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Geschlechtsbestimmung im Ei

Kükentöten: Özdemir hört auf Wissenschaft und plant Gesetzeslockerung

Das Töten von Eintagsküken ist verboten. Doch ab wann empfinden die Embryonen im Ei Schmerzen? Die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse haben das BMEL offenbar dazu bewogen, über eine Lockerung des Tierschutzgesetzes nachzudenken.
am Freitag, 24.03.2023 - 14:15 (3 Kommentare)

Seit dem 1. Januar 2021 ist das Kükentöten in Deutschland verboten. Das Gesetz sieht zudem vor, dass im nächsten Schritt Hühnerembryonen nur noch in den ersten sieben Tagen im Ei getötet werden dürfen. Jetzt plant Cem Özdemir offenbar Lockerungen hinsichtlich der Vorgaben für den Schutz von Embryonen im Ei.

Die Geschlechtsbestimmung von Küken im Ei soll künftig bis zum 12. Bruttag möglich sein. Das bestätigte ein Branchenvertreter gegenüber agrarheute.

Im Bericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft „über den Stand der Entwicklung von Verfahren und Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei vor dem siebten Bebrütungstag“, der agrarheute vorliegt, heißt es:

„Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühner-Ei vor dem siebten Bebrütungstag werden den Brütereien bis zum 1. Januar 2024 nicht zur Verfügung stehen. Nach derzeitiger Rechtslage kann das Verbot des Kükentötens daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mittels Geschlechtsbestimmung umgesetzt werden und müssen die Brütereien auch die männlichen Hühnerembryonen ausbrüten und lebend vermarkten. Vor dem siebten Bebrütungstag funktionierende Verfahren zur Geschlechtsbestimmung befinden sich in der Erforschung und Entwicklung. Ein Zeitpunkt für deren kommerzielle Anwendung ist jedoch nicht absehbar.“

Ab wann empfinden Hühnerembryonen im Ei Schmerzen?

Zudem habe das BMEL das Entscheidungshilfevorhaben „Schmerzempfinden bei Hühnerembryonen“ in Auftrag gegeben, dass im wesentlichen zu folgenden Ergebnisse gekommen sei:

  • Bis einschließlich Bebrütungstag 12 ist davon auszugehen, dass Hühnerembryonen keine Schmerzen empfinden können. Die per Elektroenzephalogramm (EEG) gemessene elektrische Aktivität des Gehirns der Embryonen ist bis zu diesem Zeitpunkt derart, dass ein Schmerzempfinden ausgeschlossen erscheint.
  • Ab Bebrütungstag 13 kann ein Schmerzempfinden der Hühnerembryonen nicht mehr ausgeschlossen werden. Das EEG-Muster verändert sich zu diesem Zeitpunkt derart, dass ein Schmerzempfinden möglich erscheint.

Geschlechtselektion im Ei soll bis zum 12. Bruttag erlaubt bleiben

Laut Berichterstattung des Spiegels habe das Ministerium von Cem Özdemir auf Anfrage mitgeteilt, die Vorgaben diesbezüglich etwas lockern zu wollen. Der neue wissenschaftliche Erkenntnisstand erfordert nach Auffassung des BMEL Anpassungen im Tierschutzgesetz, um Rechtssicherheit zu schaffen sowie Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühner-Ei zu ermöglichen, teilt das Ministerium dem Spiegel mit. Damit steht eine erneute Reform des Tierschutzgesetzes noch dieses Jahr im Raum.

Was halten Tierschützer von geplanter Änderung?

Laut des Deutschen Tierschutzbundes würde das BMEL damit vor der Branche einknicken. Der grundlegende Fehler des von der damaligen Bundesministerin Julia Klöckner erlassene Gesetz zur Kükentötung sei, so Präsident Thomas Schröder, dass man der Industrie mit der Geschlechtsbestimmung im Ei sowie der Tötung von Embryonen ein Schlupfloch gelassen habe.

Dieses würde die Geflügelbranche aus ökonomischem Interesse ausnutzen. Schröder fordert deshalb von Cem Özdemir das Kükentöten, egal ob im Ei oder nach dem Schlupf, rigoros zu verbieten und die Umstellung auf das sogenannte Zweinutzungshuhn anzustreben und zu fördern.

Mit Material von Spiegel, Deutscher Tierschutzbund

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