Einer der wichtigsten ökonomischen Faktoren, die eine Milchviehherde wirtschaftlicher machen, ist das Erstkalbealter (EKA). Es sollte zwischen
24 und 26 Monaten liegen. Doch zu oft werden Färsen zu spät besamt, obwohl sie das entsprechende Gewicht, die Statur und das Alter erreicht haben. Finanziell gesehen ist dies eine absolute Fehlentscheidung, denn die Aufzuchtkosten mit Futteraufwand, Arbeitsbelastung und Stallplatzbedarf machen rund 15 bis 20 Prozent der Gesamtkosten aus und belegen damit nach den Futterkosten den zweiten Platz.
Bei Aufzuchtkosten von rund 2.345 Euro und beispielsweise einem durchschnittlichen Erstkalbealter von 29,1 Monaten sind das pro Aufzuchtmonat rund 80 Euro – 80 Euro, die pro Kuh und zusätzlichem Aufzuchtmonat anfallen. Aber auch Fehler in der Aufzucht, Haltung und Fütterung sowie Durchfall- oder Atemwegserkrankungen verursachen höhere Kosten, so wie zu hohe Erstkalbealter.
Eine Managementfrage
Senkt man das Erstkalbealter durch eine intensive und den Anforderungen angepasste Aufzucht ab, werden nicht nur Aufzuchtkosten eingespart. Auch eine höhere Milchleistung und stärkere Inhaltsstoffe, die Gesundheit und eine verbesserte Fruchtbarkeit zahlen auf das Konto ein, allerdings nicht automatisch. Ausschlaggebend ist das bessere und konsequentere Management, das zu geringeren EKA und gleichzeitig zu besseren Leistungen und Inhaltsstoffen führt.
In den USA wurden dazu die Daten der Dairy Herd Information Association (DHIA), die über das Management-Tool Dairy Records Management Systems (DRMS) erhoben wurden, veröffentlicht. So entstand ein Vergleich der Erstkalbealter zwischen den Jahren 2011 und 2016. Das EKA lag über die Rassen verteilt im Jahr 2016 zwischen 24,8 und 26,8 Monaten. Das sind im Schnitt rund 1,5 bis 1,8 Prozent weniger als noch im Jahr 2010
Mehr Milch
Zudem ist aus diesen Daten zu erkennen, dass sich mit einem niedriger werdenden EKA die Milchleistung und die Inhaltsstoffe verbessert haben. Untersuchungen aus den USA und Erhebungen vom Landeskontrollverband Mecklenburg-Vorpommern zeigen zum Beispiel für Holsteinkühe die höchsten Milchleistungen und damit auch Einnahmen bei einem Erstkalbealter von rund 24 bis 26 Monaten. Auch in puncto Lebensleistung sind die früh besamten den spät besamten Tieren überlegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Tiere gut entwickelt sind, ein entsprechendes Gewicht und eine gute Größe aufweisen.
Verantwortlich für eine höhere Milchleistung ist auch das geringere Risiko für Mastitiserkrankungen. Derzeit ist es in vielen Milchviehbetrieben so, dass immer mehr Färsen mit einer Mastitis in die erste Laktation starten. Nach Angaben des Tiergesundheitsdienst Hannover ist jedes zweite Tier bei Laktationsstart subklinisch oder jedes sechste klinisch erkrankt. Die Ursachen sind verschieden, jedoch steigt das Risiko bei Aufzuchttieren mit zunehmendem EKA. So haben Rinder mit einem EKA von über 27 Monaten ein um das 1,5-fache höheres Risiko, an einer Färsenmastitis zu erkranken, als Tiere mit einem niedrigerem EKA.
Nicht zu dick werden lassen
Auch für die Fruchtbarkeit hat das Ziel, ein frühes Erstkalbealter zu erreichen, Vorteile. Werden die Tiere intensiv gefüttert, muss auch früh besamt werden, denn nehmen die Tiere zu stark zu, verschlechtert sich die Konzeptionsrate sehr schnell. Auffällig bei niedrigen EKA ist auch die geringe Anzahl an Schwergeburten. Das hängt vor allem damit zusammen, dass mit voranschreitendem Alter die Verfettung zunimmt und die Geburtswege nicht mehr so dehnbar sind. So sind 22 Prozent der Geburten ab einem EKA von 29,5 Monaten Schwergeburten.
Zudem hat ein geringeres Erstkalbealter Auswirkungen auf die Nutzungsdauer. Untersuchungen aus Rheinland-Pfalz ergaben, dass Tiere mit einem hohen EKA von 32 bis 33 Monaten auch die höchste Nutzungsdauer aufweisen. Andererseits liegt die Nutzungsdauer der erheblich jüngeren Tiere (EKA 24 bis 25 Monate) nur knapp drei Monate darunter. Dagegen bedeutet die um acht Monate kürzere Aufzuchtdauer, laut der Forschungsarbeit, immerhin geringere Aufzuchtkosten von über 500 Euro pro Färse.
Die Lebensleistung der später abgekalbten Tiere lässt diese Rechnung auch nicht besser dastehen. Denn in der Studie fand man zudem heraus, dass die Tiere mit der höchsten Nutzungsdauer (EKA 32 bis 33 Monate) eine um rund 600 kg niedrigere Lebensleistung, als die mit einem EKA von 24 bis 25 Monate haben. Die höheren Aufzuchtkosten lassen sich also nicht durch eine höhere Milchleistung rechtfertigen.
Diese eine kleine Zahl, das Erstkalbealter, hat somit Auswirkungen auf den gesamten Milchviehbetrieb: auf das Management, die Tiergesundheit, die Milchleistung, die Kalbung selbst und auf die Wirtschaftlichkeit. So ist Erfolg hier wirklich eine Frage des Alters.
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