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Aus der Wirtschaft

Globaler Rindfleischhandel auf Rekordniveau

am Dienstag, 19.11.2013 - 06:29 (Jetzt kommentieren)

Washington - Am Weltmarkt wird in diesem Jahr so viel Rindfleisch gehandelt wie niemals zuvor. 2014 dürften sich die Warenströme noch weiter intensivieren.

Experten des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) gehen in einer aktuellen Marktprognose davon aus, dass von den statistisch erfassten Ländern 2014 die Rekordmenge von 9,2 Millionen Tonnen Rindfleisch exportiert und damit das voraussichtliche Handelsvolumen des laufenden Jahres um rund 300.000 Tonnen übertroffen wird. Innerhalb von fünf Jahren hätte sich damit die globale Ausfuhrmenge um 1,75 Millionen Tonnen oder fast um ein Viertel vergrößert.
 
Grund für diese Dynamik ist unter anderem der Fleischhunger Chinas. Dem US-Agrarressort zufolge wächst dort die Nachfrage viel schneller als die Erzeugung. Den Importbedarf der Volksrepublik an Rindfleisch veranschlagen die Analysten des USDA in diesem Jahr auf 400.000 Tonnen und für 2014 auf 475.000 Tonnen; im vergangenen Jahr lag das Defizit lediglich bei 100.000 Tonnen. Hinzu kommen noch umfangreiche Einfuhren, die über Hongkong abgewickelt werden, sowie die stetig steigende Zahl von importierten Rindern für die Milcherzeugung.

Die größten Rindfleischexporteure

Einer der größten Profiteure des Rindfleischbooms in China ist Australien, das dort in den ersten drei Quartalen 2013 fast 100.000 Tonnen mehr Rind- und Kalbfleisch absetzen konnte. Die weltweit größten Importeure von Rindfleisch mit jeweils etwas mehr als eine Million Tonnen dürften jedoch 2014 die USA und Russland bleiben. In beiden Ländern ist aufgrund der sinkenden heimischen Erzeugung mit etwas höheren Bezügen vom Weltmarkt zu rechnen.
 
Ein spürbar steigender Importbedarf wird für Südkorea mit einem Plus von fast acht Prozent auf 400.000 Tonnen erwartet. Insgesamt prognostizieren die Washingtoner Analysten für 2014 einen Anstieg der Rindfleischeinfuhren über alle vom USDA erfassten Länder hinweg um 362.000 Tonnen oder 4,3 Prozent auf rund 7,5 Millionen Tonnen, nachdem die globale Importmenge bereits in diesem Jahr um rund 500.000 Tonnen oder mehr als acht Prozent zunehmen soll.
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Ausfuhren Brasiliens werden steigen

Die steigende Importnachfrage am Weltrindfleischmarkt dürfte den Exporteuren 2014 gute Absatzmöglichkeiten bieten. Das US-Ministerium erwartet insbesondere für die beiden Marktführer Brasilien und Indien lebhaftere Geschäfte. Die brasilianischen Erzeuger haben ihre Rinderherden weiter aufgestockt und ihre Produktivität mit Hilfe staatlicher Programme verbessert.
 
Die Rindfleischproduktion dürfte deshalb in diesem und im nächsten Jahr um jeweils 300.000 Tonnen steigen und 2014 auf das neue Rekordniveau von 9,9 Millionen Tonnen klettern. Zwar ist im kommenden Jahr mit Unterstützung der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien auch mit einem höheren Inlandsverbrauch zu rechnen, doch wird der prognostizierte Konsumanstieg um 1,8 Prozent auf 8,0 Millionen Tonnen nicht ausreichen, um den Markt zu räumen. Die Washingtoner Analysten rechnen deshalb mit einem spürbaren Zuwachs bei den brasilianischen Exporten: Bereits in diesem Jahr sollen diese um 18 Prozent auf 1,8 Millionen Tonnen zulegen; für 2014 wird ein weiteres Plus um fast acht Prozent auf 1,94 Millionen Tonnen erwartet.

Abwertung des Real hilft Exporteuren

Mit dem erwarteten Ausfuhrplus würde Brasilien seine führende Rolle als weltweit größter Rindfleischexporteur ausbauen und für gut ein Fünftel der globalen Lieferungen verantwortlich sein. Bessere Absatzmöglichkeiten sehen die brasilianischen Anbieter vor allem in Russland, wo die eigene Ware Herkünfte aus den USA verdrängt, die wegen des Einsatzes des Wachstumsförderers Ractopamin gesperrt wurden. Andererseits setzt man darauf, dass der eigene Marktzugang in Ländern wie Saudi-Arabien oder China wieder möglich wird, der nach einem Fall der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE) im Dezember 2012 untersagt worden war.
 
