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Tierwohl

Mobilstall für Geflügel: So vermeiden Sie Hitzestress

Schutz: Wenn die Temperatur jenseits des Wohlfühlbereichs der Hühner liegt, versammeln sich diese im Schatten unter dem Mobilstall.
Ludwig Holly
am Montag, 08.08.2022 - 11:57 (Jetzt kommentieren)

Wie man Hitzestress im Geflügel-Mobilstall vermeiden kann, war das Thema einer Online-Veranstaltung des Netzwerks Fokus Tierwohl. Wichtig sind eine gute Lüftung und schattige Plätze. Tränkeplätze im Außenbereich helfen ebenfalls.

Wenn man die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit gemessen hat, sieht man im Diagramm, ob Hitzestress auftritt.

Die letzten Wochen zeigten, dass die extremen Hitzeperioden immer häufiger und intensiver auftreten. Das bedeutet, dass die Geflügelhalter ihre Tiere genau beobachten müssen, um einen Hitzestress der Hühner zu vermeiden.

Legehennenhalter bekamen bereits in Wochenblatt 29 Tipps, wie man Geflügel in den heißen Monaten unterstützen kann. Nun wird speziell auf die Haltung in Mobilställen eingegangen.

Was in solchen Situationen in Mobilställen für Geflügel zu beachten ist, erklärte Jutta von der Linde in einem von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) im Rahmen des „Netzwerks Fokus Tierwohl“ organisierten Online-Veranstaltung. Die staatlich geprüfte Tierwirtschaftsmeisterin ist Expertin für Mobilställe für Hühner, hat das Buch „Geflügel im Mobilstall“ geschrieben und hält bundesweit Seminare.

Hennen mögen keine Hitze verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit

„Bei einem Enthalpiewert von 67 kJ/kg wird es kritisch. Ein Wert ab 72 kJ/kg bedeutet akute Lebensgefahr“, erklärte die Referentin.

Hohe Temperaturen in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit haben extrem negative Auswirkungen auf das Wohlergehen und die Gesundheit der Tiere. Hennen haben schon ab einer Lufttemperatur von 28 °C einen gefährlichen Stress.

Um die Gefahr abschätzen zu können, wird der Energiegehalt der Luft mit der spezifischen Enthalpie (kJ/kg) betrachtet. Sie kann beim Deutschen Wetterdienst im Zeitraum von Mai bis September für den aktuellen Tag und als Vorschau für vier Folgetage abgerufen werden. Man kann sie auch über die Bankiva-App, einer einfach zu bedienenden Anwendung für das Management von Legehennen, bekommen. Die App liefert auf Wunsch auch eine Warnung auf das Handy, wenn ein kritischer Wert erreicht wird.

Zu beachten ist, dass die angezeigten Werte für die Außenluft gelten und die Luft im Stall in der Regel je nach den örtlichen Verhältnissen eine bis 5 kJ/kg höhere Enthalpie haben kann. Den örtlichen Enthalpiewert der Luft im Stall kann man durch Messen der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit mit einem Rechenalgorithmus im Internet leicht selbst berechnen, zum Beispiel mit www.nabu-eibelshausen.de/Rechner/feuchte_Luft_enthalpie.html. Ein Thermometer und Hygrometer sollte sowieso in keinem Mobilstall fehlen.

Bei Werten oberhalb von 50 kJ/kg in der Stallluft beginnt der Hitzestress der Hühner. Werden 72 kJ/kg überschritten, tritt der Hitzetod ein. Dieser Wert wurde in diesem Sommer an vielen Tagen erreicht. So ergibt sich zum Beispiel bei einer Lufttemperatur von 35 °C und einer relativen Feuchte der Luft von 50 Prozent bereits ein Enthalpiewert von 80 kJ/kg.

Hitzestress: Schalenqualität und Legeleistung nehmen ab

„Sind Hennen einer großen Hitze ausgesetzt, dann muss man zwischen kurz- und langfristigen Folgen unterscheiden“, erklärte die Fachberaterin des Bundesverbands Mobile Geflügelhaltung.

