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Geflügel

NRW: Gericht kassiert Tötungsverbot für Küken

am Montag, 09.02.2015 - 15:20 (Jetzt kommentieren)

Minden - Das Verwaltungsgericht Minden hat das Tötungsverbot von männlichen Eintagsküken in NRW aufgehoben. Agrarminister Remmel hatte die Praxis zum 1. Januar per Erlass untersagt. Brütereien klagten dagegen.

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden gab den Klagen der Betreiber von zwei Brütereien aus dem Raum Gütersloh bzw. Paderborn statt. Diese hatten mit neun anderen Brütereien aus NRW gegen einen Erlass vom 26. September 2013 geklagt. Darin forderte das Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen die zuständigen Kreisordnungsbehörden auf, die Tötung männlicher Küken aus Legelinien per Ordnungsverfügung zu un­tersagen. Zum 1. Januar 2015 wurden den zwölf nordrhein-westfälischen Brütereien damit die Tötung männlicher, nicht zur Schlachtung ge­eigneter Küken untersagt. Hiergegen hatten elf Brütereien geklagt und den Erlass damit bis zu einem Urteil außer Kraft gesetzt.
 
Das Verwaltungsgericht begründete sein Urteil unter anderem damit, dass es angesichts des erheblichen Eingriffs in die Berufsfreiheit der Betreiber von Brütereien einer "spezialgesetzlichen Ermächtigungs­grundlage" bedürfe, die es bisher im geltenden Tierschutzgesetz nicht gebe. Die Generalklausel im Bundestierschutzgesetz, nach der niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen dürfe, reiche dafür nicht aus. Dem stünden die schutzwürdigen Interessen der Brütereibetreiber entgegen, die derzeit keine praxistauglichen Alternativen zur Tötung der männlichen Küken hätten und bei einem Tötungsverbot vor dem Aus stünden. 
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Gemäß einer national wie europaweit geübten Praxis werden männliche Küken aus sogenannten Legelinien - auf die Eierproduktion spezialisierte Rassen - getötet, weil sie zur Ei­erproduktion nicht geeignet sind und gegenüber zu Mastzwecken gezüchteten Tieren eine verminderte Fleischansatzleistung aufweisen. Bundesweit betrifft dies jähr­lich rund 50 Millionen männliche Küken. Auf Nordrhein-Westfalen entfällt ein Anteil von rund 5,4 Prozent.

Verwaltungsgericht: Frist zu kurz, bundesweite Regelung nötig

In ihrer Urteilsbegründung führten die Richter weiter an, dass eine Untersagung allein bezogen auf NRW dem angestrebten Tierschutz nur begrenzt diene, da die Praxis in anderen Bundes- und EU-Ländern nach wie vor angewandt wird. Auch die Übergangsfrist von einem Jahr für die Brütereien sei nach Einschätzung der Richter zu kurz gewesen.
 
Ob eine gewandelte gesellschaftliche Bewertung des Tierschutzes generell überwiege, bedürfe einer Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers, bei der er selbst Anlass, Zweck und Grenzen eines tierschutzrechtlichen Tötungsver­bots regeln müsse, so die Verwaltungsrichter. An einer solchen Entscheidung fehle es bislang.
 
Wegen "grundsätzlicher Bedeutung" hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden kann. Das Verwaltungsgericht in Arnsberg hat heute ein Urteil zu einer ähnlichen Klage von Brütereien aus dem Verwaltungsgebiet vertagt.
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Agrarminister Remmel will Berufung einlegen

"Wir halten das Urteil für falsch und werden deshalb Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen, um ein Grundsatzurteil für mehr Tierschutz zu erhalten. Das Gericht selbst hat diese Möglichkeit eröffnet, weil der Rechtsstreit von grundsätzlicher Bedeutung sei", kritisierte der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel das Urteil. "Tiere sind keine Abfallprodukte", sagte Minister Remmel. "Es darf nicht sein, dass aus reinen wirtschaftlichen Gründen jedes Jahr 50 Millionen Eintagsküken ohne triftigen Grund vergast und geschreddert werden, nur um die Gewinnspanne bei den Unternehmen zu erhöhen".
 
Zugleich forderte Minister Remmel den Bund auf, endlich das Tierschutzgesetz entsprechend zu ändern. "Tierschutz hat Verfassungsrang, doch der aktuelle Fall zeigt, dass es nicht umgesetzt werden kann. Der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte stets betont, dass er die Praxis des millionenfachen Tötens von Eintagsküken ablehne. Nun muss er handeln und zur Klarstellung ein Verbot der Tötung männlicher Eintagsküken in das Bundes-Tierschutzgesetz aufnehmen".

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