Bei Thilo Keller aus Ölbronn, Baden-Württemberg, hat sich in der Hochzeit von Corona nicht viel verändert. „Wir waren an den Wochenenden etwas stärker von Besuchern frequentiert, was wir wahrscheinlich den geschlossenen Tierparks zu verdanken hatten“, sagt der 29-jährige. Der Landwirt hält 110 Milchkühe. „Die Auswirkungen von Corona kamen uns zunächst zugute, da unser Ab-Hof-Verkauf der Biomilch ziemlich anstieg. Leider sank die Nachfrage nach unserer Biomilch ab Hof wieder, als die Corona-Maßnahmen gelockert wurden, die Gastronomie geöffnet hatte und Urlaub wieder möglich war.“ Der Ukraine-Konflikt hat mehr Auswirkungen auf den Betrieb von Thilo Keller. „Die Energiekosten sind für uns erheblich gestiegen“, sagt er. Die Folge ist, dass auch die Kosten für alles, was er zukauft, wie Kraftfutter, Saatgut, Reinigungsmittel, gestiegen sind. „Zum Glück zog auch der Milchpreis mit Beginn des Kriegs stetig an, sodass wir mittlerweile über 13 Cent mehr pro Liter erzielen können als im Vorjahreszeitraum.“ Aktuell bekommt er einen Milchauszahlungspreis von 63 Cent/l netto. Um bei einem Blackout gewappnet zu sein, hat der Milchviehhalter in Notstromaggregate und Dieselvorräte investiert. „Man weiß ja nicht, was kommt“, sagt er.
Wegen hohem Milchpreis: „Wir sind bisher gut durch die Zeit gekommen“
Auch Anita Lucassen, Milchviehhalterin aus Niedersachsen, ist – trotz Corona und Ukraine-Krieg – gut durch die Zeit gekommen. „Corona hatten wir noch nicht, soweit wir wissen“, sagt die 45-jährige. Besonders der gute Milchpreis kommt ihrem Betrieb zugute. Der Auszahlungspreis passe zu den gestiegenen Energie- und Betriebsmittelkosten. „Wir sind aber auch bei Ammerland, der bestauszahlenden Molkerei in Deutschland“, sagt sie. Aktuell bekommt sie einen Netto-Milchpreis von 63 Cent/l. „Wenn man dann sein Grundfutter im Griff und wie wir das Glück hat im „nassen Loch“ zu wohnen, läuft es doch recht gut.“ Wegen der feuchten Böden hatte sie letztes Jahr eine gute Ernte. Auch wenn es gut läuft: Trotzdem macht sie sich Gedanken über einen möglichen Blackout. Sie hat vorgesorgt: „Wir haben eine 30-kW-Solaranlage und bauen gerade ein 99-kW-Hofkraftwerk.“ Das ist eine Biogasanlage, die nur mit dem beschickt wird, was sowieso auf dem Hof anfällt: Gülle, Mist, Futterreste. „So sind wir unabhängig von der Energiekrise und helfen mit, den Energiemangel zu bekämpfen“, sagt sie. Zudem will sie sich noch ein Notstromaggregat anschaffen, um im Falle eines Blackouts abgesichert zu sein. „Auch unsere Dieselvorräte haben wir im Blick: Unser Diesellieferant ist nur 2 km von uns entfernt.“
Landwirtin: „Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben uns viel Kraft gekostet“

Bei Nadine Schmidt aus Brunsbek-Papendorf in Schleswig-Holstein war zu Beginn der Corona-Pandemie viel los. „Wir haben den Umbau des alten Melkstands in Angriff genommen. Wir haben die Melkgrube verfüllt, Wasserleitungen umgelegt und neue Liegeboxen für mehr Kuhkomfort gebaut“, sagt die 43-jährige. Mit der Zeit gab es aber leider Materialengpässe. Durch den Ukraine-Krieg kamen weitere Probleme hinzu. „Leider haben wir keinen Dieselkontrakt abgeschlossen. Die Dieselkosten für die Traktoren sind bei uns ein hoher Kostenfaktor“, sagt sie. Sie versucht, nicht auf dem letzen Tropfen einzukaufen, um flexibel zu sein. „Zum Glück deckt der derzeitige Milchpreis die gestiegenen Kosten“, sagt sie. Strom produziert ihr Betrieb seit 2012 mit zwei Fotovoltaikanlagen. „Damit decken wir unseren Bedarf an Kilowattstunden aber leider nur rechnerisch.“ Für einen Stromausfall haben sie und ihr Mann in einen Zapfwellengenerator investiert. Ihr Fazit: „Die letzten 2,5 Jahre haben uns viel Kraft gekostet. Wir sind oft müde und fragen uns, warum wir jeden Tag arbeiten, um diejenigen satt zu machen, die wir ja, laut Werbung, Fernsehen und Social media, alle vergiften wollen. Die Rechtfertigungen für unsere Arbeit und unser Handeln strengen an.“
Corona: „Vollzeit Landwirtin, Hausfrau, Sekretärin und Lehrerin - das mach ich nicht noch einmal“
Sabine Hanel aus Reifersbrunn bei Mering, Bayern, und ihre Familie hatten bisher kein Corona. „Die Folgen von Corona hatten eher die Kinder und ich zu tragen am Anfang mit Homeschooling“, sagt sie. Es ging sogar soweit, dass sie kurz davor war, den Lehrern zu schreiben, dass sie weder was korrigiert, noch ausdruckt oder zurückschickt. „Das war eine große Belastung für meine Nerven. Vollzeit Landwirtin, Hausfrau, Sekretärin und dann noch Lehrerin. Das mach ich nicht noch einmal mit.“ Was die 33-jährige aber ganz aus der Bahn geworfen hat, war der Ukraine-Krieg. „Die Kosten und Lieferzeiten, vor allem für Ersatzteile, sind extrem geworden“, sagt sie. „Wir verwenden zwar fast nur hofeigenes Futter, aber Milchaustauscher und Soja brauche ich trotzdem, auch wenn es noch teurer wird.“ Deswegen nehmt sie aber trotzdem den hochwertigsten und geht nicht auf eine mindere Qualität. Beim Dünger hat sie dagegen gespart, wo es ging. Nur der Mais hat eine Reihendüngung bekommen. Alles andere nur Biogas-Gärsubstrat. „Im Großen und Ganzen sind alle Kosten gestiegen, aber unsere Erlöse ja auch. Somit kann man schon davon leben, auch wenn es anders ist als davor“, sagt sie.
