
Der Betrieb von Martin Papenbrock ist nicht groß. Seine Herde zählt gerade einmal zwölf Kühe. Seit über zehn Jahren führen die zwölf Holsteins von Papenbrock jedoch die Leistungslisten der Betriebe im südlichen Emsland an, also nicht irgendwo, sondern in einer der Hochburgen der deutschen Holsteinzucht.
Wir treffen auf eine Herde, die als Ganzes zu glänzen weiß. Es sind nicht einzelne Kühe, die den Schnitt hochhalten, sondern die Herde insgesamt arbeitet auf einem ähnlichen Niveau. Dabei sticht sie nicht durch extreme Tagesleistungen hervor, sondern besitzt eine ungewöhnlich starke Persistenz. Auffällig ist auch die hohe Lebensleistung.
Die zwölf Kühe liegen aktuell im Schnitt bei einer Lebensleistung von 45.103 kg und damit weit über dem, was in durchschnittlichen Betrieben erreicht wird. Mindestens genauso außergewöhnlich wie die hohen Leistungen ist das Management. Papenbrock, der als Hauptkommissar sein Geld verdient, ist ein echter Kuhkenner. Von seinem Management, aber auch von seiner Zuchtphilosophie kann man sich einiges abschauen
Extrem einfach gebaut
Es war klar, dass wir im Frerener Ortsteil Lohe etwa eine halbe Autostunde östlich von Lingen keinen großen modernen Stall oder neueste Technik zu sehen bekommen werden. Seit Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts betreiben die Papenbrocks ihre Landwirtschaft im Nebenerwerb. Eine Baugenehmigung für einen neuen Stall zu bekommen, ist in den Gemeinden des Emslands mittlerweile fast unmöglich.
Das, was Martin Papenbrock allerdings mit wenigen Anpassungen aus den Altgebäuden gemacht hat, scheint an Tierwohl und Effektivität kaum noch zu überbieten. Seine Umbauten sind schnell erklärt: Unter dem Überdach eines Altgebäudes baute er vor fünf Jahren mit Sand eingestreute Tiefboxen. Direkt davor sind vier Steintröge platziert, in denen Papenbrock seine sehr einfache und mit der Gabel selbst gemischte totale Mischration (TMR) zweimal täglich vorlegt.
Der gepflasterte Laufbereich grenzt direkt an die Weide, zu denen die Tiere ganzjährig Zugang haben. Egal ob Sommer oder Winter, die Kühe sind immer draußen. Gemolken wird im alten Anbindestall. Einfacher und günstiger kann die Haltung von Kühen kaum sein, viel gesünder und effizienter aber auch nicht.
Das Melken muss sich nach Papenbrocks Hauptjob richten
Die Haltung hat offensichtlich einen guten Einfluss auf Gesundheit und Leistung. Höchstens zwei Kühe tauscht Papenbrock jährlich gegen zwei Färsen aus. Abgänge aufgrund von Klauenproblemen gibt es nicht. Die Kombination aus permanentem Weidegang, gepflastertem Laufhof und trockenen Sandboxen macht die Klauenpflege überflüssig. Von den zwölf Kühen haben bisher erst zwei jemals einen Klauenstand gesehen.
Man kann sich fragen, warum sich jemand die Arbeit macht, zwölf Kühe zu melken, wenn er einen guten und sicheren Job ausübt, vor allem wenn man weiß, dass sich das Melken und das Management seiner Kühe wechselnden Arbeitsschichten anpassen muss. Feste Melkzeiten gibt es daher nicht. Mal werden die Kühe morgens um 4 Uhr gemolken, manchmal aber auch erst um 8 Uhr. So geben die Schichten bei der Polizei den Melktakt bei den Kühen vor. Die nehmen das hin und der Nebenerwerbs-Milchviehhalter Papenbrock sowieso.