So kann es beim Hitzestress durch die Hechelatmung zu einer übermäßigen CO2-Abatmung (Hyperventilation), zu einer Veränderung des Säure-Base-Haushalts und zu einem Kreislaufversagen durch Ausdehnung der Blutgefäße kommen. Die Austrocknung führt zu einer Proteindenaturierung (Fleisch ist wie gekocht!) und bei einer Körpertemperatur von 42 bis 44 °C zum Tod. Das Geflügel hat eine normale Körpertemperatur von etwa 41 °C.

Langfristig nehmen die Eigröße, die Legeleistung und die Schalenqualität ab. Der Stress kann auch eine Halsmauser, Federpicken oder sogar Kannibalismus auslösen. Ferner können Coliinfektionen auftreten.

Bei der Mobilstall-Lüftung Fachmann hinzuziehen

„Man muss vor allem gut auf den Ernstfall vorbereitet sein, denn Nutztiere stehen in einem absoluten Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Halter und sind dessen richtigem Handeln ausgeliefert“, betonte van der Linde.

Wichtig ist, einen für die Anzahl der Hühner passenden Mobilstall zu wählen. Bei ausländischen Fabrikaten ist darauf zu achten, dass sie für die Verhältnisse geeignet sind, denn im Ausland ist man mit der deutschen Gesetzgebung wie der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung (TierSchNutztV) oftmals nicht vertraut.

Von zentraler Bedeutung im Mobilstall ist ein effektives Belüftungssystem, welches im Sommer die Wärme möglichst schnell abführt und frische Luft an die Tiere bringt. Im einfachsten Fall findet man Schwerkraftlüftungen, die nur durch das Abziehen der aufsteigenden, warmen Luft durch die in Deckenhöhe angebrachten Ablaufschlitze beziehungsweise Kamine angetrieben wird.

Empfehlung: aktive Lüftung nach Unterdruckprinzip

„Das ist die einfachste und kostengünstige Art des Lüftens, birgt aber die Gefahr, dass es im Winter im Stall zu kalt wird und zu viel Feuchtigkeit im Stall verbleibt“, berichtete die Referentin und empfahl deshalb eine aktive Lüftung nach dem Unterdruckprinzip. Bei dieser wird die Luft im Stall mittels Ventilatoren abgesaugt, so dass der entstehende Unterdruck ein Nachströmen von frischer Außenluft bewirkt.

Dabei muss die Lüftungsrate regulierbar sein. Damit die Lüftung gut funktioniert, sollte ein Fachmann herangezogen werden. „Hier zu sparen, heißt die Ertragsfähigkeit der gesamten Legehennenhaltung aufs Spiel zu setzen“, so Jutta van der Linde.

Geflügelhalter müssen auch darauf achten, dass durch entsprechende Einstellung der Klappen die Zuluft tatsächlich zunächst den Boden erreicht, bevor sie sich erwärmt und nach oben steigt. Sonst bekommen die tiefer sitzenden Tiere vom Luftstrom zu wenig ab und bleiben in einem „Sumpf“ schlechter Luft sitzen. Zugluft muss aber unbedingt vermieden werden, weil sich sonst die Hennen an einer Zugluft freien Stelle sammeln. Das Verhalten treibt an diesen Stellen den Tierbesatz in die Höhe und ist auf Dauer der Tiergesundheit abträglich.

Der Mobilstall muss immer im Schatten stehen

Was man alles im praktischen Betrieb gegen Hitzestress tun kann, berichtete Martin Lastinger. Der gelernte Landwirt hat mit seiner Frau Katrin rund 2.000 Legehennen in Dittenheim im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen in fünf Mobilställen der Firma Weiland. Ihre Produkte vermarkten sie im 24 Stunden geöffneten Selbstbedienungs-Hofladen, auf Wochenmärkten und über Verkaufsautomaten unter den Zeichen „Altmühltaler Wiesen Ei“.

