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Haltung und Mast

Im Check: Automatische Rinderfütterung

am Dienstag, 02.12.2014 - 18:54 (Jetzt kommentieren)

Wer innerbetriebliche Arbeitsprozesse optimieren will und den Trend der Automatisierung erkannt hat, für den ist die automatische Fütterung nicht mehr weit. Lesen Sie im Check: Trends, Vorteile, Techniken, Kosten, Anbieter der automatischen Rinderfütterung.

In nordeuropäischen Ländern ist die automatische Rinderfütterung seit Jahrzehnten ein Thema - eben dort, wo Arbeitskräfte und Arbeitszeit knapp und teuer sind. Langsam schwappt der Trend der automatischen Rinderfütterung nach Deutschland. Deutlich zeigt er sich in Bayern: Betriebe wollen wachsen, aber den Arbeitskräftebedarf nicht erhöhen. Die Lösung? Automatisieren - im Freistaat gibt es laut Erhebung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) aktuell 80 Anlagen, europaweit sind es rund 1.000. 
 
Welche Vorteile bieten automatische Fütterungssysteme? Welche verschiedenen Techniken gibt es? Für wen lohnt sich die Anschaffung? Wir haben für Sie den Check gemacht.

Die Vorteile der automatischen Rinderfütterung

Soziale Aspekte:
  • zeitliche Ersparnis (laut Studien 35 Minuten pro Tag)
  • weniger Arbeitsbelastung
  • flexiblere Arbeitszeiteinteilung
  • ungelernte Kräfte können füttern
  • Arbeitsplanung an Wochenenden und in den Ferien möglich
  • zeitlich flexible Befüllung der Behälter
Vorteile für das Herdenmanagement:
  • Controlling wird optimiert
  • bedarfs- und leistungsgerechte Fütterung für alle Tiergruppen
  • verbesserte Futterhygiene
  • mehrmals täglich frische Futtervorlage
  • unterstützt den Kuhverkehr beim Robotermelken
Wirtschaftliche Faktoren:
  • kaum Futterreste - senkt Kosten
  • weniger Energiekosten durch den Einsatz von Strom statt Kraftstoff (abhängig von: Fütterungssystem, Tierzahl, Anzahl der Leistungsgruppen, Frequenz und Menge der Fütterungen, Beschaffenheit der Komponenten)
  • geringere Baukosten
  • Raumgewinn durch schmalere Futtertische
  • Nachrüsten in alten Ställen möglich - erspart Neubau

Für wen lohnt sich eine automatische Fütterung?

Im Prinzip lohnt sich die vollautomatische Fütterung für einen Milchvieh- oder Bullenmastbetrieb, der sein Futtermanagement optimieren will. In erster Linie sind die Systeme für Familienbetriebe interessant, die vor einer Wachstumsentscheidung stehen, aber nicht von Fremdarbeitskräften abhängig sein wollen.
 
Zudem stellt ein automatisches System eine Lösung dar, um den Tierbestand aufzustocken, ohne einen neuen Stall zu bauen. Beim Umbau der alten Futtergänge für automatisierte Systeme entsteht Platz für weitere Liegeboxen. Die Futtertische für automatiserte Systeme fallen mit 3,25 bis 3,50 Meter (m) kleiner aus als die für konventionlle Systeme. Die "Raumersparnis" liegt bei 1,50 m.
 
Betriebswirtschaftlich am sinnvollsten ist eine Vollautomatisierung beziehungsweise ein automatisches Fütterungssystem für mittlere Bestandsgrößen zwischen 150 bis 200 Kühen, erklärt Rosemarie Oberschätzl vom Institut für Landtechnik und Tierhaltung an der LfL. Doch ob 150 oder nur 50, ob 500 oder 1.000 Kühe - die Hersteller automatischer Systeme sprechen sowohl kleinere als auch große Betriebe an. Die Systeme sind modulartig aufgebaut und erweiterbar. Schienen, Bänder oder Induktionsschleifen sind selbst in alten Ställen nachrüstbar.
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Schema und Arten der automatischen Fütterung

Das Schema einer automatischen Fütterung läuft in folgenden Schritten ab: Lagerung/Bevorratung in Hoch- oder Flachsilos - Entnahme und Transport mit dem Schlepper/Futtermischwagen - Zwischenlagerung in Futterküche zur Kranbefüllung oder direkt in die Vorratsbunker - Mischen.
 