Vermehrte Lieferungen sollen auch nach Ägypten, Iran, Hongkong und in die EU gehen. Dem US-Ministerium zufolge haben sich zuletzt mehr brasilianische Erzeuger dem von der Gemeinschaft geforderten System zur Rückverfolgbarkeit angeschlossen.
    Nach Angaben der EU-Kommission sind die Rindfleischimporte der Mitgliedstaaten aus Brasilien von Januar bis August gegenüber dem Vorjahreszeitraum bereits um 14 Prozent auf insgesamt 92.600 Tonnen gestiegen. Eine Trumpfkarte im internationalen Wettbewerb dürfte für brasilianische Anbieter auch sein, dass der Real sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch gegenüber dem Euro und dem australischen Dollar stark abgewertet und beispielsweise innerhalb von zwei Jahren rund ein Fünftel seines Wertes gegenüber dem US$ eingebüßt hat.

    Indiens Ausfuhr boomt

    Stark an Bedeutung als internationaler Rindfleischexporteur hinzugewonnen hat in den vergangenen Jahren Indien. Den Daten des USDA zufolge wird der Subkontinent in diesem Jahr einschließlich Büffelfleisch etwa 1,65 Millionen Tonnen an ausländische Kunden verkaufen und damit Australien von Platz zwei der globalen Lieferanten verdrängen. Für das kommende Jahr kann von einem weiteren Anstieg der Rindfleischexporte um gut sechs Prozent auf 1,75 Millionen Tonnen ausgegangen werden.
     
    Treibende Kraft für die dynamische Ausfuhrentwicklung ist nach Angaben des US-Agrarressorts die rasant wachsende Nachfrage der Inder nach Milcherzeugnissen. Deswegen wächst der Rinderbestand kontinuierlich an und wird 2014 voraussichtlich 330 Millionen Tiere umfassen.
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    Die eher als Koppelprodukt der Milcherzeugung gesehene Fleischproduktion wird sich 2014 auf knapp vier Millionen Tonnen belaufen, von denen aber nur 2,2 Millionen Tonnen im Inland vermarktet werden können. Da in weiten Teilen des Landes und der Bevölkerung der Verzehr von Rindfleisch tabu ist, muss ein immer größerer Anteil des anfallenden Rind- und Büffelfleisches auf Auslandsmärkten abgesetzt werden. Indien bietet seinen Kunden laut USDA eher preiswerte Ware im unteren Qualitätssegment an; für das Angebot an Halalfleisch besteht eine große Nachfrage. Die Lieferungen gehen vor allem nach Südost-Asien, wo Vietnam und Malaysia die wichtigen Abnehmer sind. Aber auch afrikanische Staaten wie Ägypten und Algerien sowie der arabische Raum mit Saudi Arabien und Jordanien sind wichtige Kunden für indisches Rind- und Büffelfleisch.

    Unfreiwilliger Exportrekord für Australien

    Die australische Rinderbranche wird 2013 aller Voraussicht nach als Rekordjahr in Erinnerung behalten, denn sowohl die Erzeugung als auch die Exporte werden langjährige Rekordmarken erreichen. Dies geschah allerdings nicht freiwillig, sondern war Folge einer schweren Dürreperiode, vor allem im Bundesstaat Queensland. Wegen der dadurch unzureichenden Futtergrundlage mussten viele Farmer ihre Tiere zum Schlachter bringen; das US-Ministerium geht deshalb für 2013 im Vergleich zu 2012 von einen Anstieg der Rindfleischerzeugung Australiens um rund 120.000 Tonnen auf 2,27 Millionen Tonnen aus. Im kommenden Jahr werden die Farmer versuchen, ihre Herden wieder aufzustocken; das Schlachtaufkommen wird deshalb knapp unter dem Niveau des laufenden Jahres bleiben.
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    Da lediglich ein Drittel der heimischen Rindfleischproduktion im Inland verbraucht wird und der Konsum "Down Under" seit Jahren stagniert, muss der dürrebedingt höhere Fleischanfall in diesem Jahr fast vollständig im Ausland vermarktet werden. Dies treibt die Exporte 2013 mit einem voraussichtlichen Anstieg um 8,7 Prozent auf ein neues Rekordhoch von 1,53 Millionen Tonnen nach oben.
     
    Wichtigster Abnehmer für australisches Rindfleisch blieb im ersten Halbjahr 2013 mit einem Anteil von 28 Prozent Japan; allerdings nahmen die Liefermengen dorthin ab, nachdem Nippon die Einfuhrbestimmungen für den konkurrierenden Anbieter USA im Februar 2013 gelockert hatte. Dagegen stiegen die Ausfuhrmengen nach Südkorea, in den Mittleren Osten und in die EU.
     
