Zwei niedersächsische, SPD-geführte Ministerien streiten sich derzeit nach Angaben des NDR vor dem Oldenburger Verwaltungsgericht. Grund dafür ist der Gänsefraß im ostfrieslänischen Rheiderland. Das Innenministerium hat zwei Milchviehhaltern knapp 39.000 Euro Entschädigung zugesprochen, weil ihnen die streng geschützten Wildgänse das Gras auf ihren Weiden wegfressen, sodass das Viehfutter knapp wird. Das Umweltministerium klagt nun dagegen. Minister Olaf Lies (SPD) bezweifelt die geltend gemachte Schadenshöhe. Die Berechnung sei für das Ministerium nicht akzeptabel.
Für die beiden betroffenen Milchviehhalter, Amos und Jan Venema, ist das unverständlich. "Das Innenministerium hat uns das Geld zugesprochen", erklärt Jan Venema gegenüber dem NDR. "Warum sich das Umweltministerium sperrt, wo Kosten und Schäden offensichtlich sind, ist für uns nicht ersichtlich." Die Brüder halten auf ihrem Betrieb 170 Milchkühe, deren Futtergrundlage durch den Gänsfraß zerstört wird. Denn regelmäßig rasten auf den Weiden Wildgänse, rupfen das Gras aus und hinterlassen dicke Kothaufen.
"Wir sind Milchviehhalter, keine Gänsewirte", stellt Amos Venema im Gespräch mit NDR Niedersachsen unmissverständlich fest. Vertreiben dürfen die Brüder die Vögel nicht. Das verbietet der Naturschutz. Also müssen sie Futter zukaufen, denn die Mahd der rund 100 Hektar Grünland reicht nicht, um ihr Vieh zu versorgen.
Umweltministerium muss Entschädigung in Höhe von 39.000 Euro zahlen
Weil dem Betrieb der wirtschaftliche Ruin droht, haben die Betriebsleiter Entschädigung für die Jahre 2013 und 2014 beantragt. 2017 bewilligte das zuständige niedersächsische Innenministerium die Entschädigung. "Die Gänse fressen den [...] Milchkühen das Futter weg. Dieses in einer Art und Weise, dass die Antragstellerin in wirtschaftliche Bedrängnis geraten ist", heißt es in einer Begründung des Ministeriums.
"Die Chancen, dass sie die knapp 39.000 Euro auch bekommen, stehen gut", sagte Ulrich Meyerholt, Umweltrechtler der Uni Oldenburg. Er vermutet, dass das Umweltministerium mit seiner Klage vor Gericht unterliegen wird. "Das Bundesnaturschutzgesetz sieht bei außergewöhnlicher Härte Zahlungen vor." Daran müssten sich die Behörden halten. "Falls so eine Härte vorliegt, ist dann eben auch eine Entschädigung zu zahlen", erklärt Meyerholt gegenüber dem NDR.
Das Umweltministerium muss allerdings für die Entschädigung aufkommen. Und das misstraut der Berechnung des Innenministeriums. Das Umweltministerium habe eine eigene Berechnungsmethode erarbeitet, erklärte Umweltminister Lies. Diese sei individueller auf jeden einzelnen Landwirt zugeschnitten, der wegen der Gänse Verluste beklagt. Doch seit 2015 kam das Umweltministerium mit dieser Berechnungsmethode zu keinem Entschluss. Die Venemas warten bereits seit 2015 auf ihr Geld. Seitdem haben die Brüder Mitstreiter gefunden. Das Innenministerium hat zwischenzeitlich noch zwei weiteren Milchviehhaltern Entschädigung zugesprochen. Auch dagegen klagt das Umweltministerium.
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