Auf der Stufe Mischen ruft der TMR-Futterroboter für jede Mischung die benötigte Komponente von den Vorratsbehältern ab und mischt die Ration. Die Verteilung erfolgt je nach System per schienengeführtem Futtermischwagen, mobilem Mischer oder per Förderband. Fast alle Systeme schieben das Futter abschließend automatisch ran.

Um das richtige System und den passenden Anbieter auszuwählen, ist es wichtig, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Arten der automatischen Fütterung zu kennen. Die LfL unterscheidet drei Stufen der Automatisierung.
 
Automatische Futtervorlage (Bänderfütterung, selbstfahrender Futtermischwagen)
  • Vorteile: mehrmals tägliches Füttern einer Leistungsgruppe, geringere zeitliche Bindung für das Füttern, Kostenvorteil - keine Zwischenlagerung
  • Nachteile: Automatische Erstellung der Futtermischung fehlt, zeitlich gebunden an Mischungserstellung, Futter bleibt lange im Mischer
Halbautomatische Fütterung (Schienengeführte oder stationärer Mischer zusätzlich Verteilwagen)
  • Vorteile: Erstellung einer Mischration in Kombination mit der automatisierten Futtervorlage, keine zeitliche Bindung, frische Mischung mit Einzelkomponenten
  • Nachteile: Zwischenlager erforderlich
Vollautomatische Fütterung
  • Vorteile: Entnahme des Grundfutters, das Mischen der Ration sowie die Fütterung erfolgt automatisch, mehrmals tägliches Füttern aller Leistungsgruppen, zeitlich flexibel, kein Zwischenlager, keine Futterküche - direkte Entnahme aus dem Silo, gute Futterqualität
  • Nachteile: Hoher Investitionsbedarf für Hoch und Tiefsilos, hoher Elektroenergieverbrauch

Beispiele automatischer Fütterungssysteme

Das Angebot an automatischen Fütterungssystemen ist groß. Etwa 15 Hersteller stellen Anlagen für den deutschen Markt her, so die LfL (hier eine Auswahl, Stand EuroTier 2014).
 
Pellon: Die finnische Firma bietet ihre Lösungen unter dem Namen 'Feeline' an. Das Prinzip basiert bei den meisten automatischen Lösungen aus den Komponenten Vorratsbehälter/Bunker/Frischebox-Mischer und Verteilung des Futters. Hier bietet Pellon eine schienengeführte Verteilung oder die Bandfütterung an. Der Pellon 'TMR Robot' ist ein an einer Schiene hängender Fütterungsroboter, der Mischungen automatisch erstellt und verteilt.
 
Hirl: Der Familienbetrieb aus Niederbayern führte auf der EuroTier den Selbstfahrenden Futtermischwagen 'SF Horizontal XL 1.300' vor. Der Vorteil dieser Anschaffung ist, dass keine baulichen Umbaumaßnahmen erfolgen müssen. Der Wagen wird entweder per Traktor oder Fräsevorrichtung am Wagen beladen. Das Mischen übernehmen drei gegenläufige Schnecken. Die Vorlage auf dem Futtertisch erledigt der Futtermischwagen selbst. Den Weg findet der kraftstoffgetriebene Wagen per GPS.
 
Jeantil: Das Jeantil-Konzept besteht aus einer Mischstation für die Rationen, Zufuhrbändern, Steueranlange und dem selbstfahrenden Roboter, der das jeweils auf die Gruppen abgestimmte Futter zu den Tieren bringt. Die Führung des Roboters erfolgt per Induktionskabel im Boden. Für die Sicherheit sorgen - wie bei allen Systemen - Sensoren beziehungsweise Kontaktleisten, um das Gerät anzuhalten.
 
Lely: Zwei Jahre nach Einführung eines schienengeführten Systems wartet der niederländische Erfinder des Robotermelkens mit dem 'Lely Vektor' auf. Der Vektor benötigt eine Futterküche. Hier befinden sich das Futter und die Kranbahn, entlang der der Greifer das Futter vom Lager bis zum Mischer bringt. Nach dem Mischen setzt sich der Roboter entlang der Induktionsschienen in Richtung Futtertisch in Bewegung. Auf dem Futtertisch angekommen, orientiert sich der 'Lely Vektor' über Ultraschall an den Freßgittern.
 
