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Legehennenhaltung

Kükentöten: Diese sieben Fakten sollten Sie kennen

Was bedeutet Kükentöten? Was ist in Deutschland erlaubt und welche Alternativen gibt es? agrarheute hat die Fakten zusammengetragen.
am Donnerstag, 30.03.2023 - 05:00 (12 Kommentare)

Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Kükentöten? Werden die Küken wirklich lebendig geschreddert? Und ist es in Deutschland erlaubt? agrarheute hat die Fakten zusammengetragen.

Flauschig gelbe Eintagsküken, die brutal lebend geschreddert werden: Dieses Bild wird von Medien und Tierschützern immer wieder gerne genutzt, wenn es um das Kükentöten geht. Deshalb haben es wohl auch noch viele Verbraucher sofort im Kopf.

Dabei geschieht dies in Deutschland schon lange nicht mehr - und zwar aus Gründen. Zeit also, mit den Mythen und Halbwahrheiten rund um das Thema Kükentöten aufzuräumen und die Fakten zusammenzutragen.

1. Was versteht man unter Kükentöten und warum wird es gemacht?

Unter dem Kükentöten versteht man das Töten männlicher Eintagsküken in der Eierproduktion. Die kommerziellen Rassen in der Legehennenhaltung sind so hoch spezialisiert, dass sich eine Mast der männlichen Küken, die naturgemäß keine Eier legen können, wirtschaftlich nicht lohnt. Deshalb werden diese Küken in der Regel unmittelbar nach dem Schlupf getötet.

Das Kükentöten betrifft in der Regel ausschließlich die männlichen Küken von Legehybriden. Das sind spezielle Züchtungen, deren Legehennen besonders viele Eier legen. Vor dem Verbot wurden in Deutschland laut des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) rund 45 Mio. männliche Küken pro Jahr getötet, am Tag sind das rund 123.000 Tiere.

2. Wie wird das Kükentöten durchgeführt?

Die meisten Küken werden mit Kohlendioxid betäubt und anschließend getötet. Früher, beziehungsweise in anderen Ländern, gibt es noch die Methoden des Erstickens und Schredderns.

3. Was passiert mit den getöteten Küken?

Das tote Eintagsküken ist ein wertvolles Futtertier für Wildparks, Wildtierauffangstationen oder Greifvogelstationen. Sie lassen sich vermarkten und genau deshalb werden sie nicht (mehr) geschreddert.

Es gibt Schätzungen von Wissenschaftlern, dass die 45 Mio. getöteten Küken in Deutschland den Bedarf an Futterküken nicht decken, sondern sogar noch Tiere aus den Niederlanden oder Polen importiert werden müssen.

Genau deshalb empfahl der Bundesrat auch eine Ausnahmeregelung für Futtertierabnehmer. Es sollte ein Erlaubnisvorbehalt geben, Küken zu Futterzwecken töten zu dürfen. Dies stelle einen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes dar. Es wäre nicht sinnvoll, hierfür andere Tiere aufzuziehen und zum Zwecke der Verfütterung töten zu müssen, obwohl männliche Küken aus Legelinien zur Verfügung stehen könnten. Dies Ausnahme schaffte es nicht in das Gesetz.

4. Seit wann ist das Kükentöten in Deutschland verboten?

Im Gesetz steht: "Es ist verboten, Küken von Haushühnern der Art Gallus gallus zu töten." Damit ist das Kükentöten am 1. Schlupftag in Deutschland seit dem 1. Januar 2021 verboten – außer aus Gründen der Tiergesundheit oder Seuchenbekämpfung.

In einem zweiten Schritt sollte ab dem 1. Januar 2024 das Töten der männlichen Hühnerembryonen im Ei nur noch bis zum 7. Bruttag erlaubt sein. Aktuell sieht es aber nach einer Lockerung aus: Aufgrund neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse, ab wann Hühnerembryonen Schmerz empfinden können, soll die Geschlechtsbestimmung von Küken im Ei bis zum 12. Bruttag möglich sein.

Zudem habe das BMEL erkannt, dass derzeit keine marktreifen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung vor dem siebten Bebrütungstag zur Verfügung stehen. Der Zeitpunkt für deren kommerzielle Anwendung sei noch nicht absehbar.

5. Wie handhaben andere Länder den Umgang mit Eintagsküken?

Auch EU-weit wird immer wieder ein Verbot des Kükentötens gefordert. Zuletzt von insgesamt neuen Mitgliedsstaaten, zu denen auch Deutschland gehörte. Damit wollen die Länder die Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU wiederherstellen.

 In vielen EU-Ländern ist es jedoch weiter erlaubt. Deshalb macht die deutsche Geflügelwirtschaft immer wieder auf den Wettbewerbsnachteil in Deutschland aufmerksam.

6. Welche alternativen Methoden zum Kükentöten nutzt Deutschland?

Es gibt verschiedene Ansätze. Am vielversprechendsten und wirtschaftlichsten ist die Geschlechtsbestimmung und das Töten der männlichen Embryonen im Ei.

Daneben gibt es die Bruderhahnaufzucht. Diese wird aber selbst von Tier- und Klimaschützern kritisch gesehen. „Lieber das Risiko eines kurzen Schmerzes beim Zerstören des Eis eingehen, der bei der Geschlechtsfrüherkennung passiert, als Tiere groß zu hungern und sie für Tierfutter großzuziehen“, sagte zum Beispiel Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.

Außerdem wird wieder vermehrt in Richtung eines echten Zweinutzungshuhn geforscht und gezüchtet.

7. Welche Auswirkungen hat das Verbot des Kükentötens auf Tier- und Umweltschutz?

Ein Knackpunkt, den zum Beispiel auch die Albert Schweitzer Stiftung nennt, ist die Verlagerung der Produktion ins Ausland. Dort gibt es aber oftmals noch weniger Kontrollen und Vorgaben zum Thema Tierschutz.

Das Großziehen der Bruderhähne aus Legehennenlinien lasse sich laut Wissenschaftler kaum wirtschaftlich darstellen. Die Hähne aus Legelinien sind nun mal keine Masttiere. Sie wachsen langsam und bilden wenig Fleisch und kaum Fett. Nicht umsonst heißt es deshalb Bruderhahnaufzucht und nicht -mast. Von Mästen könne keine Rede sein, es ist einfach nicht effizient. Der Aufwand für die Aufzucht ist weder wirtschaftlich noch nachhaltig.

Ähnlich sieht es derzeit noch beim Zweinutzungshuhn aus. Und auch die Verbraucher lecken sich nicht unbedingt die Finger nach dem verhältnismäßig teuren Fleisch der Bruderhähne. Es lande zumeist in Convenience-Produkten, Brühpasten oder Tierfutter.

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