Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Ackerbau und Bodenverdichtungen

Nexat: Warum spielt Bodendruck beim XXL-Geräteträger keine Rolle?

Beim Nexat werden für die Hin- und Rückfahrt auf dem Feld sowie für alle Arbeiten immer dieselben Fahrspuren genutzt.
am Donnerstag, 27.07.2023 - 05:00 (2 Kommentare)

32 Kubik auf 4 Rädern? Der Nexat ist ein Systemfahrzeug der Superlative. Doch kommt es durch die riesige Masse, verteilt auf wenige Reifen nicht zu schädlichen Bodenverdichtungen? Wir erklären die Hintergründe und warum dabei Controlled Traffic Farming sehr wichtig ist.

Der Systemschlepper Nexat kann vieles, auch Gülle ausbringen – und zwar 32 m³ in einem Wienhoff-Fass. Aber: Mit dem Nexat muss beim Ackerbau umgedacht werden. Der Systemschlepper führt das Arbeitsgerät nicht an der Front oder im Heck, sondern zwischen den Reifen. 

Bei agrarheute-Lesern hat das eine Diskussion ausgelöst. „60 t auf 4 Rädern?“, „Bodenverdichtung wird hier großgeschrieben“ und „Wie soll eine vernünftige Bodenbearbeitung stattfinden, wenn immer nur in eine Richtung gearbeitet wird?“ sind die Aussagen. 

Wir erklären, was hinter dem Prinzip der festen Fahrspur, dem Controlled Traffic Farming, steckt.

Auch interessant: Serienreif: Lely Exos füttert Tag und Nacht frisches Gras

Was ist Controlled Traffic Farming bzw. das Regelspurverfahren?

Das Regelfahrspur-Verfahren oder Controlled Traffic Farming (CTF) bedeutet, permanente, über Jahre beibehaltene Fahrgassen für alle Arbeitsgänge im Ackerbau und Pflanzenbau zu benutzen. Das Gegenteil ist Random Traffic, also die zufällige Überfahrt über die Flächen. Bei CTF werden die Flächen in einen Fahr- und einen Wachstumsraum getrennt. Der Gedanke dahinter: Die Bodenverdichtungen beschränken sich auf wenige Spuren, der Wachstumsraum wird geschont. 

Denn immer größere Maschinen und Achslasten erhöhen den Bodendruck. Er beträgt bei Traktoren und Feldhäckslern rund 70 bis 100 kPa (0,7 bis 1 bar), bei Mähdreschern, Transportmaschinen, Rüben- und Kartoffelrodern zum Teil das Doppelte. Je mehr Fläche verdichtet ist, desto weniger Wasser kann eindringen und gespeichert werden. Das erhöht das Erosionsrisiko und die Anfälligkeit für Trockenperioden. Ein verdichteter Boden kann außerdem weniger Luft führen. Das alles schadet dem Pflanzenwachstum. Zudem steigt der Aufwand für die Bodenbearbeitung.

Welche Erfahrung gibt es mit Controlled Traffic Farming?

Auf den riesigen Schlägen Australiens ist CTF schon seit den 1990er-Jahren verbreitet. Systeme mit einheitlichen Spurweiten für Traktoren und Erntemaschinen konnten dort Verdichtungen deutlich vermindern. Die Erträge wurden stabiler und stiegen um 5 bis 15 Prozent. Heute werden etwa 3 Mio. ha unter CTF bewirtschaftet. 

Auch in Europa sieht man das Verfahren. In Holland betreiben rund 40 Betriebe Gemüseanbau auf Flächen mit permanenten Spuren. In Großbritannien wird CTF auf rund 15.000 ha eingesetzt, meist in Kombination mit Direktsaat. Dänische Landwirte bewirtschaften eine ähnlich große Fläche mit CTF, auf der vor allem verdichtungsempfindliches Kleegras und Luzerne wächst. Im Gegensatz zur Kunstwiese hat CTF auf Dauergrünland den Vorteil, dass Saat und Bodenbearbeitung entfallen und sich die Arbeitsbreiten leichter abstimmen lassen.

Welchen Einfluss hat weniger Bodendruck auf den Ertrag?

Eine pauschale Antwort ist nicht möglich, da vieles von den individuellen Begebenheiten des jeweiligen Feldes abhängt und der Umsetzung von CTF abhängt. Es gibt verschiedene Studien zur Wirkung von CTF. Unter mitteleuropäischen Ackerbedingungen soll mit CTF ein rund fünf bis acht Prozent höherer Ertrag erzielt werden, im Gemüsebau und Grünland bis zehn Prozent.

Im holländischen Gemüsebau wurde festgestellt, dass mit CTF 15 bis 50 Prozent Energie für die Bodenbearbeitung gespart werden und im Frühjahr dreimal so viele Feldarbeitstage zur Verfügung stehen. 

Die Schweizer Forschungsanstalt Agroscope gibt außerdem an, dass CTF das Infiltrationsvermögen, die Wasserspeicherung und die Luftführung im Boden verbessert und dieser so bei klimatischen Extremen stabilere Erträge liefern kann.

Was sind die Nachteile von Controlled Traffic Farming?

Eine der größten Herausforderungen ist die Abstimmung alles Arbeitsbreiten und Spurweiten aufeinander. Besonders schwierig ist das, wenn man mit Lohnunternehmern oder Maschinengemeinschaften zusammenarbeitet. Die in Australien eingesetzten Fahrzeuge werden in Europa nicht ohne Weiteres für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Und auch wenn alle Reifen, Spuren und Arbeitsbreiten zueinander passen, muss man sich meist am Vorgewende entscheiden, ob man überlappen lässt oder nicht bearbeitet. 

Beim Nexat ist das alles kein Problem, denn es wird ja nur ein einziges Fahrzeug für alle Arbeiten genutzt. Aber auch hier können innerhalb der Fahrspuren, die nicht bearbeitet werden, Unkräuter wachsen. Außerdem kann das permanente Befahren der Spuren zur Rillenbildung führen, was wiederum die Saattiefe verändert. Entscheidend ist dabei der Kontaktflächendruck. Der Höhenunterschied muss dann gegebenenfalls ausgeglichen werden.

Controlled Traffic Farming: Beispiele in Theorie und Praxis

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...