Wer ihn erlebt, erkennt schnell, dass man einem echten Kuhmann gegenübersteht. Jemand, der Leidenschaft besitzt und mit größter Sorgfalt arbeitet. Deshalb kann man von Martin Papenbrock und seinen zwölf Kühen vielleicht sogar mehr lernen als von einem Milchviehhalter mit 100 oder 200 Kühen. Die Haltungsform seiner Kühe könnte auch bei einer Herde mit deutlich mehr Kühen funktionieren.

Mais und Gras der Extraklasse
Auch in puncto Fütterung und Genetik folgt Papenbrock klaren Prinzipien. Die Ration besteht aus einem Mix aus Gras- und Maissilage sowie je 3 kg Kraft- und Eiweißfutter plus Mineralstoffe. Wie überall, wo man auf Herden mit hohen Leistungen trifft, liegt das Geheimnis im Grundfutter. Der Mais, erklärt der Betriebsleiter, werde so hoch wie möglich gehäckselt, um wirklich nur den wertvollsten Teil der Pflanze zu nutzen.
Das Gras in der Ration hat ganzjährig die gleiche Qualität und stammt von nur einem Schnitt Welsches Weidelgras, das jedes Jahr nach der Weizenernte eingesät wird. Der Schnitt im Herbst wird für die Fütterung der Rinder genutzt, der Schnitt im Mai geht an die Kühe. Danach wird wieder Getreide angebaut.
Großer Genetikpool
Kuhmann Martin Papenbrock ist aber nicht nur ein akribischer Fütterer, sondern er hat auch ein Faible für die Genetik. „Eigentlich“, sagt er, „spielt es keine Rolle, wie viele Kühe du melkst. Wenn man erfolgreich sein will, müssen die Haltung, die Fütterung und die Genetik ein Zusammenspiel ergeben und man sollte sich keine Fehler erlauben.
Sicheres Grundfutter ist genauso wichtig, wie sichere Genetik.“ Als die Zeit der genomischen Selektion begann, habe er über einen gewissen Zeitraum genomische Jungbullen genutzt. Aber davon sei er wieder abgerückt, denn er habe nicht viele Möglichkeiten, um die Fehler seiner Kühe züchterisch zu bearbeiten. Daher nutze er Bullen mit sicheren Zuchtwerten und klarem Profil. „Wenn ich die Beine verbessern will, nutze ich Bullen, die das können. Wenn eine Kuh ein besseres Euter benötigt, nutze ich Bullen, die eben genau das vererben. Und ich nutze Bullen, die mit eigenen Töchtern gezeigt haben, was sie können“, erklärt Papenbrock.
Vielfältige Bullenauswahl
Er wünsche sich, dass die Zucht der Sicherheit von Zuchtwerten wieder mehr Aufmerksamkeit schenkt. Für ihn ist es nicht zu verstehen, warum in der Zucht, in der es auf Leistung und Nutzungsdauer ankomme, Tiere herunterqualifiziert würden, obwohl sie gezeigt hätten, dass sie genau das vererben. Er verstehe auch nicht, dass der durchschnittliche Gesamtzuchtwert (RZG) seiner Kühe trotz weit überdurchschnittlicher Leistung und überdurchschnittlich hohem Alter nur 98 Punkte beträgt. „Wenn sich der geschätzte Genotyp so weit vom Phänotyp entfernt, stimmt was nicht“, meint er.
Wer sich Papenbrocks Kühe anschaut, kann seine Sätze verstehen. Seine Herde, bestehend aus Töchtern von Van Gogh, Antares, Goldday, Mytime, Merandy, Mulino, Missan, Lendary, Bonum, Malinus und Hurricane, kann und will auf Topniveau arbeiten. Mit Ausnahme der zugekauften und aus einer EX-93 Atwood gezüchteten Hurricane stammen alle Tiere aus zwei selbstgezüchteten Familien. Auch das ist nicht gewöhnlich. Es ist so ungewöhnlich und interessant, wie fast alles bei den Papenbrocks.
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