Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Straßenverkehrsrecht

Pannenhilfe mit dem Traktor: Hier ist Vorsicht geboten

Pkw an Abschleppseil
am Montag, 27.12.2021 - 11:50 (1 Kommentar)

Wann dürfen Landwirte mit dem Traktor Pannenhilfe leisten und PKWs abschleppen? Wir haben uns für Sie erkundigt.

Landwirte dürfen Autos unter anderem dann mit dem Traktor abschleppen, wenn das Abschleppen als Nothilfemaßnahme erfolgt, um ein liegengebliebenes Fahrzeug, das eine technischen Panne hatte, die sich vor Ort nicht kurzfristig beheben lässt, schnell aus dem Verkehr zu ziehen. 

Unter welchen konkreten Umständen dürfen Landwirte Pkws abschleppen?

Wenn der Landwirt

  • im (seltenen) Einzelfall und
  • bei Gelegenheit land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten und
  • ungeplant im Rahmen der Nothilfe

eine Abschleppung vornimmt, kann dies aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom land- und forstwirtschaftlichen Zweck gedeckt sein. Insofern kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

 

Worauf müssen Landwirte beim Abschleppen besonders achten?

Abschleppen kann professionelle Kenntnisse und eine entsprechende Ausstattung erfordern. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Auto liegengeblieben ist, weil ein Unfall mit auslaufenden Betriebsstoffen stattgefunden hat oder das liegengebliebene Fahrzeug ein Elektroauto ist.

Deshalb macht es oft Sinn, Abschleppaufträge nur an professionelle Hilfeleister mit gut ausgerüsteten Abschleppfahrzeugen zu vergeben, die bei der Abschleppzentrale gelistet sind und die Mindestanforderungen der Abschlepprichtlinie Bayern erfüllen. Zusätzlich sollte immer die Schadenminderungspflicht des Abschleppenden (hier der Landwirt mit dem Traktor) bedacht werden. Das ist die Pflicht des Geschädigten (hier der Landwirt), den Schädiger (hier der Pkw-Fahrer) auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, den Schaden abzuwenden oder ihn zu mindern.

Welchen Führerschein brauchen Landwirte beim Abschleppen mit dem Traktor?

Laut Fahrerlaubnisrecht genügt zum Abschleppen eines Kraftfahrzeugs die Fahrerlaubnis für die Klasse des abschleppenden Fahrzeugs. Traktoren darf man mit den Führerscheinklassen L und T bewegen. Diese Führerscheinklassen sind für das Führen von Zugmaschinen, ihrer Bauart nach für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt und werden für solche Zwecke eingesetzt. Was unter land- oder forstwirtschaftliche Zwecke fällt, ist in § 6 Abs. 5 FeV § 6 FeV geregelt. Ein „geschäftsmäßiges“ Abschleppen ist davon nicht erfasst. 

Mit Material von Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

Wer haftet, wenn beim Abschleppen mit dem Traktor Sachschäden entstehen?

Der Halter eines Kraftfahrzeugs haftet, unabhängig davon, ob er Schuld ist oder nicht, wenn beim Betrieb des Fahrzeugs eine Sache beschädigt wird (vgl. § 7 Absatz 1 des StVG). Grundsätzlich haftet der Halter eines Traktors also für Schäden, die bei einem Abschleppvorgang an dem Pkw oder an Gegenständen Dritter entstehen.

Sind mehrere Personen für den Schaden verantwortlich, z. B. der Fahrer des Traktors und der Halter des Pkws, hängt die Höhe des Schadensersatzes davon ab, inwieweit der Schaden von den Verantwortlichen verursacht worden ist. 

Den Schaden trägt grundsätzlich die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung des betroffenen Fahrzeughalters, die auch die Regulierung mit dem Geschädigten abwickelt. Nur in besonderen Fällen (z. B. Trunkenheit im Verkehr) kommt ein Rückgriff der Versicherung in Betracht.

Wer haftet bei Sachschäden nach Fahrerflucht?

Wer haftet, wenn ein Landwirt einen Pkw-Fahrer mit dem Traktor abschleppt, dabei ein Schaden entsteht und der Pkw-Fahrer Fahrerflucht begeht? Das Bayerische Staatsministerium der Justiz teilt hierzu mit:

Sind sowohl der Landwirt als auch der Halter/Fahrer des abgeschleppten Pkw einem Dritten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, haften sie beide (§ 421 BGB als sog. Gesamtschuldner). Der Geschädigte (Dritte) kann jeden der Verantwortlichen auf Ersatz des vollen Schadens verpflichten. Ist der Landwirt bzw. seine Haftpflichtversicherung für den gesamten Schaden aufgekommen, ist der weitere Schädiger (Pkw-Fahrer/Halter) in Höhe seines Verursachungsbeitrags zum Ausgleich verpflichtet.

Muss der Landwirt die Polizei anrufen und Anzeige erstatten?

Ist der weitere Schädiger aufgrund von Unfallflucht unbekannt, empfiehlt es sich, die Polizei einzuschalten, die unter Umständen anhand der Beschreibung des Fahrzeugs den Fahrer bzw. Halter des abgeschleppten Pkw ermitteln kann. Bleiben die Ermittlungen erfolglos, kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Verein für Verkehrsopferhilfe e. V. eine Entschädigung beantragt werden. 

Mit Material von Bayerisches Staatsministerium der Justiz

Was ist der Unterschied zwischen Schleppen und Abschleppen?

Rechtlich gesehen besteht zwischen Schleppen und Abschleppen ein Unterschied. Schleppen kann auch betriebsfähige Fahrzeuge betreffen, während Abschleppen zumindest teilweise Betriebsunfähigkeit voraussetzt.

Beim Abschleppen steht der Nothilfegedanke im Vordergrund. Es ist nur in Notlagen erlaubt, betriebsunfähige gewordene Fahrzeuge bis zur nächsten geeigneten Stelle abzuschleppen. Das kann ein Parkplatz, eine Werkstatt oder Ähnliches sein. Dabei ist auch erlaubt, dass das abgeschleppte Auto nur mit einer Achse die Fahrbahn berührt (bei Hebevorrichtung an Abschleppfahrzeugen).

Schleppen geschieht, wenn ein betriebsfähiges oder ein betriebsunfähiges Fahrzeug über eine längere Strecke fortbewegt wird. Das ist beispielsweise bei Überführungen der Fall. Der Vorgang Schleppen ist nur durch eine behördliche Genehmigung zulässig.

Mit Material von www.bussgeldkatalog.org

Kommentar

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...