselkraftstoffe erzeugen könnte, um den heutigen Energiebedarf des gesamten Verkehrs weltweit zu 40 Prozent zu decken.
Landmaschinen und Pkw: Kann jeder Diesel-Motor HVO tanken?
In vielen anderen Ländern können HVO schon seit Jahren getankt werden. Daher und auf Basis von Tests gibt es Erfahrungswerte mit den synthetischen Kraftstoffen aus Pflanzenöl für Motoren: Sie verbrennen sauberer als Diesel, laufen leiser und sind geruchsneutral.
Auch das Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing konnte die Eignung von HVO für Landmaschinen hinsichtlich technischer Zuverlässigkeit, Komponenten-Verträglichkeit sowie Leistungs- und Abgasverhalten feststellen. Mehrere Hersteller geben vor allem für neuere Modelle Freigaben für HVO. Auch die Verwendung in älteren Maschinen ist vorstellbar, wie Tests zeigen. Wenn allerdings keine Herstellerfreigaben vorliegen, bestehen rechtliche Unsicherheiten beim Einsatz.
Werner Kübler, Head of Engineering MAN Engines, meint: „Es gibt weder Leistungseinbußen noch Nachteile bezüglich der Service- und Wartungsintervalle bei unseren MAN Motoren und auch die Abgasnachbehandlung funktioniert ohne Probleme.“ Die Verwendung von besagtem regenerativem Kraftstoff hat keine negativen Auswirkungen weder auf Systemteile noch auf den Wirkungsgrad des Antriebs sowie eventuell vorhandener Abgasnachbehandlungssysteme.
Durch die Verbrennung von regenerativem Diesel emittieren Motoren bis zu 30 Prozent weniger Partikel und bis zu circa 10 Prozent weniger Stickoxide (NOx). Mikael Lindner, Head of MAN Engines, sagt dazu: „Vor allem sorgt regenerativer Diesel sorgt für eine saubere Verbrennung mit bis zu 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Abgas im Vergleich zu herkömmlichem Diesel.“
Wo gibt es HVO-Diesel für Traktoren und Landmaschinen?
In Europa gibt es 1.500 Stationen mit HVO100 sowie 9.800 Tankstellen mit HVO-Beimischungen (7-100 Prozent HVO). In Deutschland findet man vereinzelt Tankstellen, die HVO100 anbieten – hauptsächlich im Nordwesten und in Ballungsgebieten. Nicht alle Tankstellen weisen den Pflanzenöl-Kraftstoff aus. Aufgrund der teils hohen Beimischungsquoten gehen wir schätzungsweise von ca. 15.000 bis 20.000 Stationen weltweit aus. Für die Beimischungen gilt: Die meisten liegen bei 15 bis 40 Prozent HVO. In Europa kommt dann fast immer noch 7 Prozent Biodiesel dazu.
Der Verein eFuelsNow hat die HVO-Tankstellen auf dieser Karte eingetragen:
Warum gibt es in Deutschland erst jetzt die Tank-Freigabe für HVO?
Bislang waren der Verkauf und der Einsatz von paraffinischen Kraftstoffen, wie eFuels oder HVO, in Deutschland lediglich in Kraftstoffgemischen bis zur Beimischungsgrenze von 26 Prozent möglich. Ende Februar 2023 hat die Deutschen Bundesregierung aber beschlossen, die Kraftstoffnorm DIN EN 15940 in die 10. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) aufzunehmen. Erst dadurch dürfen nun diese synthetischen Kraftstoffe in Reinform an öffentlichen Tankstellen verkauft werden.
Mehr über HVO und andere synthetische Diesel und deren Einsatzmöglichkeiten in der Landtechnik lesen Sie in der aktuellen agrarheute:
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