Herpesviren können bei Pferden verheerende Schäden verursachen. Eine besonders aggressive Variante des Erregers verbreitet sich jetzt von Spanien aus nach Europa hinein.
Inzwischen sind auch deutsche Pferde betroffen, die sich gemeinsam mit ihren Reitern bei einer mehrwöchigen Turnierserie im spanischen Valencia aufhielten. Kritik kommt von den Reitern und Pferdebesitzern, weil die Warnung vor Ort viel zu spät weitergegeben worden sei. Bereits am Sonntag vor einer Woche, so berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), seien mehrere Pferde schwer erkrankt, von denen mittlerweile mehrere Tiere verendeten, darunter vier aus Deutschland.
Update 6. März: Inzwischen sind fünf deutsche Pferde verendet, zwei davon davon nach ihrer Rückkehr nach Deutschland. Derweil greift die Seuche europaweit massiv um sich. Die Internationale Reitsportvereinigung (FEI) spricht von einer "sehr großen Anzahl von schweren klinischen Fällen"
Bereits mehrere erkrankte Tiere haben Valencia verlassen
Inwieweit das Virus von Valencia in andere europäische Staaten verschleppt wurde, ist noch unklar. Der Weltverband des Pferdesports FEI geht allerdings davon aus, „dass eine große Anzahl von Pferden den Veranstaltungsort in Valencia ohne ein offizielles Gesundheitszeugnis verlassen hat“. In einer Mitteilung hieß es weiter: „Einige Pferde waren bereits krank, und das Risiko einer Übertragung von diesen Pferden ist ein großes Problem.“
Mindestens drei weitere europäische Staaten sollen inzwischen von der Seuche betroffen sein, heißt es von seiten der FEI. Da Herpesinfektionen nicht anzeigepflichtig sind, ist die Lage für Deutschland noch unklar.
Was also müssen Pferdebesitzer hierzulande jetzt wissen? Wir haben einige Punkte für Sie zusammengefasst.
Was sind Herpesviren und wo treten sie auf?
Herpesviren verursachen bei Mensch und Tier verschiedene Erkrankungen. Wir kennen bei uns vor allem die lästigen Lippenbläschen. Aber auch die gefährliche Gürtelrose wird von einem Herpesvirus hervorgerufen.
Haus- und Wildtiere erkranken zum Teil wesentlich schwerer als der Mensch. Beim Pferd sind fünf Herpesvirustypen (Equines Herpesvirus – EHV) bekannt. Die Krankheit bricht – ähnlich wie Lippenherpes beim Menschen – vor allem dann aus, wenn Stressfaktoren auf den Organismus wirken. Aber auch andere Begleitumstände (wie anderweitige Infektionen) haben offenbar einen Einfluss. Deshalb kommt es gelegentlich zu seuchenartigen Ausbrüchen.
Das spanische Herpes-Virus gehört zum Typ EHV1, der allgemein gemeinsam mit EHV4 als der mit der höchsten Schadwirkung gilt.
Auf welche Symptome sollten Pferdebesitzer achten?
EHV1 führt bei Pferden zu einer Vielzahl von Symptomen. Erste Anzeichen für eine Herpesinfektion beim Pferd können folgende sein:
- Atemwegsprobleme
- (hohes) Fieber
- Appetitlosigkeit
- Lethargie
- Nasenausfluss
- geschwollene Lymphknoten
- nervöse Störungen
- Lähmungserscheinungen
- dauerhafte Rückenmarksschädigungen
- Aborte im letzten Trächtigkeitsdrittel
Vor allem die Nervensystemsymptomatik kann schnell zum Tod oder zu unheilbaren Schäden führen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen gibt es?
Von einer Herpesinfektion betroffene Betriebe werden unter Quarantäne gestellt, um eine Weiterverbreitung der Krankheit im Pferdebestand zu unterbinden.
Bei erkrankten Tieren kann der Tierarzt die Symptome beispielsweise mit Entzündungshemmern, Schmerzmitteln und Antibiotika (gegen Nachfolgeinfektionen) lindern. Das Virus selbst ist nicht bekämpfbar. Schafft der Organismus es nicht, den Krankheitsschub zu besiegen, bleibt manchmal nur die Euthanasie.
Infizierte Pferde bekommen das Herpesvirus nie mehr los. Ähnlich wie beim Lippenherpes des Menschen verkapselt sich der Erreger im Körper (Nerven- und Lymphsystem) und lauert auf die nächste Immunschwäche, um erneut krank zu machen. Während dieser Ruhephasen kann der Körper das Virus nicht bekämpfen.
Die beste Prophylaxe ist in diesen Fällen daher Stressminimierung und eine allgemeine Stärkung des Immunsystems. Empfohlen wir eine regelmäßige Impfung der Pferde gegen Herpes (EHV1 und 4). Eine Infektion lässt sich auch damit nicht sicher verhindern, allerdings wird das Dauerausscheiden des Erregers bei infizierten Pferden minimiert, sodass Neuansteckungen unwahrscheinlicher werden.
Wie kann eine Herpesansteckung von Pferd zu Pferd unterbunden werden?
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) rät auf ihrer Internetseite Pferdebesitzern (vor allem nach Kontakt mit betroffenen Tieren/Ställen) zu täglichen Kontrollen ihrer Pferde hinsichtlich:
- Allgemeinzustand
- Fressverhalten/Appetit
- Körpertemperatur
Beim Auftreten von Symptomen sollte das betroffene Pferd sofort isoliert und jeglicher Kontakt zu anderen Ställen/Pferden/Betreuern eingestellt werden. Es ist umgehend ein Tierarzt zu verständigen.
Die Verbreitung von Herpes erfolgt meist per Tröpfcheninfektion über direkten Kontakt. Da aber auch Menschen und Ausrüstungsgegenstände die Krankheit übertragen können, ist auf strengste Hygiene zu achten. Erkrankte Pferde, Verdachtsfälle und Tiere mit vorherigem Kontakt zu erkrankten Pferden sind von der Herde zu trennen und dürfen keinesfalls mit anderen aus gemeinsamen Krippen fressen oder Tränken saufen. Reit- und Arbeitsausrüstungen sind strengstens auf jeweils ein Pferd zu beschränken.
Sind Menschen und andere Tierarten durch das Herpesvirus gefährdet?
Das Equine Herpesvirus (EHV) ist keine Zoonose. Weder ist also der Mensch infizierbar, noch kann eine menschliche Herpeserkrankung aufs Pferd übertragen werden. Auch andere Tierarten sind nicht gefährdet – abgesehen von nahen Verwandten wie Eseln, Mauleseln und Maultieren.
Da der Mensch und beispielsweise Hofhunde und Hofkatzen allerdings als Vektoren dienen und den Herpes-Erreger weitertragen können, sollten erkrankte Tiere nur von bestimmten Personen gepflegt und Hunde und Katzen aus dem Quarantänebereich ferngehalten werden.
Erfahren Sie zudem auf agrarheute, was Sie über Zoonosen wissen sollten und welche Infektionskrankheiten zu den Zoonosen gehören.
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