Trioliet: Der niederländische Familienbetrieb Triolet hat mehrere Lösungen im Angebot. Zum Beispiel gibt der 'Triomatic T 40' dem Landwirt einen Spielraum für die Fütterung von zwei bis fünf Tagen, der 'Triomatic T 30' von zwei bis drei Tagen. Der T 30 ist eine Kombination aus Fütterungsroboter und einem oder mehreren Zuführbunkern. Die Anzahl der Bunker richtet sich nach der Anzahl der Raufutterkomponenten. Ein Schienensystem führte den an Ketten aufgehängten Roboter zum Stall. Auf dem Weg dorthin läuft der Mischvorgang ab.
 
Wasserbauer: Durch die Luft schwebt auch das System von Wasserbauer, dem österreichischen Hersteller für automatische Fütterung. Je nach Anzahl der Komponenten lassen sich mehrere Frischeboxen aneinanderreihen. In den Frischeboxen wird das Futter auf eine Partikellänge von 3,5 bis vier Zentimeter zerkleinert. Das Grundfutter gelangt per Förderband in den Mischer. Mittels Stromantrieb setzt sich der Roboter über Führungsschienen in Bewegung.
 
TKS: der Norwegische Hersteller bietet ein vollautomatisches System an. Die Beladung der Bunker mit Stroh-, Heu-Ballen, Gras- oder Maissilage erfolgt automatisch. Der Vorrat reicht bis zu drei Tage. Vom Bunker geht es für das zerkleinerte Futter in den Roboter. Der fährt entlang von Schienen zum Stall. Neben der Führungsschiene verläuft eine Stromschiene. Auch dieses System ist ein Beispiel, das sich gut in alten Ställen nachrüsten läßt.
 
Gea: Mit der Produktlinie 'Mullerup' stellt Gea Systeme zur automatischen Fütterung vor. Zum Beispiel übernehmen die Systeme 'Mix and Carry' oder auch der 'Mix Feeder' alle Schritte vom Einwiegen der Rohfutteranteile über das Mischen bis zur Auslage am Futtertisch. Der Weg zum Futtertisch jeweils ist schienengeführt. Das Besondere an den Gea Systemen ist, dass sie nicht per Strom sondern mit Akku betrieben werden.
 
Schuitemaker: Eine Lösung, die ganz ohne menschliches Zutun auskommt, ist der 'Innovado' von Schuitemaker. Es ist ein Futtermischwagen, der selbstständig zum Silo fährt, das Futter schneidet, mischt und verteilt. Im Stall wird die Maschine über Transponder gesteuert, außerhalb des Stalls mittels RTK-GPS. So findet der 'Innovado' auch den Weg zu den Silos mit Kraft- und Mischfutter, aus denen er je nach Programmierung die Komponenten entnimmt.
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Wieviel Geld muss der Landwirt investieren?

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft hat die Kosten für drei verschiedene Bestandsgrößen berechnet (ohne Elektroinstallation). Ein besonderer Degressionseffekt ergibt sich bei der Bestandsentwicklung von 80 auf 160 Kühe. Fallen bei 80 Kühen Kosten in Höhe von 1.882 Euro pro Tier an, sind es bei 160 Tieren 1.185 Euro. Für 220 Kühe liegen die Kosten pro Tier bei 1.024 Euro. Als größte Kostenblöcke hat die LfL Vorratsbehälter und die Gutzuführung (Mischer/Verteiler) identifiziert.
 
Zu Buche schlagen eventuell weitere Kosten für Investitionen. Hier ist an Kosten für die Elektronik oder Baukosten für ein Gebäude zu denken, in dem die Futterküche mit Futterboxen, Zuführbänder und Mischer untergebracht ist.
 
Die Anfrage bei den Herstellern hat ergeben, dass je nach System Kosten zwischen rund 75.000 und 250.000 Euro zu veranschlagen sind. Ein vollautomatisches System von Jeantil für 250 Kühe mit Futterküche, Mischer, Zuführbändern, Roboter kostet um die 230.000 Euro. Eine vollautomatische Variante hält der norwegische Landtechnikhersteller tks ab 140.000 Euro (150 Kühe) vor.
 
Für die gleiche Herdengröße gibt es von der Firma Lely für 120.000 Euro den Lely Vektor mit Kranbahn, Futter- und Ladestation. 75.000 Euro werden für eine Lösung für 80 Kühe bei der Firma Pellon für die Kombination aus Mischer, Förderband und Futterband fällig. Die Komplettlösung aus den Niederlanden - der Innovado - kostet 240.000 Euro.
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Fotostrecke: Automatische Fütterung - die Anbieter

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