Sonnensegel sorgen für schattige Plätze

Der Mobilstall muss möglichst so aufgestellt werden, dass er unabhängig vom Sonnenstand den ganzen Tag über im Schatten steht. Kann der Mobilstall höher gestellt werden, dann haben die Tiere unter dem Wagen eine schattige Stelle und sie können dann auch durch „Sandbaden“ Wärme abgeben. „Auch das Spannen eines Sonnensegels oder ein alter Anhänger im Freilaufgelände sorgen für einen angenehmen Schatten“, empfahl Lastinger und er zeigte auf, was sonst noch getan werden kann:

  • Anpassung der Fütterung,
  • häufige Kontrollgänge,
  • Bereitstellung von frischem, möglichst kühlem Trinkwasser
  • und die Vermeidung von Stress.

In Hitzephasen sollten Außentränken aufgestellt werden, weil die Hennen teilweise nicht in den warmen Stall zum Saufen gehen. So schreibt auch die TierSchNutztV vor, dass Auslaufflächen mit Tränken ausgestattet werden, wenn es für die Gesundheit der Legehennen erforderlich ist.

Eine Sprühkühlung ist für Mobilställe keine Option

„Eine Sprühkühlung ist keine Option für Mobilställe, denn sie haben zu wenig Luftvolumen und obendrein oftmals keine aktive Ventilation“, erklärte der Mobilstallexperte.

Bei der Fütterung können vorbeugend gegen Hitzestress Leberschutzpräparate und Vitamin E gegeben werden. Im akuten Fall kann Vitamin C angeboten werden, denn die Tiere haben bei Hitzestress einen hohen Bedarf. „Dieses ist aber nicht stabil, sobald es in Wasser gelöst ist. Deshalb muss es mehrmals täglich frisch angerührt werden“ so Lastinger.

Ferner gibt es wichtige Ergänzungsfuttermittel für den akuten Fall. Vitamin E dient als Radikalfänger und Zellschutz. Vitamin A schützt Atmungs-,Verdauungs- und Fortpflanzungsorgane und sollte deshalb sinnvollerweise nach Hitzeperioden eingesetzt werden. Elektrolyte halten den Kreislauf stabil, weil diese bei extremer Wasseraufnahme mit dem Kot verloren gehen.

Landwirt Lastinger wies auf ein weiteres Problem hin: „ Da es zu einem Biofilm kommen kann, muss besonders auf die Tränkehygiene geachtet werden“.

Als Geflügelhalter auf Hitzeperioden vorbereitet sein

  • Wetterdaten im Auge behalten,
  • funktionierende Technik (Lüftung, Frischwasser, Schatten) sicher stellen,
  • Ergänzungsfuttermittel in Absprache mit Tierarzt geben,
  • möglichst kein Ausstallen in dieser Zeit,
  • laufende Kontrolle der Tiere,
  • nach Möglichkeit Stress vermeiden,
  • keine Impfungen an Hitzetagen.
  • Auch für Hühner, die im Mobilstall gehalten werden, muss man bei Hitze Maßnahme treffen, die Kühlung verschaffen.
  • Wichtig ist, dass ein für die Anzahl der Hühner passendes Fabrikat ausgewählt wird.
  • Von zentraler Bedeutung ist ein effektives Belüftungssystem, das im Sommer die Wärme möglichst schnell abführt und frische Luft an die Tiere bringt.
  • An der Lüftung zu sparen heißt die gesamte Legehennenhaltung aufs Spiel zu setzen.
  • Ein Mobilstall muss so aufgestellt werden, dass er unabhängig vom Sonnenstand den ganzen Tag über im Schatten steht.
  • In Hitzephasen sollten Außentränken aufgestellt werden, weil die Hennen teilweise nicht in den warmen Stall zum Saufen gehen.
  • Bei der Fütterung können vorbeugend gegen Hitzestress Leberschutzpräparate und Vitamin E gegeben werden

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