Verfahren vor dem Amtsgericht Ansbach im März
Aktualisierung vom 3. Dezember 2021:
Gegenüber agrarheute bestätigte das Amtsgericht Ansbach, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen und die Hauptverhandlung gegen den Betriebsleiter am 17. März 2022 eröffnet werde. Dem Landwirt wird vorgeworfen, 171 Tiere durch Unterlassen getötet zu haben. Weiter steht der Verdacht der quälerischen Misshandlung von insgesamt 217 Tieren im Raum.
Staatsanwaltschaft Ansbach erhebt Anklage gegen Rinderhalter
Wie die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung vom 21. Oktober 2021 informierte, besteht nach dem Ergebnis umfangreicher Ermittlungen der Verdacht, dass der Landwirt es über mehrere Monate unterlassen hatte, die in seinem Betrieb gehaltenen 217 Rinder angemessen zu versorgen. Die Tiere hätten weder ausreichend Futter und Wasser noch die benötigte tiermedizinische Behandlung erhalten, so die Staatsanwaltschaft. In der Folge verendeten 171 Tiere, die übrigen Tiere mussten nach ihrer Entdeckung durch die Behörden am 22. Mai 2021 vor Ort euthanisiert beziehungsweise zur Schlachtung und Vermarktung abgegeben werden.
Eine durch die Staatsanwaltschaft Ansbach veranlasste psychiatrische Begutachtung des Angeschuldigten kommt laut Behördenangaben zu dem vorläufigen Ergebnis, dass der Angeschuldigte im Tatzeitraum vermindert schuldfähig war. Das Amtsgericht Ansbach hat nun darüber zu entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird.
Der war der Stand von Ende Mai 2021:
Etwa 150 Rinder sind in einem Mastbetrieb bei Rothenburg ob der Tauber in Mittelfranken qualvoll verendet. Dahinter könnte eine persönliche Tragödie stehen, wie im Zuge der Ermittlungen allmählich bekannt wird.
Ein Polizeisprecher hatte am Dienstag (25.5.) gegenüber der dpa bestätigt, dass auf dem Betrieb weitere 50 Rinder noch lebend angetroffen wurden. Man versuche nun, diese Tiere wieder aufzupäppeln, sagte der Sprecher. Sie seien aber in einem desolaten Zustand und es sei nicht ausgeschlossen, dass weitere sterben.
Die Polizei ermittelt gegen den Landwirt wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. "Wir gehen davon aus, dass die Tiere über einen längeren Zeitraum nicht versorgt wurden", sagte der Polizeisprecher. "Fakt ist, dass die Tiere extrem vernachlässigt waren."
Wie es zu der Vernachlässigung kommen konnte, war zunächst unklar. Der Geschäftsführer des Bezirksverbandes Mittelfranken im Bayerischen Bauernverband (BBV), Ottmar Braun, sagte jedoch heute (26.5.) gegenüber agrarheute, der Landwirt befinde sich in stationärer ärztlicher Behandlung. Braun sprach von einer persönlichen Tragödie, die sich auf dem Familienbetrieb zugetragen haben müsse.
Politiker fordern mehr Kontrollen, PETA erstattet Anzeige
Politiker hatten in ersten Reaktionen auf den Fall eine höhere Kontrolldichte gefordert. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte am Dienstag: "Ich bin fassungslos, dass so etwas passieren kann". Der Vorgang müsse umfassend aufgeklärt und ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen werden.
Der Bayerische Rundfunk zitierte Bayerns Umweltministerin Thorsten Glauber (Freie Wähler), mit den Worten: „Verstöße gegen den Tierschutz sind nicht hinnehmbar und müssen Konsequenzen haben. Es braucht jetzt umfassende Aufklärung durch die Ermittlungsbehörden.“ Auch die SPD im bayerischen Landtag forderte bessere und gezieltere Kontrollen.
Die Tierschutzorganisation PETA erstattete nach eigenen Angaben Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Ansbach. „In Bayern brauchen Landwirtinnen und Landwirte zu Lebzeiten praktisch gar nicht mit behördlichen Kontrollen zu rechnen, so gering sind die Kontrollintervalle. Ein Skandal folgt dem anderen, weil Agrarbetriebe die Nachlässigkeit der Regierung schamlos ausnutzen und Tiere wie Gegenstände behandeln“, behauptete PETA-Referent Dr. Edmund Haferbeck.
Kontrollen verliefen 2017 und 2018 unauffällig
Die Sprecherin des zuständigen Landratsamtes, Josephine Georgi, erklärte gegenüber dem BR hingegen, der betroffene Betrieb sei 2017 und 2018 kontrolliert worden. Damals wurden keine Tierschutzverstöße festgestellt. Der Stall sei in gutem Zustand gewesen.
Aktuelle Fotos des Betriebes, die von verschiedenen Bildagenturen angeboten werden, zeigen tatsächlich einen zumindest äußerlich ordentlich aussehenden Hof. (Anmerkung der Redaktion: agrarheute verzichtet während der laufenden Ermittlungen auf die Nutzung von Bildern, die zur Identifikation des Betriebes führen könnten).
Bauernverband hilft Betriebsleitern in Notlage
Für den Geschäftsführer des BBV-Bezirksverbandes Mittelfranken ist es rätselhaft, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Braun unterstrich, dass der Bauernverband für Betriebsleiter in einer Notlage als Ansprechpartner zur Verfügung stehe, auch für die Familie. Das sei in diesem Fall aber nicht erfolgt.
Die Rinder müssen nach dem bisherigen Ermittlungsstand über einen längeren Zeitraum nicht versorgt worden sein. Der Maststall steht so weit von dem kleinen Ort und dem Hof der Familie entfernt, dass lange Zeit offenbar niemand die vernachlässigten Tiere bemerkte. Der Geruch, der von dem Stall ausging, führte zu einem anonymen Hinweis, der die Kontrollen auslöste. Einige Kadaver waren zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich verwest.
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