Landwirt: „Wir sparen seit dem Ukraine-Krieg Dünger, wo es nur geht“
Florian Eichenseer aus Freischweibach in Bayern hatten zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 Schwierigkeiten. „Damals haben wir den neuen Laufstall fertig gestellt und der Tag der offenen Tür fiel Corona zum Opfer“, sagt der 27-jährige. Nachfolgend hatte er Probleme, die technischen Anlagen durch Fachpersonal der Hersteller in Betrieb zu nehmen, da diese nicht kommen durften. Durch Onlinezugriffe auf die Maschinen war es dann aber möglich. „Sonst hätten wir im April 2020 den Stall nicht beziehen können.“ Auch auf den Betrieb von Florian Eichenseer wirkt sich der Ukraine-Konflikt stark aus. „Wir merken die gestiegenen Kosten für Futter, Energie und Diesel extrem“, sagt er. „Zum Glück sind die Erlöse für die Ernte und die Milchpreise höher - somit gleichen sich die Kosten aus.“ Wenn man es beim Verkauf der Ernte geschickt angestellt hat, war der Erlös sogar besser als die Jahre zuvor. Die Molkerei Bayernland zahlt ihm aktuell einen Netto-Milchpreis von 59 Cent/l. Auch merkt Florian Eichenseer die höheren Preise für mineralische Dünger. „Wir haben schon immer auf Düngereinsparung geachtet, jetzt noch mehr.“ Dazu kam das extrem trockene Jahr 2022. „Hier traf es uns vor allem am Futterertrag, aber wir haben keine Futternot. Wir sind gespannt, was kommt. Besser sieht es momentan nicht aus“, sagt er.
Ukraine-Krieg: „Betrieblich war das für uns ein „krasser“ Einschnitt"
Bei Heike Bär aus Bayern hielten sich die Folgen von Corona auf ihren Betrieb in Grenzen. „Was für viele ungewohnt war – Freizeit daheim, nicht in Urlaub fahren können - ist für uns als Tierhalter ja Normalität“, sagt sie. Besonders im ersten Lockdown hatte sie mehrfach Ärger mit Stadtbewohnern, die in Scharen zum Spazierengehen „auf’s Land“ rausgefahren sind und Feldeinfahrten blockierten. „Da die Kühe nicht in den Lockdown gegangen sind, war die größte Herausforderung für mich - wie für die meisten arbeitenden Eltern - Arbeit und Homeschooling unter einen Hut zu bringen.“ Und dann fiel Putin in der Ukraine ein. Betrieblich war das für sie ein wesentlich „krasserer“ Einschnitt. „Diesel, Strom, Dünger, Futtermittel – jede Kalkulation, jede Planung wird überflüssig“, sagt sie. Dazu kommen immer neue Initiativen, den Höfen noch mehr Bürokratie aufzubürden. Der Gedanke an die Berufskollegen in der Ukraine, die um’s Überleben und um ihr Leben kämpfen, lässt Heike Bär nicht los. Der Gedanke an die Großeltern, die das alles auch erlebt haben. Und dazu eine leise, aber stetige Angst, wohin das alles noch führen wird. Manchmal vergisst sie das alles im ganz normalen Wahnsinn des Alltags. „Aber wenn es mir dann wieder einfällt, ist er jedes Mal wieder da: der Kloß im Bauch, der mich jetzt schon seit drei Jahren begleitet und mich daran erinnert, dass es keine Gewissheit gibt. Es bleibt ja nur die Möglichkeit, aus diesem einen Tag das Beste zu machen. Wer weiß, was morgen kommt“, sagt sie.
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