    Einen regelrechten Boom verzeichneten die Exporte nach China, das mit der Abnahme von rund 108.200 Tonnen in den ersten drei Quartalen 2013 zum viertwichtigsten Kunden Australiens wurde. Nach dem Ausbruch der Vogelgrippe im März 2013 und dem Skandal um tote Schweine in den Flüssen griffen die chinesischen Verbraucher häufiger zum unbelasteten Rindfleisch, was die australischen Absatzmöglichkeiten auf diesem Markt erhöhte. Im kommenden Jahr wird "der fünfte Kontinent" nach Ansicht des USDA allerdings nur noch einen bescheidenen Exportzuwachs um 1,0 Prozent auf 1,55 Millionen Tonnen realisieren können, da wegen des Aufbaus der Rinderbestände die heimische Fleischerzeugung nicht mehr zulegen dürfte.

    EU-Ausfuhren rückläufig

    In der Europäischen Union soll laut US-Prognose nach einem leichten Produktionsrückgang um 0,3 Prozent in diesem Jahr die Rind- und Kalbfleischerzeugung 2014 wieder moderat um 0,9 Prozent auf 7,76 Millionen Tonnen zunehmen. Begründet wird dies von den Washingtoner Analysten mit sinkenden Futterkosten und hohen Milchpreisen, die eine Expansion des Rinderbestandes erwarten ließen, was letztlich zu einem höheren Fleischanfall führen würde. Das prognostizierte Produktionsplus in Höhe von 70.000 Tonnen soll mit 60.000 Tonnen in den auf 7,84 Millionen Tonnen steigenden innergemeinschaftlichen Verbrauch fließen; für die Exporte wird ein Zuwachs um 10.000 Tonnen auf 270.000 Tonnen angenommen. Bei stabilen Einfuhren von 350.000 Tonnen würde die EU damit ihren Status als Nettoimporteur behalten, den sie laut US-Zahlen bereits seit 2012 innehat.
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    Daten der EU-Kommission zufolge, die zudem Nebenerzeugnisse und lebende Tiere beinhalten, beliefen sich die Ausfuhren der Gemeinschaft im Jahr 2012 allerdings auf 519.000 Tonnen Schlachtgewicht (SG), denen Einfuhren von lediglich 307.000 Tonnen gegenüberstanden. Im aktuellen Jahr schmilzt der Ausfuhrüberschuss jedoch merklich zusammen: Von Januar bis August 2013 wurden vor allem wegen der Absatzschwierigkeiten in Russland und der Türkei nur noch knapp 289.000 Tonnen Rindfleisch einschließlich lebender Tiere exportiert; das entsprach nach Kommissionsangaben einem Minus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Importe nahmen wegen höherer Lieferungen aus Brasilien, den USA und Australien dagegen um gut acht Prozent auf 221.000 Tonnen zu.
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    Weniger Rinder in den USA

    Für die Rinderbranche in den USA dürfte 2014 ein schwieriges Jahr werden. Das USDA erwartet bei schrumpfenden Beständen einen Rückgang der Rindfleischerzeugung um fast 700.000 Tonnen oder sechs Prozent auf nur noch 11,0 Millionen Tonnen; das wäre der niedrigste Stand seit Jahrzehnten. Das verringerte Marktangebot wird laut US-Prognose zu schwächeren Exporten führen, die 2014 mit 1,04 Millionen Tonnen voraussichtlich um 72.000 Tonnen oder 6,5 Prozent kleiner als in diesem Jahr ausfallen werden. Angesichts des Angebotsengpasses gehen die Washingtoner Analysten etwas überraschend davon aus, dass sich die Rindfleischimporte mit 1,03 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2013 kaum erhöhen werden.
    • US-Farmer mästen weniger Rinder (28. August) ...
    Als Grund wird das beschränkte Angebot der Lieferländer Kanada, Australien und Neuseeland genannt. Möglicherweise ergibt sich dadurch für EU-Exporteure eine zusätzliche Absatzmöglichkeit, denn die USA wollen ihre Einfuhrbestimmungen mit Blick auf die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) internationalen Standards anpassen, so dass Exporte aus der Gemeinschaft ab dem Frühjahr 2014 auf diesen Markt wieder möglich sein sollten. Allerdings hatten die Lieferungen aus der Gemeinschaft in die USA vor der Handelsbeschränkung keine nennenswerte Bedeutung. Deutliche Spuren des rückläufigen Schlachtaufkommens dürfte es 2014 auch beim US-Rindfleischverbrauch geben. Den Experten des USDA zufolge könnte dieser im Vergleich zu 2013 um 624.000 Tonnen oder 5,4 Prozent auf 11,0 Millionen Tonnen abnehmen und damit auf einen neuen Tiefststand sinken. Die US-Farmer würden dann in etwa soviel Rindfleisch erzeugen, wie im Land verbraucht wird.

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