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Rinderzucht

Diese Jungbullen sorgen für gute Milchinhaltsstoffe

Bild 1 Bulle SEPIA
am Montag, 15.06.2020 - 08:14 (Jetzt kommentieren)

Auf die inneren Werte kommt es an. Dieser Spruch trifft auch auf die Holsteinzucht zu, denn neben der Leistung müssen die Milchinhaltsstoffe stimmen. Welche Vererber sich nach neuesten Werten eignen, erklärt Prof. Wilfried Brade.

Wie jedes Jahr wurde in der Frühjahrszuchtwertschätzung Holstein die jährliche Datenanpassung durchgeführt. Bei dieser Auswahl wurden jetzt nur noch Tiere berücksichtigt, von denen Vater, Mutter und Muttersvater bekannt sind. Zudem wurde bei den schwarzbunten Jungvererbern der Gesamtzuchtwert (RZG) um minus 3,1 Zuchtwertpunkte angepasst. Bei den rotbunten Jungvererbern fiel die Anpassung mit minus 4,4 RZG-Punkten noch etwas höher aus. Durch diese Veränderung wurden auch die Spitzenplätze der Holsteinzucht wieder etwas durchgemischt.

Bisher erfolgte die Auswahl der jungen Besamungsbullen vorrangig nach dem deutschen RZG, der der Milchmengenleistung eine besonders hohe Wertschätzung einräumt. Leider wird nach wie vor noch sehr stark auf das Vererbungspotenzial bezüglich der Milchmenge geachtet. Auch wurden bevorzugt Vatertiere eingestellt, die einen sehr hohen Milchcharakter bei unterdurchschnittlicher Körperkondition vererben. Jedoch lassen sich regelmäßig einige Bullen finden, die nachweislich in der Lage sind, über hohe Milchinhaltsstoffe die Milchfett- und -eiweißmenge zu verbessern. Ein Beispiel hierfür ist der Bulle Sepia. Bullen wie er sollten künftig vor allem in der grünlandbasierten Milcherzeugung eingesetzt werden. Hier liegt im Vergleich zu Maissilagen aus Ackerbauregionen oft nur eine begrenzte Energiedichte in den Silagen vor.

Starke Familie

Mit dem Jungbullen Sepia aus Greifenberg kann sich ein bayerischer Vertreter einen Platz unter den zuchtwertstärksten Jungvererbern sichern. Bei einer Zunahme der Milchinhaltsstoffe von 0,63 Prozent bei Fett und 0,3 Prozent bei Eiweiß gehört der Semino-Sohn von Barbara Ritzel aus Germaringen zu den aktuellen Inhaltsstoffspezialisten. Bis auf die Beckenneigung kann er auch im Exterieur überzeugen und das mit einem RZG von 155 Punkten. Die besten Ergebnisse sollten bei Anpaarungen auf eher milchbetonte Kühe erwartet werden.

Der Jungbulle bleibt damit der Linie seiner erfolgreichen Kuhfamilie treu, denn Sepias Großmutter Mabelle ist die Mutter des Missouri-Sohns Milton, der zu den besten töchtergeprüften Bullen zählt. Auch Melania, die Mutter von Sepia, hat bereits zum dritten Mal gekalbt, und begeistert durch die enorme Länge im Körper, sowie das lebhafte, breit aufgehängte Qualitäts- euter.

Seine hervorragenden genomischen Zuchtwerte machen Sepia zu einem der Top-Bullen der Population. Er ist bundesweit verfügbar und wird bereits wegen seiner herausragenden Eigenschaften als Bullenvater in gezielter Anpaarung eingesetzt.

Keiner ist perfekt

Zweifellos ist es schwieriger, zwischen den sogenannten Wassmilchbullen Vatertiere zu finden, die einen hohen Milcheiweißgehalt und gleichzeitig eine hohe Milchleistung vererben, aber man findet sie, wenn man gezielt sucht. Das zeigt das Beispiel von Sepia.

Natürlich haben auch diese Vatertiere, wie jeder andere Besamungsbulle, einzelne Schwächen oder besitzen eine sehr enge Verwandtschaft zum eigenen Kuhbestand. Aus diesem Grund sollten sie individuell angepaart werden. Den fehlerlosen Bullen gibt es einfach nicht. Jedoch gehören Bullen wie Sepia zukünftig in jedes Bullenanpaarungsprogramm seriöser Spermaanbieter. Dazu sollte man am besten das Gesamtangebot im Bundesgebiet nutzen, denn solche Merkmalsverbesserer sind in der Tat nur vereinzelt in den regional arbeitenden Besamungsorganisationen vorhanden. Gleichzeitig sind nur solche Vererber zu empfehlen, die bei den Töchtern die verfügbaren Körperreserven in der Frühlaktation nicht weiter negativ verstärken und den Milchcharakter der Kühe zusätzlich fördern. Das zeigt ein Vergleich in der Tabelle (BCS mindestens 100; Milchcharakter höchstens 110). Diese Zuchtstrategie trifft inzwischen auch auf andere Milchrind- rassen zu.

Das Problem mit den Zuchtwerten

Bei der aktuellen Bewertung der Vatertiere wurden in zahlreichen Veröffentlichungen wiederum nur die Rangfolgen nach dem gültigen Gesamtzuchtwert genutzt. Wir wissen aber längst, dass der aktuell genutzte RZG dringend überarbeitet werden muss. Die Milchleistung wird über die Milchmengenzuchtwerte selbst im internationalen Vergleich sehr hoch gewichtet. Moderne Zuchtziele sind jedoch sehr komplex. Erschwerend kommt hinzu, dass zahlreiche unerwünschte Merkmalszusammenhänge existieren, wie hohe Milchmengenleistung und geringe Milchinhaltsstoffe. Aus diesen Gründen ist der Einsatz von Vatertieren abzulehnen, die sehr edle, großrahmige Milchkühe mit viel Milchcharakter und gleichzeitig wenig Körperreserven in der Frühlaktation vererben. Außerdem sollte bei der Bullenauswahl auf Qualität und nicht auf Quantität der Milch gesetzt werden.

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