Kämpfen Landwirte in ihrer Herde mit einer hohen Anzahl von Lahmheiten bei jungen Milchkühen, versuchen sie möglicherweise, ein Problem zu beheben, dass bereits viel früher entstanden ist. Diese Meinung vertritt Nigel Cook, Mitglied des Royal College of Veterinary Surgeons und Professor an der School of Veterinary Medicine der Universität von Wisconsin-Madison. Professor Cook beschäftigt sich in seiner Arbeit mit Klauenerkrankungen und ist sich sicher, dass mindestens zwei der fünf berühmten Lahmheiten – nämlich Zwischenklauennekrosen, Dermatitis digitalis (DD), Sohlengeschwüre, Weiße-Linie-Defekte und Klauenspitzengeschwüre – ihren Ursprung bereits im Färsenalter haben könnten.
„Dermatitis digitalis ist eine hochgradig ansteckende Krankheit, die sich in Laufställen ausbreitet. Hier sind die Klauen der Tiere ständig Feuchtigkeit und Kot ausgesetzt“, erklärt Nigel Cook. Er beobachtete, dass in einigen Herden bis zu 30 Prozent der Färsen mit verräterischen DD-Läsionen, die oft als haarige Fersenwarze bezeichnet wird, aufgewachsen sind.
Läsionen an den Klauen: Schon in der Färsenaufzucht beachten
Diese dunkelroten, erdbeerartigen und haarigen Strukturen an der Ferse und in den Zehenzwischenräumen des Jungrinds sind äußerst schmerzhaft. Sie können zudem dazu führen, dass die Kühe ein Leben lang unter chronischen und schwer zu behandelnden Läsionen leiden. Dies wiederum führt zu ständigem Stress, eingeschränkter Mobilität und geringem Produktionspotenzial.
Daten aus verschiedenen Untersuchungen von Prof. Cook zeigten, dass etwa die Hälfte der Färsen, die vor der Laktation eine DD-Erkrankung erlebten, in ihrer ersten Laktation erneut an einer Läsion litten. Bei Färsen mit mehr als einer DD-Erkrankung, stieg die Häufigkeit in der ersten Laktation auf etwa 67 Prozent. Im Gegensatz dazu hatten nur etwa 14 Prozent der Färsen ohne Läsionen im Jungviehalter eine DD-Erkrankung in der ersten Laktation.
„Aus diesem Grund sollten Färsen und Kühe aktiv auf Anzeichen von DD-Läsionen untersucht werden. Fallen dabei Läsionen auf, müssen sie sofort mit äußerlich anzuwendenenden Lösungen behandelt werden“, erklärt Prof. Nigel Cook. Er empfiehlt Fußbäder mit diesen Mitteln ab dem Färsenalter, insbesondere in Herden, in denen bereits Färsen mit Läsionen aufgewachsen sind.
Färsen natürliche Trittflächen bieten
Eine trockene Umgebung und natürliche Trittflächen während der Entwicklung der Färsen verringern zudem die Gefahr, dass sich die Dermatitis digitalis schon früh im Leben einer späteren Milchkuh festsetzt. Zusätzlich konnte Cook in Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen einer Futterergänzung mit organischen Spurenelementen, vor allem Zink, und der Vorbeugung von Dermatitis digitalis feststellen.
Neben dem frühen Auftreten von DD-Läsionen bei Färsen sei das frühe Vorkommen von Zehenverletzungen bei Färsen eine weitere Herausforderung in der Klauengesundheit. Meist gehe diese Erkrankung mit einer Klauenfehlbildung – einer sogenannten Korkenzieherklaue oder Rollklaue – einher.
„Dieses Erkrankungsbild ist das Ergebnis einer unausgewogenen Abnutzung und eines unausgewogenen Wachstums der Klaue“, erklärt der Wissenschaftler. Die äußere Klaue trägt dadurch kein Gewicht mehr und die innere Klaue übernimmt das volle Gewicht des Tiers. „So entsteht das Korkenzieher-Erscheinungsbild der inneren Klaue, was zu dünnen Sohlen und Zehengeschwüren führt“, beschreibt er weiter.
Bis zum ersten Besamen: Färsen in eingestreuten Bereichen unterbringen
Um ein solches Erkrankungsbild bei Färsen zu vermeiden, empfiehlt Prof. Cook, dass Färsen bis mindestens zum ersten Besamen in eingestreuten Bereichen untergebracht sein sollten. Dabei sollte organisches Einstreumaterial und nicht Sand zum Einsatz kommen. Bei Betonböden sollte die Rillenbreite so reduziert werden, dass ein Ausrutschen der Tiere minimiert wird. Zusätzlich sollte ihnen Zugang zu Weideflächen im Freien mit natürlichen Oberflächen geboten werden.
„Bei Färsen, die auf der Weide aufgezogen werden, sehen wir keine Rollklauen-Probleme“, erklärt er. „Bietet man den Kühen schon früh das richtige Umfeld für ihre Entwicklung, kann man Klauenerkrankungen und mechanischen Problemen vorbeugen, die die Kühe sonst ihr ganzes Leben lang einschränken können.“
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