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Protestcamp Vechta: Diskutieren ja, aber nicht mit den Aktivisten

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am Donnerstag, 15.07.2021 - 14:00 (2 Kommentare)

Mit den Tierrechts-Aktivisten des Protestcamps gegen Wiesenhof in Vechta zu diskutieren ist sinnlos. Aber bleiben Sie mit Verbrauchern und Gesellschaft im Gespräch!

Das Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" will nach eigenen Angaben aufklären. Und hat dazu ein Protestcamp direkt vor den Toren des Geflügelbetriebs Wiesenhof in Goldenstedt eingerichtet. Gleichzeitig ruft das Bündnis zu zivilem Ungehorsam auf. Man sei ausdrücklich nicht gegen die Landwirte, ist aber für den kompletten Ausstieg aus der Tierhaltung.

Für mich sind das jede Menge Ungereimtheiten und Gegensätze. Provokativ gefragt: Meinen die Protestler die Nutztierhaltung oder tatsächlich jegliche Tierhaltung? Also auch die Haustiere inklusive Hamster, Katze, Blindenhund und Therapiepony – okay, lassen wir das, ich schweife ab…

Tierschutzextremisten ignorieren

Die eigentliche Frage ist, wie soll man - wie sollen Landwirte - mit solchen Tierschutzextremisten umgehen? Da ist meine Schmerzgrenze erreicht. „Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“ Ja, soweit bin ich inzwischen. Ich glaube, ein – zum Glück sehr kleiner – Teil unserer Gesellschaft befindet sich im Kriegszustand. Gegen die Nutztierhalter. Völlig überzogen mit irren Forderungen und der Bereitschaft, Privateigentum und Privatsphäre zu missachten. Diese Menschen sollten man einfach ignorieren und ihnen keine Plattform bieten.

Ich war lange überzeugt, dass man mit diesen Menschen reden kann und muss. Dass wir sehr gute Fakten und Argumente haben. Aber Diskussionen zum Thema Nutztierhaltung auf Facebook und Twitter haben mich eines Besseren belehrt. Der kleine extreme Kern der Aktivisten rückt keinen Millimeter von seiner Überzeugung ab.

Landwirte gehen mit gutem Beispiel voran

Landwirte sind da viel weiter! Viele verbessern die Tierhaltung stetig, in dem sie zum Beispiel auf das betäubungslose Kastrieren der männlichen Ferkel verzichten oder Ställe mit Außenklima schaffen. Sauenhaltern, die dem Ende der Kastenstände im Wartestall sehr skeptisch gegenüberstanden wollen jetzt nie wieder zurück. Ebenso Legehennenhalter oder Putenmäster, die merken, dass mehr Platz oder Außenklima mehr Tierwohl bedeutet.

Sie haben sich auf dem Weg gemacht. Super, damit haben sie den Extremisten einiges voraus. Die beharren starr auf ihrer Meinung, egal wie gut und wissenschaftlich unabhängig belegt das Argument ist.

Das sehen auch beinahe 80 Prozent unserer Leser in der agrarheute.com-Umfrage so. Wir wollten wissen, ob Landwirtinnen und Landwirte mit den Aktivisten diskutieren sollten.

Im eigenen Camp informieren

"Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin" bedeutet für mich: Von extremen Forderungen und Einstellungen abrücken – damit meine ich nicht nur die extremen Tierrechtler, sondern auch Landwirte. Das gegenseitige Beschimpfen bringt nichts. 

Wichtiger ist es, mit denen die zugänglich sind, zurück in den Dialog zu finden. Wie es an vielen Stellen zum Glück passiert. Man mag von der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission enttäuscht sein und sich mehr versprochen haben. Aber das ist ein Anfang. Diese Bestrebungen dürfen wir nicht aufgeben!

Was macht man nun mit so einem Protestcamp? Die Besucher abfangen! Landwirte sollten direkt nebenan ebenfalls ein Camp aufschlagen und informieren.

Denn bei Anwohnern, Interessierten und Besuchern ist in der Regel noch nichts verloren. Das kostet Zeit, Nerven und Geld. Aber das direkte persönliche Gespräch – das viele Landwirte bereits tagtäglich mit Nachbarn und Verbrauchern führen - ist am vielversprechendsten. Dazu gehört auch das Einladen von Kindergärten, Schulklassen oder Vereinen auf den eigenen Hof. So nimmt man extremen Aktivisten die Kundschaft – und den Wind aus den Segeln.

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