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Bodenverdichtungen verhindern

Traktor-Reifen: Warum diese Reifen Boden schonen

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Heike Laue
am Samstag, 12.08.2023 - 06:20 (Jetzt kommentieren)

Traktorreifen mit dem Zusatz IF und VF in der Bezeichnung sind derzeit die teuersten Reifen, die es gibt. Doch was bedeutet der Zusatz, was sind die Vorteile und wie können diese Reifen Bodenverdichtungen minimieren?

Wenn ein Landwirt morgens auf seinen Acker fährt, muss er sich zuvor genau überlegen, welchen Reifendruck er benötigt, um seine Arbeiten möglichst bodenschonend zu erledigen. Das wird gerade in Zeiten, in denen die Landwirtschaft weitgehender Einschränkungen bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen ausgesetzt ist, immer wichtiger.

Wer seinen Boden optimal durchlüftet und nicht verdichtet, bietet den Pflanzen und ihren Wurzeln ausreichend Spielraum zum Wachsen. Genau dabei kann der Einsatz von IF- und VF-Reifen unterstützen. Sie sind Trieb- oder Treibradreifen, die auf Traktoren und Selbstfahrern montiert sind, die Zugkraft übertragen und sich gut selbst reinigen.

Mehr zum Thema: Bodenverdichtung vermeiden: Reifen sind entscheidend

Was sind IF-Reifen und VF-Reifen?

Dass sie flexibel und nahezu universell einsetzbar sind, verraten schon ihre Bezeichnungen: IF- (improve flexion) und VF-Reifen (very improve flexion) unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von Traktor-Standardreifen. Ihre äußerliche Form ist identisch, die Anordnung und Anzahl der Stollen ebenfalls. Die Vorteile stecken in ihrem Innenleben, das von besonderer Qualität ist. Dabei kommt es auf die flexible Bauweise und die Zusammensetzung der Gummimischung an.

Was sind die Vorteile von IF-Reifen und VF-Reifen?

Der entscheidende Vorteil dieser beiden Reifentypen: Bei gleichem Reifendruck trägt ein IF-Reifen 20 Prozent mehr Last als ein Standardreifen, bei einem VF-Reifen ist sogar eine Mehrbelastung von 40 Prozent möglich. Die Reifenaufstandsfläche ist größer, der Grip gut, der Verbrauch von Kraftstoff verringert sich und zugleich wird der Boden geschont. Genormt sind die IF-/VF-Reifen nach der European Tyre and Rim Technical Organisation und damit auch europaweit einheitlich.

Weniger Druckanpassung, mehr Zeit für die Arbeit

Jens Friedrich ist neben anderen Spezialreifen in der Pneuhage-Unternehmensgruppe auch für Landwirtschaftsreifen verantwortlich.

Allein mit der IF-Technologie konnte der Reifendruck bei gleichbleibender Belastung bereits erheblich reduziert werden. Mit der VF-Technologie geht es noch einen weiteren Schritt nach vorne: „Sie spart enorm Zeit, weil man als Fahrer nicht mehr den Reifendruckdruck der jeweiligen Fahrgeschwindigkeit anpassen muss“, weiß Jens Friedrich von der Karlsruher Pneuhage-Unternehmensgruppe. „VF-Reifen kann man auch mit niedrigem Druck auf der Straße fahren“, erläutert der Reifen-Experte. „Der benötigte Luftdruck ist bei dem Geschwindigkeitsbereich von 0 bis zu 60 km/h identisch.“

Weniger Bodenverdichtung, mehr Wurzelraum für die Pflanzen

Damit bieten IF- und VF-Reifen einen entscheidenden Vorteil gegenüber Standardreifen: Denn bei letzteren muss der Reifendruck immer wieder neu eingestellt werden und dabei Achslast, Art der Arbeit und Geschwindigkeit berücksichtigen. Oft sind die Traktoren nicht mit einer Regelung ausgestattet, um den Druck anzupassen. Dieser wird in der Praxis häufig so eingestellt, dass er für die Verwendung des Traktors auf der Straße optimal ist und am selben Tag nicht noch ein weiteres Mal gewechselt wird, um ihn der Arbeit auf dem Feld anzupassen.

