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Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung

Antibiotikaverbot: Tierschutzbund unterstützt praktizierende Tierärzte

Spritze Antibiotika Rinderhaltung
am Dienstag, 17.08.2021 - 07:10 (1 Kommentar)

In der EU droht ein Verbot wichtiger Antibiotika in der Tiermedizin. Der Deutsche Tierschutzbund unterstützt die Kampagne des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte (bpt).

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt und unterstützt die Initiative des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte (bpt), der eine eine Unterschriftenkampagne gegen ein EU-weites Anwendungsverbot bestimmter Antibiotika im tiermedizinischen Bereich gestartet hat. „Natürlich lehnen wir den pauschalen prophylaktischen Einsatz von Antibiotika ab. Das muss weiterhin reduziert werden. Aber hier wird eine Scheinlösung präsentiert, auf Kosten von Hunden, Katzen, Schweinen, Pferden und allen anderen Tieren“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. 

Antibiotikaresistenzen müsse stattdessen auf eine kluge und ganzheitliche Art vorgebeugt werden - in der Landwirtschaft besonders auch durch bessere Haltung und eine robustere, weniger leistungsorientierte Zucht. Zudem sollte die in der tierärztlichen Hausapothekenverordnung festgelegte Antibiogrammpflicht weiter gestärkt werden. „Einfach bestimmte Wirkstoffe strikt verbieten statt das Problem an der Wurzel packen, ist aus Tierschutzsicht nicht der richtige Weg - und ginge zu Lasten all der kranken Tiere, die auf diese Medikamente in einer Behandlung angewiesen sind", erklärt er. 

Hintergrund: Neue EU-Tierarzneimittelverordnung

2019 wurde die neue EU-Tierarzneimittelverordnung verabschiedet. Nun müssen EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament bis zum Inkrafttreten des Gesetztes im Januar 2022 in einem Nachfolgerechtsakt festlegen, welche Antibiotika künftig für den Menschen vorbehalten bleiben. Diese Mittel wären damit künftig für den Einsatz in der Tiermedizin verboten. 

Im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des EU-Parlaments (ENVI) wurde Mitte Juli über einen von der Kommission dazu vorgelegten Entwurf für die Verordnung abgestimmt. Aus für den bpt nicht nachvollziehbaren Gründen hat der ENVI den auf wissenschaftlicher Expertise basierenden Kommissionsvorschlag abgelehnt, obwohl er mit der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), sowie EFSA, ECDC, OIE und WHO abgestimmt war. Der Deutsche Tierschutzbund und der Bundesverband Praktizierender Tierärzte betonen, dass dieser Ansatz einen übergreifenden sogenannten „One–Health“-Ansatz darstelle.

Deutsche Umwelthilfe kritisiert Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung

Die Deutsche Umwelthilfe dagegen kritisiert den Ansatz des bpt und des Deutschen Tierschutzbunds. Die Deutsche Umwelthilfe fordert von EU-Parlament und -Kommission, den massenhaften Einsatz von Reserve-Antibiotika in der industriellen Tierhaltung schnellstmöglich zu verbieten.

Dazu äußert sich Reinhild Benning, Agrarexpertin der Deutschen Umwelthilfe: "Das Interesse einiger weniger Tierärztinnen und Tierärzte mit engem Draht zur Agrarindustrie ist dabei so durchschaubar wie unmoralisch: Werden Hund und Hamster in der EU-Regel weiter in einen Topf geworfen mit Lebensmittel-Tieren, dürfen weiter tonnenweise Antibiotika im Trog der Massentierhaltung landen – zum Profit einiger weniger Tierarztpraxen, die bis zu 78 Prozent ihres Umsatzes durch den Verkauf von Tierarzneimitteln scheffeln." Das trage zu Antibiotikaresistenzen bei und gefährde die Gesundheit von Menschen und Haustieren. "Wir rufen deshalb alle verantwortungsbewussten Tierärztinnen und Tierärzte auf, gemeinsam für den Erhalt aller Therapiemöglichkeiten bei Einzeltieren, eine strenge Regulierung bei der Massenmedikation in industriellen Tierhaltungen sowie für mehr Tierschutz im Stall zu kämpfen", erklärt die Sprecherin der Deutschen Umwelthilfe weiter.

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