
Anfang März flatterte den Hochland-Milcherzeugern ein Schreiben ihrer Molkerei ins Haus. Darin heißt es: „Gemeinsam mit Ihnen möchten wir unsere Tierwohl Produktpalette ausbauen“. Konkret geht es darum, mehr Produkte unter dem Label „Für mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes zu vermarkten. Den Einstieg in dieses Segment hatte Hochland im Sommer 2019 mit drei Käsesorten für den Discounter Aldi gewagt.
Nun will das Familienunternehmen das Sortiment erweitern – und sucht dafür Milcherzeuger, die die höheren Haltungsanforderungen erfüllen.
Das sind die Kriterien, die Hochland fordert
Ein Markttest soll im Sommer zunächst mit bereits zertifizierten Milchmengen der MEG Milchland Baden-Württemberg erfolgen. Fällt der Test erfolgreich aus, will Hochland Ende dieses Jahres einen Teil der Milchanlieferung zum Werk Schongau nach den Kriterien des Deutschen Tierschutzbundes zertifizieren lassen.
Geplant ist eine Zertifizierung nach der Einstiegsstufe des Tierschutzlabels. Die Anforderungen sind eindeutig definiert. Unter anderem sind mindestens 6 Quadratmeter Platz pro Kuh im Stall vorgeschrieben. Der Liegeplatz muss eine weiche, verformbare Auflage und organische Einstreu aufweisen. Vorgeschrieben sind außerdem
- Außenklimakontakt,
- Enthornung nur durch den Tierarzt mit Betäubung und Schmerzmitteln,
- eine Kuhbürste pro 60 Tiere,
- Teilnahme an QM Milch und Milchleistungsprüfung,
- jährliche Klauenpflege,
- zwei Audits pro Jahr.
3 Cent mehr für die Einstiegsstufe
Für die höheren Anforderungen bietet Hochland den Milcherzeugern einen Zuschlag von 3 Cent/kg. Die Milcherzeuger im Einzugsgebiet des Schongauer Werkes werden in diesen Tagen in Online-Veranstaltungen über das Vorhaben informiert. Die Teilnahme ist freiwillig.
Das Projekt von Hochland zeigt, dass die Haltungsbedingungen in der Milcherzeugung zunehmend vom Markt und weniger vom Gesetzgeber gesteuert werden. Zu den Teilnahmekriterien bei Hochland zählt nämlich auch ein Verbot der Anbindehaltung. Und mit dieser Milchpreisdifferenzierung ist die Allgäuer Käserei beileibe nicht allein.
VMB beobachtet Trend zur Milchpreisdifferenzierung
Wie der Verband der Milcherzeuger Bayerns (VMB) berichtet, zahlen bereits mehrere Molkereien in Süddeutschland unterschiedliche Milchpreise, um damit auf die Haltungsform Einfluss zu nehmen – oder sie lehnen bestimmte Stallformen vollständig ab.
Beispiel Hochland: Die Käserei will nicht nur das Tierschutzlabel stärker nutzen. Ab 2022 wird das Familienunternehmen in seinem Werk Schongau keine Milch mehr aus ganzjähriger Anbindehaltung verarbeiten. Der Anteil dieser Milch an der gesamten Verarbeitungsmenge liegt nach Angaben von Hochland bei 3 Prozent. Sie soll weiter abgeholt, aber anderweitig vermarktet werden. "Aufgrund des Mehraufwands wird es eine Differenzierung des Milchpreises zwischen Milch aus Laufstall- oder Kombihaltung einerseits und ganzjähriger Anbindehaltung andererseits geben", teilte eine Sprecherin gegenüber agrarheute mit.
Molkereien strafen ganzjährige Anbindehaltung ab

Die genossenschaftlichen Milchwerke Berchtesgadener Land honorieren mehr Bewegungssmöglichkeiten für das Milchvieh nach Angaben des VMB bereits seit geraumer Zeit mit 3,5 Cent/kg Milch. Dabei setzt sich der Aufschlag aus einer Weide-, einer Auslauf- und einer Laufstallprämie zusammen. Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung wird mit einem Abschlag von 2 Cent bestraft und landet nicht mehr in Produkten der grünen „Wohlfühlmarke“.
Die Goldsteig Käsereien Bayerwald werden ab Mitte dieses Jahres einen Tierwohlbonus von 1,5 Cent für Lieferanten mit Laufstall oder Kombinationshaltung zahlen. Die Naabtaler Milchwerke haben einen zeitlich gestaffelten Abschlag für Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung festgelegt. Die Almil AG differenziert in diesem Punkt ebenfalls beim Milchgeld und auch die Privatmolkerei Bauer sucht einem gleitenden Ausstieg aus dieser Haltungsform.
Für Landwirte, die ihre Zukunft in der Milchviehhaltung sehen, heißt es darum immer öfter, genau nachzurechnen, ob sie die geforderten Haltungskriterien zu den angebotenen Aufschlägen erfüllen können. Der Markttrend geht jedenfalls eindeutig in Richtung mehr Tierwohl im Stall. Entscheidend wird sein, ob der Lebensmittelhandel die höheren Produktionskosten mitträgt und an den Verbraucher durchreicht.
Hier geht es zu den aktuellen Milchpreisen der Molkereien.
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