Das hat zur Folge, dass der Reifen nur selten den idealen Druck und damit auch häufig eine geringere Produktivität aufweist. Stattdessen machen es IF-/VF-Reifen möglich, Kosten zu sparen, ökologisch zu agieren und zugleich eine bessere Ernte zu erzielen. Denn wenn Landwirte den Boden durch den Einsatz eines solchen höherwertigen Reifens weniger verdichten, geben sie der Pflanze mehr Raum zum Leben, verringern den Einsatz von Düngemitteln, steigern ihren Ertrag und schützen den Boden.

Traktor von Fendt mit Trelleborg-Reifen und einem Grubber von Lemken.

Keine IF-/VF-Reifen? Gefahr von Reifenschäden bei zu niedrigem Luftdruck

Einige Hersteller von Landmaschinen haben die IF-/VF-Reifen getestet und halten sie für wirtschaftlich überlegen, weil sie den Pflanzen mehr Wurzelraum für die Nährstoffaufnahme bieten. Das sieht auch Jens Friedrich so und er weiß: „Diese beiden Reifentypen sind bereits für viele Maschinen und Fahrzeuge verfügbar.“ Die Vorteile gegenüber dem noch vielfach eingesetzten Standardreifen liegen auf der Hand. Denn dieser muss sich immer an die Tragfähigkeit und die jeweilige Geschwindigkeit anpassen, um eine Überlastung zu vermeiden. Ist der Luftdruck dann zu niedrig, besteht die Gefahr eines Reifenschadens. Ist der Druck wiederum zu hoch, ist die Zugkraft beeinträchtigt, der Dieselverbrauch steigt und auch der Schlupf ist hoch – Effizienz sieht anders aus.

Standardreifen und VF-Reifen auf einer Maschine - geht das?

Wer Standard- und VF-Reifen gleichzeitig an einem Fahrzeug einsetzen will, sollte dies tunlichst vermeiden, rät der Hersteller Bridgestone. Denn die Verformung sei bei VF-Reifen sehr viel größer. Damit ergeben sich ein unterschiedlicher Abrollumfang und möglicherweise technische Fehler, die zu Sicherheitsproblemen führen können. Dem pflichtet Jens Friedrich bei: „Man sollte grundsätzlich darauf verzichten, unterschiedliche Reifentypen an einem Fahrzeug zu verwenden.“

So hält der Traktorreifen länger

Auf Qualität kommt es in jedem Fall an, ganz gleich, ob man einen Standard- oder einen IF-/VF-Reifen verwendet: „Die Haltbarkeit von Reifen hängt von ihrer Bauweise ab, lässt sich aber auch durch das eigene Verhalten beeinflussen. Wer nicht überlädt, mit korrektem Reifendruck und angemessener Geschwindigkeit fährt, hat das selbst in der Hand“, sagt Jens Friedrich.

Können IF-/VF-Reifen eine Reifendruckregelanlage ersetzen?

Für die IF-/VF-Reifen sieht er nur zwei Nachteile, die man vor einer Anschaffung bedenken sollte. „Wenn man großvolumige Standardreifen nutzt, kann man den Reifendruck auf bis zu 0,4 bar ablassen. Der Druck eines IF-/VF-Reifens kann jedoch nur auf 0,8 bar reduziert werden.“ Zudem sei der Rollwiderstand erhöht, wenn man einen VF-Reifen mit einem Felddruck von 0,8 bar auf der Straße fahre. Daher könne eine Reifenregeldruckanlage nicht immer in Gänze durch den Einsatz von IF-/VF-Reifen ersetzt werden. „Die Regeldruckanlage ist und bleibt das Nonplusultra für eine starke Leistung auf dem Acker“, konstatiert Jens Friedrich. Und doch überwiegt bei ihm die Begeisterung angesichts der Vorteile die IF-/VF-Reifen. „Sie sind eine tolle Alternative zu Standardreifen, da sie bodenschonender und effizienter sind. Außerdem ist das Anpassen des Reifendrucks in der Regel nicht notwendig“, fällt sein Fazit über die flexiblen Reifen eindeutig positiv aus.

Video: Reifenwechsel am Traktor - So klappt er schnell und sicher

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Redaktion agrarheute