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Dumpingpreise

Nach Corona-Hotspot bei Tönnies sagt Klöckner: Fleisch ist zu billig

Abgepacktes Fleisch im Sonderangebot
am Montag, 22.06.2020 - 15:35 (2 Kommentare)

Über 1.300 Mitarbeiter sind bei Tönnies mit dem Coronavirus infiziert. Julia Klöckner will jetzt eine Tierwohlabgabe. Fleisch sei zu billig.

Über 1.300 Mitarbeiter des Schlachtunternehmens Tönnies sind mit SARS-CoV-2 infiziert. Die Produktion steht mindestens 14 Tage still. Damit rücken problematische Zustände in der Fleischproduktion wie Werkverträge, die Unterbringung der Werkarbeiter und Dumpingpreise wieder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion.  

Der Ausbruch des Coronavirus könnte jetzt das Rennen um immer neue Billigangebote für die Verbraucher stoppen. So sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gegenüber der dpa: „Fleisch ist zu billig.“ Sie setzt sich nun auch für eine Tierwohlabgabe ein, wie sie die Borchert-Kommission bereits im Februar empfohlen habe.

Die Ministerin stellte klar, dass sich auch für Verbraucher etwas ändern muss. Die Tierwohlabgabe sei eine gemeinsame Investition in eine andere Haltung. Denn höhere Anforderungen erschweren den Betrieben sonst den Wettbewerb.

Stallumbauten bürokratisch erleichtern

FDP-Fraktionsvize Frank Sitta kritisierte, dass das Geld einer Tierwohlabgabe bei keinem Schwein ankommen werde. Statt emotionalisierte Debatten unsachlich zu befeuern, müssten Stallumbauten bürokratisch erleichtert werden.

Laut Klöckner zeige das Beispiel Tönnies, dass Größe einen Negativpreis habe. Damit kritisierte sie die Zentralisierung der Schlachtbranche. Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte nach Gesprächen im betroffenen Kreis Gütersloh am Sonntag, mit der Fleischwirtschaft könne es keine freiwilligen Vereinbarungen geben, sondern nur klare gesetzliche Vorgaben. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat nach dem massiven Corona-Ausbruch das Vertrauen gegenüber Tönnies verloren. In der Branche müsse sich etwas ändern.

Scharfe Kritik an Tönnies

Insgesamt wird der Ton gegenüber der Unternehmensleitung von Tönnies rauer. So musste der Kreis, um die Kontakte der Mitarbeiter der Firma Tönnies nachverfolgen zu können, erst eine Ordnungsverfügung verhängen. Dieser konnte das Unternehmen nicht nachkommen, woraufhin die Behörden gemeinsam am Freitagabend in die Konzern-Zentrale gegangen sind. Clemens Tönnies wies die Kritik zurück. Das nicht alle Adressen sofort vorgelegen haben, hätte am Datenschutz gelegen.

Eins wurde deutlich: Das Vertrauen, das die Verantwortlichen im Kreis Gütersloh in die Firma Tönnies setzen, ist auf Null. Zudem schließt Heil nicht aus, das Unternehmen, aber auch Clemens Tönnies selbst, in Haftung zu nehmen.

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