Die deutschen Milchbauern sollen angesichts drastisch gesunkener Preise Soforthilfen von mindestens 100 Millionen Euro bekommen. Über die genaue Höhe werde er noch Gespräche führen, sagte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) nach dem "Milchgipfel" mit Vertretern von Landwirten, Molkereien und Handel am Montag in Berlin.
Damit Landwirte finanzielle Engpässe überbrücken können, soll das Hilfspaket unter anderem zusätzliche Bürgschaften und steuerliche Entlastungen umfassen und grob wie folgt aussehen:
- rund 78 Millionen Euro von der Bundesregierung (auch 2017) zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung
- Möglichkeit einer steuerlichen Gewinnglättung (rückwirkend für drei Jahre) in Höhe von rund 20 Mio. Euro
- steuerlicher Freibetrag bei der Veräußerung von landwirtschaftlichen Flächen; Voraussetzung dafür soll sein, dass das Geld in die Schuldentilgung fließt und die Flächen nach dem Verkauf weiter bewirtschaftet werden.
Politik will unterstützend zur Seite stehen
Bereits im Vorfeld des Gipfels hatte sich das Ministerium über mögliche Lösungswege mit einer Vielzahl von Branchenvertretern ausgetauscht. Denn: Der Schlüssel für die Lösung der Verwerfungen auf dem Milchmarkt liegt nach Ansicht von Minister Schmidt in den Händen der Marktbeteiligten selbst. Die Politik werde dabei unterstützend zur Seite stehen. Als kurzfristige Hilfe kündigte Minister Schmidt ein Hilfspaket von 100 Millionen Euro plus x für die betroffenen Milchbauern an.
Über eine Beteiligung der Länder an den finanziellen Hilfen wird Bundesminister Schmidt in der kommenden Woche in Berlin mit seinen Länderkolleginnen und -kollegen sprechen.
Auch mit Brüssel ist der Minister in Verhandlungen über ein weiteres Liquiditätshilfeprogramm der EU. "Wenn jeder seinen Beitrag leistet, könnten wir damit ein sehr großes Paket für unsere Bauern schnüren", erklärt Schmidt. "Ein nationales Programm wird man dann - sinnvollerweise - mit einem europäischen koppeln, um nicht zuviel Bürokratie entstehen zu lassen." Ein Problem sieht Schmidt hier allerdings darin, dass die Gelder aus dem ersten Liquiditätshilfeprogramm der EU noch nicht in allen EU-Staaten abgerufen wurden.
Branchendialog Milch wird gestartet
Die Marktbeteiligten haben sich des Weiteren verpflichtet, einen Branchendialog Milch zu initiieren. Er hat das Ziel, Vorschläge zu erarbeiten, um kurzfristig die Milchmenge zu reduzieren und langfristig die Marktstruktur neu zu ordnen.
"Von Seiten der Politik unterstützen wir diesen Prozess mit rechtlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel mit kartellrechtlichen Ausnahmen, die Absprachen über die Produktionsmenge zulassen. Die rechtlichen Grundlagen passen wir an, dann ist es aber Aufgabe der Molkereien sich mit den Bauern über Produktionsmengen und Absatzmöglichkeiten zu verständigen", erläuterte Bundesminister Schmidt und fügte hinzu: "Wir wollen keine Landwirtschaft, die am Tropf von Hilfszahlungen hängt. Wir brauchen weniger Milch für bessere Preise."
Rukwied: Programm muss erheblich aufgestockt werden
DBV-Präsident Joachim Rukwied erwartet von der Bundesregierung, dass das angekündigte Liquiditäts- und Bürgschaftsprogramm in Höhe von "100 Millionen Euro plus x" noch erheblich aufgestockt wird, um die politisch verursachten Erlöseinbrüche auch nur teilweise ausgleichen zu können. "Das Paket geht aber in die richtige Richtung und muss politisch so schnell wie möglich umgesetzt werden. Auch die die EU-Kommission muss weitere Unterstützungsmaßnahme auf den Weg bringen", forderte Rukwied am Rande des Milchgipfels.
Einig sei sich der Milchgipfel gewesen, dass der Handlungsbedarf vor allem bei den Molkereien besteht, um gemeinsam mit den Milchbauern neue Wege der vertraglichen Lieferbeziehungen zu gestalten und so eine markt- und wertschöpfungsorientierte Mengenanpassung zu erreichen. "Diese Vertragsmodalitäten für eine marktorientierte Mengensteuerung müssen unter Einbeziehung des Lebensmitteleinzelhandels gefunden werden", sagt Rukwied.
Der Bauernpräsident begrüßte das Bekenntnis des Lebensmittelhandels zur deutschen Milcherzeugung mit ihrer hohen Qualität und Liefersicherheit. "Vom Lebensmittelhandel erwarte ich deshalb aber auch, dass er die jüngsten, völlig unverantwortlichen Kontraktabschlüsse mit den Molkereien neu verhandelt."
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