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Bauernproteste in den Niederlanden: Wer steckt dahinter?

In den Den Haag (Niederlande) kam es wieder zu einer großen Bauerndemonstration. Es ging aber um mehr, als um die Vorgaben zur Stickstoff- und Ammoniakreduktion.
am Montag, 13.03.2023 - 16:31 (9 Kommentare)

In den Niederlanden gab es wieder Proteste gegen die hohen Umweltauflagen, die für die Tierhalter existenzbedrohend sind. Aber sind es wirklich nur die Bauern, die dort demonstrieren?

Deutsche Landwirte ächzen zurecht unter den politischen Rahmenbedingungen mit immer neuen Auflagen und gleichzeitig fehlender Planungssicherheit. In den Niederlanden ist die Lage noch schlimmer, die Landwirte sind verzweifelt, sie stehen wegen der hohen Umweltauflagen mit dem Rücken an der Wand.

So will die Regierung zum Beispiel den Schadstoffausstoß drastisch reduzieren. Die Emissionen von Stickstoff und Ammoniak sollen bis 2030 um 50 Prozent gesenkt werden. Nach Einschätzung der niederländischen Regierung müssten rund 30 Prozent der viehhaltenden Betriebe aufgeben, um die Ziele zu erreichen.

Werden die Bauernproteste unterwandert?

Schon im vergangenen Sommer kam es deshalb immer wieder zu Protesten: Landwirte blockierten Verteilzentren von Supermärkten und bildeten mit ihren Treckern Straßenblockaden. Vereinzelt fielen sogar Warnschüsse durch die Polizei.

Vergangenen Samstag war es wieder so weit. Rund 25.000 Menschen protestierten im Zuiderpark in Den Haag (Niederlande). Die Demo wurde von Berufsverbänden des rechten Spektrums wie den Farmers Defence Force (FDF) und der Bewegung der früheren Corona-Gegner „Samen voor Nederland“ (Gemeinsam für die Niederlande) organisiert.

Auch rechtspopulistische Parteien riefen zum Protest auf. Unter anderem sprach der rechtspopulistische Politiker Geert Wilders (PVV) zu den Demonstranten und rief sie auf, bei den Provinzalratwahlen nicht die derzeitigen Koalitionsparteien zu wählen. Für Wilders sei die Diskussion um die Stickstoffemissionen nur ein Vorwand um die Bauern zu verjagen und das Land mit tausenden von Asylbewerberheimen vollzustopfen.

Sind das noch echte Bauernproteste?

Nicht zuletzt aufgrund solcher Auftritte distanzierten sich zum Beispiel der niederländische Bauernverband (LTO) und die Aktionsgruppe Agractie von der Demo am Samstag in Den Haag.

„Dies ist überhaupt kein Bauernprotest“, sagte Sjaak van der Tak von LTO Nederland laut der Zeitung Voorburgsdagblad dem Telegraaf. „Dies wird ausschließlich von der Farmers Defence Force organisiert und darüber hinaus gibt es alle möglichen Corona-Protestgruppen. Wir unterstützen diesen Protest nicht und werden nicht anwesend sein.“

Auch der Vorsitzende von Agractie, Bart Kemp, wird am Samstag zu Hause bleiben. „Wenn jemand hingeht, ist das seine Sache. Ich weiß nicht, wofür die Demonstration steht und was das Ziel ist. Wir unterstützen sie nicht und kommunizieren auch nicht über sie.

Werden die niederländischen Bauern radikaler und gewaltbereiter?

Insgesamt würden die Bauern laut der WirtschaftsWoche immer radikaler, das würden Umfragen zeigen. Und nach Angaben der Anti-Terrorismusbehörde würden sich immer häufiger gewaltbereite Gruppen an die Proteste hängen.

Am Samstag wollte die FDF ursprünglich mit 5.000 Traktoren in den Zuiderpark kommen. Es wurden auch 100.000 Demonstranten erwartet. Den Haags Bürgermeister Jan van Zanen entschied, dass maximal 25.000 Demonstranten willkommen seien und nicht mehr als zwei Traktoren. Trotz des Verbots machten sich aber dutzende Landwirte mit ihren Traktoren auf den Weg. Die Behörde erließ eine Notverordnung und ließ wichtige Zugangsstraßen und Kreuzungen auch mit Armeefahrzeugen blockieren. Die Polizei stoppte zudem Traktorkolonnen im Nordwesten der Stadt und holte sie von der Straße.

Einem Radlader gelang es jedoch, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen, so dass eine LKW-Kolonne auf das Demonstrationsgelände fahren konnte. Der Fahrer des Radladers widersetzte sich der Festnahme, dabei seien zwei Beamte leicht verletzt worden. Später kam es nach einem Tumult zu einer weiteren Festnahme. Danach sei der Protest, wie unter anderem das niederländische Portal Nieuweoogst berichtete, friedlich zu Ende gegangen.

Geht es bei den Demonstrationen nur um die Umweltauflagen?

Nach Angaben der FDF ging es bei dem Protest nicht nur um die Stickstoff- und Agrarpolitik, sondern auch um den erzwungenen Aufkauf landwirtschaftlichen Betrieben und eine Reihe anderer sozialer Probleme wie die Zulagenaffäre, die Gaskrise in Groningen und den unter Wasser stehenden Häusern in Groningen und Limburg.

Laut tagesschau.de beherrscht das Stickstoffthema den derzeitigen Wahlkampf. Am 15. März wählen die Niederländer ihre Provinzparlamente. Dann bestimmen sie auch die Zusammensetzung der Ersten Kammer des Parlaments. Sie ist vergleichbar dem Bundesrat.

Nach Umfragen steht – so tagesschau,de weiter - ein deutlicher Rechtsruck bevor, mit der Protestpartei Bauer-Bürger-Bewegung als großem Sieger. Der Koalition aber droht eine riesige Schlappe, und sie kann dann womöglich ihre Pläne nicht länger durchsetzen.

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