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Klimaschutz

Neue Studie belegt: Güllezusatz reduziert Methan um 99 Prozent

Kuhstall mit Spaltenboden
am Dienstag, 14.03.2023 - 05:00 (2 Kommentare)

Der Zusatz soll Gülle klimafreundlicher machen und das mit einfachen und kostengünstigen Mitteln.

In der Nutztierhaltung entstehen große Mengen Treibhausgase, wie Methan. Es entweicht unter anderem bei der Lagerung von Gülle. Eine Studie der Universität Bonn zeigt, dass sich die Methan-Emissionen mit einfachen und kostengünstigen Mitteln um 99 Prozent reduzieren lassen. 

In den letzten 200 Jahren hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre mehr als verdoppelt. Das Klimagas wird unter anderem bei der Verdauung von Wiederkäuern und über die anfallenden Exkremente aus der Tierhaltung freigesetzt. „Ein Drittel des Methans weltweit stammt aus der Tierhaltung. Nach Schätzungen entstehen bis zu 50 Prozent davon durch Gärungsprozesse in der Gülle“, erklärt Felix Holtkamp, der im INRES-Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn promoviert.

Aus diesem Grund suchen Wissenschaftler weltweit nach Möglichkeiten, diese Prozesse zu unterbinden. Eine Lösung stellt Felix Holtkamp zusammen mit seinem wissenschaftlichen Betreuer Dr. Manfred Trimborn vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn sowie Dr. Joachim Clemens vom Düngemittel-Hersteller SF-Soepenberg GmbH vor. „Wir haben Gülle von einem Bauernhof im Labor mit Kalkstickstoff versetzt, einer Chemikalie, die seit mehr als 100 Jahren als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Dadurch kam die Methanproduktion fast vollständig zum Erliegen“, sagt Holtkamp.

Güllezusatz verspricht lange Wirksamkeit

Laut Studienergebnissen sanken die Emissionen insgesamt um 99 Prozent. Dieser Effekt begann bereits eine knappe Stunde nach der Zugabe des Kalkstickstoffs und hielt bis zum Ende des Experiments noch ein halbes Jahr später an, heißt es in der Pressemitteilung der Uni Bonn weiter. Die lange Wirksamkeit wäre besonders für die Güllelagerung in den Wintermonaten von Vorteil. 

In dieser Zeit wird die Gülle von Bakterien und Pilzen umgebaut: Sie zerlegen unverdautes organisches Material zu immer kleineren Molekülen. Am Ende dieser Prozesse entsteht Methan. „Kalkstickstoff unterbricht diese Kette chemischer Umwandlungen, und zwar gleichzeitig an verschiedenen Stellen, wie wir bei der chemischen Analyse der entsprechend behandelten Gülle sehen konnten. Die Substanz unterdrückt den mikrobiellen Abbau von kurzkettigen Fettsäuren, einem Zwischenprodukt der Kette, und deren Umwandlung in Methan. Wie dies genau geschieht, ist noch unbekannt“, erklärt Felix Holtkamp.

Auch die Düngewirkung wird durch den Güllezusatz verbessert

Laut Wissenschaftler besitzt der Güllezusatz noch weitere Vorteile: Er reichert die Gülle mit Stickstoff an und verbessert so ihre Düngewirkung. Zudem soll die Entstehung sogenannter Schwimmschichten verhindert werden. Normalerweise muss diese Kruste regelmäßig zerkleinert und untergerührt werden.

Ein weiterer Vorteil von Kalkstickstoff: Er verhindert das Aufschäumen des Kot-Urin-Gemisches im Stall. Durch die mikrobielle Umsetzung kann das Kot-Urin-Gemisch mit der Zeit aufschäumen und durch die Spalten wieder nach oben steigen. „Die Tiere stehen dann in ihren eigenen Ausscheidungen“, sagt Holtkamp. Die Kosten seien zudem mit etwa 0,3 bis 0,5 Cent pro Liter Milch in der Rinderhaltung überschaubar.

Gülle-„Reinheitsgebot“ verhindert momentan den Einsatz von Kalkstickstoff

Unklar ist noch, wie sich die Methode auf die Ammoniak-Freisetzung aus der Gülle auswirkt. Ammoniak ist ein giftiges Gas, das zwar selbst nicht klimaschädlich ist, aber zu gefährlichen Treibhausgasen umgesetzt werden kann. „Wir haben erste Hinweise darauf, dass sich die Ammoniak-Menge langfristig ebenfalls reduziert. Ganz sicher können wir das momentan aber noch nicht sagen“, erklärt Dr. Manfred Trimborn vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn

In Deutschland verhindert momentan übrigens ein Umweltgesetz den Zusatz von Kalkstickstoff: Für konventionell gelagerte Gülle gilt aktuell ein strenges Reinheitsgebot.

Mit Material von Universität Bonn

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